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Es gibt zwar Wegweiser am BER, aber die sind verwirrend und unvollständig.

© Stefan Jacobs

„Die Infrastruktur beruht auf der Planung von 2006“: Warum der BER so schlecht mit dem Rad erreichbar ist

Der neue Flughafen entwickelt sich zum Besuchermagnet und zählt zu den größten Arbeitgebern. Die Anreise kann jedoch schwierig sein.

Die Kapitulationserklärung der Flughafengesellschaft kam vor ein paar Tagen per Twitter: „Eine Anreise mit dem Rad ist theoretisch möglich, wird aber derzeit von uns nicht empfohlen, da bisher nicht durchgängig sichere Fahrradwege genutzt werden können.“

Es war die Antwort auf Kritik, dass radelnde Besucher des BER zwischen sechs Autospuren verloren gehen und sich auf dem Vorplatz um exakt zwölf Fahrradständer balgen müssen. Wie konnte das passieren bei einem der größten Arbeitgeber der Region und einer der zurzeit meistbesuchten Attraktionen für Ausflügler?

Marius Langas, der bei der Flugsicherung in Schönefeld arbeitet und als passionierter Alltagsradler geführte Touren am BER anbietet, hat eine Erklärung: „Die Infrastruktur beruht auf der Planung von 2006 mit Umsetzung 2011. Und zeitgemäß war sie schon damals nicht.“

Langas, der von seiner Arbeitsstelle aus die Aussichtsterrasse des neuen Terminals sehen kann, berichtet von durchweg etwa 100 Besuchern gleichzeitig seit der Eröffnung. Und an den Wochenenden seien täglich etwa 2000 Radfahrer am und um den BER unterwegs.

„Der Flughafen hat eine riesige Anziehungskraft und enormen Freizeitwert“, sagt Langas. „Tausende von Leuten, die hier arbeiten, sind extra in die Umgebung gezogen. Die könnten fast alle mit dem Rad kommen.“

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Tatsächlich jedoch gebe es teilweise nur einen gemeinsamen Geh- und Radweg für beide Richtungen – benutzungspflichtig, aber zu schmal und tückisch zwischen vielen Zufahrten und Brückenrampen mit teils unklaren Fahrtrichtungen der Autos durchsetzt, sodass schwere Unfälle eine Frage der Zeit seien, wenn nicht endlich Markierungen aufgebracht würden.

Wenn bei der Polizei Schichtwechsel ist, gehts nur im Schritttempo weiter

Hinzu komme die Enge: „Wenn bei Bundespolizei, Abfertigung oder Sicherheitsdienst Schichtwechsel ist, kann man sein Fahrrad zwischen Terminal und Mitarbeiterparkplätzen nur noch schieben. Und wenn Gäste mit Kinderwagen von einem weiter entfernten Parkplatz zum Terminal laufen, müssen die anderen ins Grüne ausweichen. Wenn hier Startups angelockt werden sollen, müsste man sich jetzt um sowas kümmern. Wir sind im November mit Corona – und jetzt schon am Limit.“

Mit dem Auto ist der BER ebenso leicht erreichbar wie mit der Bahn. Aber für Radfahrer und Fußgänger gibt es keine brauchbare Infrastruktur.
Mit dem Auto ist der BER ebenso leicht erreichbar wie mit der Bahn. Aber für Radfahrer und Fußgänger gibt es keine brauchbare Infrastruktur.

© Stefan Jacobs

Nachdem ein Flughafensprecher noch im Sommer die Parole ausgegeben hatte, man komme sicher bis zum Terminal und wolle, „dass die Leute mit dem Rad zur Arbeit kommen“, bestätigt die FBB jetzt die Defizite: „Es ist eine alte Planung und nicht optimal“, sagt Sprecherin Sabine Deckwerth. „Wir haben halt alle Ressourcen auf die Inbetriebnahme gerichtet.“

Ein Radschnellweg zum BER ist geplant

Hinzu komme die Einschränkung durch die jetzt wieder angeordnete Kurzarbeit wegen der Corona-Flaute. Man werde die Entwicklung beobachten; „das mit den Radwegen muss man nachbessern und wird man nachbessern“.

Der Weg auf der Südseite des BER ist über mehrere Kilometer eine staubige Buckelpiste. Irgendwann soll er asphaltiert werden.
Der Weg auf der Südseite des BER ist über mehrere Kilometer eine staubige Buckelpiste. Irgendwann soll er asphaltiert werden.

© Stefan Jacobs

Etwas konkreter weiß man das im Schönefelder Rathaus: Die Gemeinde arbeite sowohl an einer eigenen Planung, ebenso beteilige sie sich am Radwegekonzept 2030 des Landkreises Dahme-Spreewald. Ein Schnellweg soll von Königs Wusterhausen über Wildau und Waltersdorf zum BER führen. Dort gibt es bisher teilweise gar keine Geh- und Radwege.

[Endlich fertig! Aus der Dauerbaustelle BER ist ein internationaler Flughafen geworden. Doch viele Probleme bleiben. Lesen Sie alle Beiträge zum neuen Hauptstadtflughafen auf unserer Themenseite.]

Aus Richtung Berlin favorisiere man langfristig den Neubau einer Brücke mit Aufzügen, um die bisher mühsame Bahnquerung im Ort Schönefeld zu verbessern; konkreter wird’s nicht. Vor dem alten Terminal, wo der Geh- und Radweg der B96a mitten im Ort einfach aufhört, seien Landesbetrieb Straßenwesen und Flughafen zuständig. Auf dem Gebiet der Gemeinde solle aber auch die Beschilderung verbessert werden.

Perspektivisch sei auch geplant, die Buckelpiste um den südlichen Flughafenzaun zu asphaltieren – vorbehaltlich nötiger Abstimmungen zwischen Gemeinde, FBB und Landkreis. Marius Langas sagt: „Das ist auch eine Sicherheitsfrage. Angenommen, die Flugsicherung sichtet dort eine Drohne, muss die Bundespolizei mit ihren brandneuen Autos mit Vollgas über Stock und Stein.“

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