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In der Möbelbau-Werkstatt des Vereins „Schokospäne“ sind Präzision und Zusammenarbeit unabdingbar, damit am Ende die Kund:innen zufrieden sind.

© Schokospäne

Die eigenen Erfahrungen im Zentrum: Wie ein Projekt jungen Frauen den Berufseinstieg erleichtern will

Bei „Mapping-Tandem“ helfen ehrenamtliche Mentorinnen den Teilnehmerinnen auf dem Weg zum Job. Die persönlichen Biografien sind dabei zentral.

Es sind schöne und unvergessliche Momente: Frauen mit Zuwanderungsgeschichte, die in Neukölln eine neue Heimat gefunden haben, erleben in einem persönlichen Coaching eine Bereicherung, die sie für den Alltag in einer oft noch ungewohnten Umgebung stärkt und ihnen beim Zugang in den hiesigen Arbeitsmarkt eine wertvolle Stütze ist.

Diese Begleitung wird im Projekt „MUT_RAUM“ angeboten. Auch ehrenamtlich können Frauen aus Berlin als Mentorinnen diese Initiative unterstützen. Egal ob eine Ausbildung, eine Weiterbildung oder ein Job – auf dem Weg dahin sind oft Schwierigkeiten zu überwinden.

„MUT_RAUM“ erleichtert es Frauen ab 25 Jahren, dieses Ziel anzusteuern. Das Projekt zeichnet sich dadurch aus, dass alle Beteiligten „auf Augenhöhe“ miteinander sprechen. Es gibt keine Hierarchien. Die Teilnahme ist kostenfrei.

Katrin Osterloh ist professionelle Moderatorin für einen viertägigen biografischen Workshop – das „Mapping-Tandem“. Es findet zum ersten Mal ab dem 13. September jeweils vormittags in der Belziger Straße in Schöneberg statt. Das Motto dort lautet: „Jeder Ort hat eine Geschichte. Jede Geschichte hat einen Ort.“

Fünf bis sieben zugewanderte Frauen haben beim Workshop die Gelegenheit, mit anderen persönliche Geschichten zu teilen. Sie bringen ihre Biografien, Wissen, Erfahrungen ein und können gemeinsam Netzwerke zur gegenseitigen Unterstützung in Neukölln aufbauen. Katrin Osterloh sagt: „Die Frauen mit Wurzeln aus anderen Ländern erfahren in den Workshops eine Ermutigung. Sie entdecken, welche Kraft in ihrer eigenen Geschichte steckt.“

Die persönlichen Biografien stehen im Vordergrund

Beim Mapping-Tandem werden in kleinen Gruppen die jeweils persönlichen Biografien zum Thema. Projektmitarbeiterin Paula Mett – auch sie ist ausgebildet im Coaching – hat eine wichtige Erfahrung in ihrer beruflichen Praxis gemacht: „Meine Geschichte zu erzählen und zu teilen ist genauso wichtig wie ein Einkauf im Supermarkt.“

Das Zusammenwirken im Mapping-Tandem geschieht in einem kleinen Format von wenigen Frauen, die sich gegenseitig aus ihrem Leben erzählen. Dieser „Mut-Raum in Neukölln“ soll durch persönliche Kontakte untereinander Energien freisetzen.

Dafür werden in dem Workshop zum Beispiel „biografische Karten“ entwickelt. Es geht um die eigene Nachbarschaft in Berlin oder in den Herkunftsorten, aber auch um die Schulbildung, den beruflichen Werdegang und die bisherigen Arbeitsstationen.

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Weitere Themen sind die Familie, der Lebensalltag, kulturelle Interessen und Freizeithobbys. Das gegenseitige Erzählen, Erklären und Berichten wird durch Zeichnen und grafisches Gestalten ergänzt. Nach dem Konzept für die Mapping-Tandems soll dabei das Selbstwertgefühl gestärkt werden. Paula Mett hat genau das im Einzel-Coaching auch schon beobachtet. „Wenn man ein Funkeln in den Augen sieht, dann passiert etwas“, erzählt sie von bereits erlebten Begegnungen.

Ehrenamtliche Mentorinnen können sich unter per E-Mail info@neuraum-nk.de oder per Telefon 030-2325 59 081 anmelden. Sie sollten über 25 Jahre alt sein und für die Gespräche im kleinen Kreis eine große Offenheit mitbringen. Eine Teilnahme ist an allen jeweils vier Workshop-Tagen möglich oder auch nur an einem oder zweien. Das Workshop-Format mit der ehrenamtlichen Unterstützung durch engagierte Berlinerinnen soll bis Ende 2022 acht Mal stattfinden.

„Dieses Zusammenkommen und Zusammensein bereichert auch die Ehrenamtlichen“, sagt Pantelis Lekakis-Kerkyraios, Projektleiter von „MUT_RAUM“. Gestartet wurde das Projekt „MUT_RAUM“ im Frühjahr 2021. Es soll zwei Jahre lang laufen. Bisher haben sich Teilnehmerinnen aus Balkanländern und aus Polen gemeldet.

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Paula Mett berichtet aus den bisherigen Einzel-Coachings: „Unter den Teilnehmerinnen sind Mütter und Frauen, die schon länger in Neukölln leben oder erst vor Kurzem in den Bezirk gezogen sind. Sie wollen sich verändern, suchen Arbeit und Orientierung. Sie wollen herausfinden, was gut für sie ist.“

Die individuelle Begleitung und Betreuung ist eine Stärke des Projekts. „Wir können noch deutlich mehr Frauen betreuen. Deshalb sprechen wir gezielt zum Beispiel Familienzentren in Neukölln an“, berichtet Pantelis Lekakis-Kerkyraios.

Partner für das Projekt der Mapping-Tandems sind das Jobcenter Neukölln und die Otto-Suhr-Volkshochschule. Die Handwerkskammer Berlin bietet zum Beispiel Beratung bei der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse an. Der Verein Frau und Beruf gibt Tipps für den Aufbau von Netzwerken.

Und Schokospäne e.V. hilft bei der praktischen Vorbereitung von „Möbel-Design-Workshops“. Dieser Verein betreibt eine Frauenmöbelwerkstatt in Kreuzberg. Unterstützt wird die „MUT_RAUM“-Initiative auch von den gemeinnützigen Stiftungen Pfefferwerk aus Berlin und Heidehof aus Stuttgart, die sich für berufliche Bildung und den Einstieg ins Arbeitsleben einsetzen.

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