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Innensenator Andreas Geisel will mit der Hilfe von Muslimbrüdern gewaltbereite Salafisten deradikalisieren.

© Mike Wolff

Deradikalisierung in Berlin: Harte Kritik an Zusammenarbeit mit Muslimbrüdern

Geht es nach Innensenator Geisel, sollen Muslimbrüder bei der Deradikalisierung von gewaltbereiten Salafisten helfen. Das Projekt stößt auf Unverständnis.

Von Frank Jansen

Innensenator Andreas Geisel (SPD) bewegt sich auf Glatteis. Für seinen Plan, die israelfeindlichen Muslimbrüder bei der Deradikalisierung von gewaltbereiten Salafisten einbeziehen zu wollen, gibt es viel Kritik. Vor allem wegen der Verbindung der Muslimbrüder, die sich in Deutschland friedlich geben, zur palästinensischen Terrororganisation Hamas. Sie bekämpft Israel mit Raketenbeschuss und Anschlägen.

Verbindungen zur israelfeindlichen Hamas

„Der Senator setzt sich dem Verdacht aus, sich in der Auseinandersetzung zwischen Israel und der Hamas auf die Seite der Hamas zu stellen“, sagte Burkhard Dregger, Vorsitzender der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, dem Tagesspiegel. Für Dregger ist Geisels Projekt „naiver Unsinn“.

Nicht so heftig, aber auch eindeutig äußerte sich die Direktorin des Berliner Büros des American Jewish Committee, Deidre Berger. „Was der Senator plant, ist für mich nicht verständlich“, sagte Berger. „Der Staat darf keine Kooperation anbahnen mit einer Organisation, die nicht klar zu demokratischen Werten steht.“ Und die Verbindung zur Hamas zeige, dass die Muslimbruderschaft „so gewaltfrei nicht ist“, wie sie sich hierzulande gebe.

Berger erinnerte Geisel an das  Versprechen der Bundesregierung, „die Sicherheit Israels sei Teil der deutschen Staatsräson“. Dann könne der deutsche Staat nicht mit einer Organisation zusammenarbeiten, „die mit Israels Feinden verbunden ist“. Für Berger ist auch nicht zu begreifen, warum der Senator mit Islamisten kooperieren wolle, „die von seinen eigenen Sicherheitsbehörden beobachtet werden“.

Beobachtung durch den Verfassungsschutz

Der Verfassungsschutz hat die Muslimbrüder schon lange im Blick. Geisel hatte zuletzt am Dienstag sein Vorhaben geschildert. Demnach sollen „legalistische“ Islamisten militante Salafisten auffangen und von einem Rückfall in Gewalt abhalten. Als „legalistisch“ bezeichnet der Verfassungsschutz Islamisten, die vorgeben, die Demokratie zu akzeptieren, aber weiter einen Gottesstaat anstreben.

Die Muslimbrüder, in Berlin 100 Personen, zählen zu den vom Verfassungsschutz beobachteten „Legalisten“. Die Bruderschaft ist die älteste islamistische Vereinigung der arabischen Welt und damit offenbar für Geisel ein Ansprechpartner bei der Resozialisierung, da die militante Salafistenszene in Berlin arabisch geprägt ist.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland ist ebenfalls skeptisch. „Generell stehen wir der Muslimbruderschaft unter anderem wegen deren israelfeindlicher Einstellung kritisch gegenüber“, sagte Zentralratspräsident Josef Schuster. Ihm falle es aber wegen fehlender Detailkenntnis schwer, Geisels Vorhaben zu bewerten.

Skepsis auch beim Koalitionspartner

Bedenken gibt es auch beim grünen Koalitionspartner. Bei der Frage, wie militante Salafisten zu resozialisieren wären, „möchte ich nicht mit Muslimbrüdern zusammenarbeiten“, sagte Bettina Jarasch, religionspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Nur bei „akuter Gefahr“ durch einen gewaltbereiten Islamisten sei es nötig, „jeden Ansprechpartner zu nehmen, der was bewirken kann“.

Der Senator stiftete am Mittwoch Verwirrung. Es gehe ihm um die Phase nach der Deradikalisierung, sagte Geisel. „Deswegen sollten wir mit allen sprechen, die Gewalt ablehnen.“ Offen blieb, wofür Islamisten nach der erfolgreichen Deradikalisierung eines Salafisten noch gebraucht werden.

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