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Die Mitglieder des Abgeordnetenhauses wollen ihre Einkünfte aufbessern.

© Monika Skolimowska, dpa

Diätenerhöhung: Berlins Abgeordnete gönnen sich was

Die Volksvertreter wollen ihre Bezüge um 2500 Euro im Monat erhöhen. Hier wird Sprengstoff angehäuft, meint unser Kolumnist.

Typisch für deutsche Politik ist es, dass praktisch jede Absicht der Legislative so lange hin und her gewendet wird, bis am Ende der übliche Formelkompromiss mit tausend Spiegelstrichen herauskommt. Ausnahme, auch typisch: Es geht ums Geld der Abgeordneten. Dann werden die Hinterzimmer, die ja oft nur eine verächtliche Chiffre für Arbeit an Kompromissen sind, tatsächlich aufgesucht und von innen abgeschlossen, so lange, bis der Entwurf steht.

2500 Euro wollen sich die Berliner Abgeordneten künftig zusätzlich gönnen – pro Monat. Das bedeutet, dass die Schere zwischen ihrem und dem Einkommen ihrer Wähler ein gehöriges Stück weiter aufgeht, was speziell die Vertreter der Linkspartei sonst gern zum Anlass bitterer Wehklagen nehmen. (Ganz nebenbei wird man annehmen dürfen, dass viel von diesen höheren Diäten via Pflichtabgabe in die Parteikassen fließen soll.)

Aber bitte, hier wird ja nicht nur genommen, sondern auch gegeben. Als „erweitertes Teilzeitparlament“ wolle man sich zukünftig verstehen und mehr arbeiten als früher, heißt es. Zum Beispiel in mehr und längeren Ausschusssitzungen und Plenum bis nachts um zehn statt bis um sieben – Donnerwetter! Allerdings können sich ältere Politikbeobachter noch daran erinnern, dass so lange Sitzungen in West-Berlin und auch noch später ganz normal waren, manchmal hing das Parlament bis Mitternacht im Rathaus Schöneberg herum. Aber absolut niemand hat dann, als das Programm zusammengestrichen wurde, eine entsprechende Diätensenkung angeboten. Vorwärts immer, rückwärts nimmer.

Akzeptabel wäre die Erhöhung möglicherweise, wenn damit das Versprechen höherer Politikqualität verbunden wäre. Die Arbeit von Regierungsfraktionen und Opposition in Berlin ist gegenwärtig leider so beschaffen, dass sie den Gegenwert von maximal 500 Euro monatlich repräsentiert, oft auch weniger; gerade hat ein grüner Abgeordneter ernsthaft vorgeschlagen, Radfahrern einen zusätzlichen Urlaubstag einzuräumen. Möglicherweise ist auch das Durchpausen venezolanischer Methoden für den Wohnungsmarkt Symptom einer finanziellen Unterzuckerung. Aber glaubt irgendjemand ernsthaft, dass aus mehr Geld mehr und bessere Politik folgt?

Um nun, ja, auf die AfD zu kommen: Die macht das Ganze nicht mit. Man wird annehmen dürfen, dass auch deren Abgeordnete gern mehr Geld hätten. Aber mit dem sicheren Gespür der Populisten ahnen sie: Hier wird Sprengstoff aufgehäuft, von dessen Explosion sie nur profitieren können. Daran müssten die maßlosen anderen Parteien eigentlich auch mal denken.

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