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Senatorin Scheeres hatte sowohl Ralf Stabel (r.) als auch dem Landesjugendballett-Leiter Seyffert gekündigt.

© Christophe Gateau/dpa

Die Hoffnung, dass „leise die Luft entweicht“: Richter befürchtet langes Verfahren um Staatliche Ballettschule Berlin

Nach Berichten über Missstände beim Jugendballett hat der Senat den künstlerischen Leiter freigestellt. Der wehrt sich – doch eine schnelle Einigung bleibt aus.

Von Fatina Keilani

Gregor Seyffert hat seinen Anwalt zur Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht geschickt; er selbst kam nicht. Mit seiner Klage wehrt sich Seyffert, noch künstlerischer Leiter der Staatlichen Ballettschule Berlin, gegen seine Freistellung und das verhängte Hausverbot. Gekündigt wurde ihm bisher nicht - in diesem Fall lägen die Dinge einfacher, eine Kündigungsschutzklage hätte zugleich mehr Dringlichkeit. Dafür würde Richter Arne Boyer auch schneller einen Termin finden.

Im Gütetermin versuchte Boyer die Parteien am Montag in Richtung Vergleich zu bewegen. Es könne ansonsten ein langwieriges Verfahren werden, ein „schwerer Weg“, der mit vielen, auch seelischen, Belastungen für die beteiligten Menschen verbunden sei.

„Argumente stützen sich auf Tatsachen, und Tatsachen müssen festgestellt werden, zum Beispiel durch Anhörung von Zeugen“, sagte Boyer. Hierbei könne es dazu kommen, dass öffentlich schmutzige Wäsche gewaschen werde. Ob es eine Vorverurteilung durch die massive Medienberichterstattung gebe, interessiere das Gericht nicht, da es die Aufgabe habe, selbst herauszufinden, was davon stimmt.

Für eleganter hält das Gericht erkennbar die Möglichkeit, dass Seyffert, der in seiner künstlerischen Kompetenz unangefochten ist, einen anderen Job antritt, denn dann könnte in aller Stille die Sache erledigt werden; dem Richter ist auch die Vorstellung angenehm, dass aus der Akte „leise die Luft entweicht“. Seyffert sei zwar nicht mehr der Allerjüngste, stehe aber auch nicht kurz vor der Rente - mit anderen Worten: Man kann sich noch lange streiten, wenn man will.

Am Montag ging es jedenfalls erstmal nur um die Beschäftigung. Einen Arbeitnehmer zu bezahlen, ihn aber nicht arbeiten zu lassen, ist nicht so einfach möglich - Arbeitnehmer haben Anspruch auf vertragsgerechte Beschäftigung. So auch Seyffert, solange er einen Vertrag hat. Erst die wirksame Kündigung bringt diesen Anspruch zu Fall.

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Die Bildungsverwaltung bereitet zwar Seyfferts Kündigung vor, noch ist diese aber nicht ausgesprochen. Senatsanwalt Roland Gastell räumte ein, man habe die einzelnen Pflichtverletzungen noch nicht dezidiert aufgeführt, es seien auch Datenschutzbelange Dritter betroffen. Eine Anhörung des Klägers finde gerade statt, da man ihm außerordentlich kündigen wolle. Klägeranwalt Jens Brückner wäre es dann überlassen, ob er eine Kündigungsschutzklage erhebt oder die Kündigung in den laufenden Prozess einführt.

Neuer Termin kann bis nächstes Jahr dauern

Hintergrund ist der Vorwurf pflichtwidrigen Verhaltens - es soll an der Staatlichen Ballettschule und der Schule für Artistik ein „Klima der Angst“ geherrscht haben und zu körperlicher und psychischer, auch sexualisierter Gewalt gekommen sein, wobei die Verantwortlichkeiten bisher nicht eindeutig geklärt scheinen. Auch Schulleiter Ralf Stabel ist freigestellt, hat ebenfalls Hausverbot und ist bisher mit Versuchen gescheitert, sich dagegen gerichtlich zu wehren.

Die Verhandlung endete damit, dass ein neuer Termin anberaumt werde, was aber dauern könne. Richter Boyer muss die vielen im Lockdown aufgehobenen Verhandlungen neu terminieren und machte deutlich, dass er sie dafür nach Wichtigkeit ordnen werde. Seyfferts Klage sehe er nur im mittelwichtigen Bereich; in diesem Jahr werde es voraussichtlich nichts mehr mit einem Kammertermin.

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