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Wo bitte, kann man hier noch schwimmen? Ekel-Baden an der Havel, Radfahrerwiese, im Corona-Sommer 2020.

© Annette Kögel

Update

Die Havel stinkt zum Himmel: Wasserpest und Saugwürmer – dicke Algenteppiche vergraulen die Badegäste

Pack die Badehose nicht ein: Das Gesundheitsamt warnt Schwimmer in der Havel vor Hautentzündungen.

Berlins Freibäder sind voll – und viele Berliner, die sich nach Abkühlung und Badespaß sehnen, fahren gerade „nischt wie raus nach Wannsee“.

An der Havelchaussee watet man allerdings derzeit in eine fast dreißig Grad heiße, undurchsichtige Brühe.

Und stapelte man die Algenteppiche, die sich am Ufer türmen, so ergebe sich meterhoher Biomüll. Einige der sich ständig unter und über Wasser ausbreitenden Pflanzen heißen, nomen est omen, Wasserpest.

Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) will jetzt nach Schilderung der Lage durch den Tagesspiegel gemeinsam mit dem Bezirk eine Sonderkontrolle der Großen Steinlanke, an der Radfahrerwiese in Steglitz-Zehlendorf, prüfen.

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Saugwürmer fressen sich in die Haut

Das Lageso warnt Badende jetzt vor Hautentzündungen (Badedermatitis), die Saugwürmer namens Zerkarien auslösen. Die lösen sich von Wasserpflanzen und fressen sich versehentlich in die Haut von Menschen, die sie für Enten halten. Zerkarien kamen zuletzt etwa am Müggelsee in Treptow-Köpenick vor.

Der Badeausflug von zwei befreundeten Müttern aus Kreuzberg war schnell beendet: zu ekelig der Muffgeruch über dem Wasser am Havelchausee-Badestrand, zu dick die pieksigen Algenteppiche schon am Ufer.

Strandgut Biomüll. Überall dicke Algenteppiche an der Havel in Steglitz-Zehlendorf.
Strandgut Biomüll. Überall dicke Algenteppiche an der Havel in Steglitz-Zehlendorf.

© Annette Kögel

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Und der Versuch, dennoch durch riesige, matschige Schmadderteppiche unter Wasser zu waten und die ersten Schwimmzüge zu machen, wurde ebenfalls schnell abgebrochen: Da glitt der Körper nicht durch Wasser, sondern über dicke Algenpakete, so die Erlebnisse bei einem Tagesspiegel-Ortstermin.

Wasserretter: Algen können Schwimmer in Panik versetzen

Christopher Wellner und Michael Neiße von der Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) Berlin sehen die Algenblüte mit Besorgnis. „Die Wasserpest hatten wir bislang eher auf der Oberhavel, jetzt gibt es sie aber auch auf der Unterhavel“, sagt Sprecher Michael Neiße. Wegen der geringen Fließgeschwindigkeit der Havel würden die Massen träge lagern.

Und sie könne eine Gefahr sein für unsicher Schwimmende, die dadurch in Panik geraten könnten, wenn etwas am Körper unter Wasser entlangstreift. Außerdem behindert das Grünzeug die Sicht bei Rettungseinsätzen von potenziell Ertrinkenden, die es wegen der sehr stark frequentierten Badestellen gerade häufiger gibt, noch stärker. Und die Zugleine, mit der die DLRG-Taucher den Anweisungen der Kollegen an Land folgen, kann sich in den dicken, schweren Teppichen verfangen. Manche Segler und Surfer meiden schon die Havel, auch, weil sich die Finnen verfangen, man sein Sportgerät nicht mehr richtig lenken kann und nicht mehr schnell voran kommt.

Und nicht nur der Mensch ist betroffen – wegen der Algen wird den Fischen unter Wasser der Sauerstoff knapp.

Lageso: besser nicht in trüben Gewässern schwimmen gehen

Das Wachstum von Blaualgen in nährstoffreichen Gewässern wird durch die Hitze begünstigt, einige der Blaualgen produzieren Giftstoffe, die in erhöhten Konzentrationen die Gesundheit der Badenden beeinträchtigen können, teilte Lageso-Pressesprecherin Silvia Kostner mit.

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Derzeit gebe es in keinem Berliner Badegewässer gesundheitlich bedenkliche Konzentrationen von Blaualgen und Blaualgentoxinen. Auch um vom Badeausflug nicht Zerkarien mit nach Hause zu nehmen, rät Kostner, nicht in trüben Gewässern mit stark verringerter Sichttiefe zu baden, wasserpflanzenreiche Uferbereiche und Bereiche mit sichtbaren, grünen oder blaugrünen Schlieren zu meiden, speziell die Kinder. Auch Tieren werden werden Blaualgen gefährlich – am Tegeler See starben 2017 mehrere Hunde.

Zudem soll die Badebekleidung gleich nach dem Baden gewechselt werden und man sich kräftig mit dem Handtuch abrubbeln.

Volle Strände, voller Boden. Viele Ausflügler hinterlassen an der Havelchaussee einfach ihren Müll.
Volle Strände, voller Boden. Viele Ausflügler hinterlassen an der Havelchaussee einfach ihren Müll.

© Annette Kögel

Der Corona-Sicherheitsabstand müsse eine Selbstverständlichkeit sein. Wenn nach dem Baden Hautreizungen, Reizungen der Atemwege oder Magen-Darm-Beschwerden auftreten, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Zudem wird dringend gebeten, Wasser und Ufer nicht zu vermüllen. Auch an der Radfahrerwiese an der Havelchaussee gleicht der gesamte Boden nahe einem Mülleimer wegen der großen Frequentierung gerade einer Müllkippe.

Mehr Informationen auf der Seite des Lageso, eine Karte der Berliner Badestellen finden Sie hier.

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