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Im Talk mit dem Schauspieler und Schaubühnen-Star Lars Eidinger.

© Bertelsmann/Thomas Ecke Berlin

Der Schauspieler zu Gast auf dem Blauen Sofa: Warum Lars Eidinger fast Fotograf geworden wäre

Statt auf der Frankfurter Buchmesse kommen die prominenten Autoren jetzt zur Bertelsmann-Repräsentanz in Mitte. Auch Campino war schon zu Besuch.

Überall Masken. Für Lars Eidinger fühlt sich das immer noch an „wie ein Albtraum“. Auch im Theater. Aber jetzt sitzt er in einer neuen Rolle als Autor seines neuen Fotobuchs „Autistic Disco“ auf dem Blauen Sofa, das in diesem Jahr nicht auf der Frankfurter Buchmesse steht, sondern in der Bertelsmann-Repräsentanz Unter den Linden 1.  Live-Publikum ist nicht erlaubt, die Gespräche werden aufgenommen und auf dem Facebook-Kanal von Bertelsmann übertragen.

Die Kameraleute und Verlagsbegleiter, von denen jeder Autor nur einen einzigen mitbringen darf, übernehmen den Part des Gewusels. Wer die Repräsentanz von Events in anderen Zeiten kennt, wird sie kaum wiedererkennen, so luftig und leer wirkt sie jetzt.

Seit Mai haben die Mitarbeiter an dem strengen Hygienekonzept gearbeitet.  Das Haus ist eh seit März geschlossen und hat genug Platz. In den großen Saal dürfen höchstens 20 Leute rein.

Eidingers neues Buch: Fotografierte Gefühlsgeschichte

Lars Eidinger und Moderatorin Ariane Binder haben während der 15-minütigen Aufzeichnung für den Stream die Masken abgenommen. Er trägt eine schwarzweiße Jacke im Street-Art-Stil.

Seine Fotoaufnahmen findet die Moderatorin allerdings eher bedrückend und schräg, „nicht aus einer Welt, in der man leben möchte“, ein müder Teddybär, ein lachender Hamster in der Klorolle, ein Obdachloser, der vor dem Bettengeschäft schläft. „Wer in Zukunft Gefühlsgeschichte schreiben will, wird sich auf diese Bilder verlassen müssen“, schreibt der Schriftsteller Simon Strauß im Vorwort.

Lars Eidinger, der vielseitige Schauspieler und Musiker, erzählt, warum er fast Fotograf geworden wäre, wenn es nach dem Schulwunsch gegangen wäre. Und warum man beim Durchblättern erkennt, wie es in seinem Inneren aussieht.

Er ist „nicht böse, wenn die Menschen etwas ganz anderes sehen“, als er selber. Für ihn sind das „Widersprüche, mit denen wir täglich umgehen“: Die Madonna neben dem Schnurtelefon, die umzäunte Baumscheibe.  

"Vielleicht sollten wir im Flugzeug spielen, da sitzen die Leute dicht an dicht"

Für ihn hat die Fotografie auch etwas Morbides, denn „Leben ist dadurch bestimmt, dass es in Bewegung ist“. Ein Foto hingegen bedeute, dass man etwas festhalten, es zum Stillstand bringen wolle. Bevor die 15 Minuten vergangen sind, die vor dem nächsten Stoßlüften erlaubt sind, bekommt das Gespräch noch rasch eine philosophische Note.

„In dem Moment, wo ich mich von mir entferne, begreife ich mich“, sagt Lars Eidinger, und dass seine Lust am Ausdruck geleichzeitig seine Art sei, die Welt zu verstehen. Auch die schönen Träume werden noch kurz touchiert. Er würde gern einen eigenen Film drehen, schreibe auch schon am Drehbuch. Es graut ihm allein offensichtlich vor den prosaischen Dingen, die man dabei eben auch erledigen muss, sich ums Geld kümmern und um die Kinos und um so viele prosaische Einzelheiten. Dann schon lieber auf die Theaterbühne, wenn auch nur vor halbvollem Zuschauerraum. „Vielleicht“, sagt er, „sollten wir im Flugzeug spielen, da sitzen die Leute ja dicht an dicht.“

Campino erzählt vom Singen im Stadion

Schon öffnen sich die Türen. Alle sind diszipliniert, der Zeitplan läuft im Takt. Zuvor hatte Rocksänger Campino von den Toten Hosen auf dem Sofa gesessen und erzählt, warum es ihn beruhigt, dass er seit letztem Jahr einen britischen Pass hat. Auch im Gedenken an seine englische Mutter. Und warum sich der Gesang im Stadion in guten Momenten anfühlt wie der in der Kirche. „Alle stehen zusammen und hoffen, dass es besser wird.“

Unterhaltsam sollen sie sein und dennoch in die Tiefe gehen die Gespräche auf dem Blauen Sofa, die es seit dem Jahr 2000 gibt. Inzwischen sind auch 3Sat, ZDF und Deutschlandfunk Kultur beteiligt. Mitgründerin Christiane Munsberg führt dezent Regie bei dieser Berliner Pandemie-Premiere. Wie vor ihm Campino setzt auch Lars Eidinger sofort die Maske auf, nachdem er sich vom Sofa erhoben hat. Als korrektes Souvenir gibt es am Ausgang eine graue Maske mit Maske tragendem Mainzelmännchen drauf.

Zu finden sind die Videos über www.das-blaue-sofa.de.

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