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Ab in die Berge. Die 435 PS des Audi SQ8 bügeln auch steilere Strecken glatt.

© Audi

Der neue Audi SQ8: Der Traum von der Grünen Welle

Mit dem neuen Sport-SUV SQ8 bietet Audi den stärksten Diesel an, der derzeit in Europa zu haben ist. 435 PS lauern unter seiner Motorhaube.

Um die im Audi SQ8 schlummernde Stärke zu ahnen, muss man ihn nicht mal starten. Ein Blick unter die Motorhaube genügt. Optisch dominiert dort die schwarze, für die S-Versionen typische Motorabdeckung, sie soll die Stärke des V8-Aggregats betonen und tut dies auch: Je vier in zwei Reihen gestaffelte kreisrunde Erhöhungen zeichnen die Konturen der acht Zylinder nach, flankiert von zwei roten geschwungenen Linien, die für die durch den Motor rauschenden Luftströme stehen, durchaus dekorativ – und von überraschender assoziativer Wirkung: Frappant erinnert dieses schwarzrote Relief an die Brustpanzer gewisser aus Comic und Kino bekannter Superhelden, der Avengers etwa und hier vor allem des muskelbepackten Iron Man. Obwohl, der verfügt nur über ein allerdings weit überdurchschnittliches Sixpack, der Audi SQ8 hingegen kann mit einem Eightpack auftrumpfen.
Dem allergrößten sogar, jedenfalls in der Dieselwelt. 435 PS leistet der neue TDI-Antrieb, ein stärkerer Dieselmotor ist auf dem europäischen Markt nicht zu haben. Der V8-Touareg von VW dagegen muss mit 422 PS auskommen.
Das verlangt für Audis neues, auf Sportlichkeit getrimmtes Topmodell der Q-Reihe nicht nur unter der Motorhaube, sondern vor allem rundherum optische Signale, so den wuchtigen mattsilbernen, wie bei allen neuen Audi-SUVs als Oktagon geformten Rahmen des Kühlergrills mit seinen vertikalen Doppelstreben. Oder die ihn flankierenden großflächigen Lufteinlässe in Pentagon-Form, den ebenfalls mattsilbernen Unterfahrschutz vorn und hinten, die durch schmale Auswölbungen betonten, auf den Allrad-Betrieb verweisenden Radhäuser und nicht zuletzt die aus vier Endrohren pustende Abgasanlage – ein durch die fallende Dachlinie coupéhaft daherkommendes und überaus ansehnliches, alles andere als klobiges Gefährt.

Oktagon und Pentagon. Die markante Front des neuen Audi SQ8.
Oktagon und Pentagon. Die markante Front des neuen Audi SQ8.

© Audi

Helle Innenfarben würden zu solch einem optisch auftrumpfenden Kraftpaket kaum passen, billiges Kunststoffdekor schon gar nicht, und so gibt sich der Innenraum mit den serienmäßigen Sportsitzen eher dunkel und höhlenartig, mit Bezügen in „Rotorgrau“ oder, immerhin, „Arrasrot“, dazu mit Zierelementen aus matt gebürstetem Aluminium, Carbon oder Eiche.
Selbstverständlich breitet sich vor dem Fahrer eine beeindruckende, in dieser Preisklasse übliche Kulisse aus Bildschirmen, Schaltern und Hebeln für diese und jene, manchmal bislang unbekannte Extra-Funktion aus. Erklärte Ab-und-zu- Fahrer wie den Titelhelden in Robert Harris’ Politthriller „Der Ghostwriter“ mag das verwirren. Schon in einem durchschnittlichen Familienauto, so seine Klage, komme er sich beim Blick aufs Armaturenbrett vor „wie im Cockpit eines Jumbos“. Nun ist das Buch ein Dutzend Jahre alt, eine kleine Ewigkeit angesichts der zügig voranschreitenden Fahrzeugtechnik, und der Held des von Roman Polanski verfilmten Romans würde sich im SQ8 nun vielleicht fühlen wie in einem Raumschiff.

Das Head-up-Display gibt es auf Wunsch

Drei Bildschirme sind Serie. Schon der erste, direkt hinterm Lenkrad, verfügt über drei Formen der Darstellung, stellt im Fahrmodus Drehzahlmesser und Tacho als große Rundinstrumente dar, rückt die Navi-Karte im Infotainment-Modus in den Mittelpunkt, lässt im Performance-Modus den Drehzahlmesser zur eckigen Grafik mutieren, samt Prozentangaben zu Leistung und Drehmoment. Die beiden weiteren Displays sind mittig platziert, oben für Navigation und Infotainment, unten für Klimaanlage und sonstige dem Komfort dienende Einrichtungen sowie Texteingabe. Klar, ein Head-up-Display gibt es auf Wunsch auch.

Röhren aus vier Rohren. Auch von hinten kann sich der SQ8 sehen lassen.
Röhren aus vier Rohren. Auch von hinten kann sich der SQ8 sehen lassen.

© Audi

Auf Sprachkommandos und -fragen reagierendes Navi? Hat der SQ8. Amazons Sprachdienst Alexa auch, selbstverständlich einen WLAN-Hotspot und allerlei weitere Varianten der Vernetzung, zum Beispiel eine Art eingebaute „Grüne Welle“. Zwar bleibt der Traum jedes Autofahrers, dass alle Ampeln bei Annäherung automatisch auf Grün schalten, vorerst unerfüllt, doch zeigt das „Virtual Cockpit“, vernetzt mit den Zentralrechnern der städtischen Ampelanlagen, ihm automatisch an, mit welchen Tempo er die nächste Ampel bei Grün erreicht oder, falls er doch mal bei Rot halten muss, wie lange das Warten noch dauert. Seit einiger Zeit wird das in den USA angeboten, ausgewählte europäische Städte sollen in Kürze folgen. Ob es in Berlin mit seinen nicht immer nachvollziehbaren Ampelschaltungen funktioniert, bleibt abzuwarten.
Aber in den französischen Pyrenäen südlich von Lourdes, wo Audi Journalisten seinen neuen Spitzensportler ausprobieren ließ, wäre solch eine Finesse sowieso überflüssig. Ampeln sind dort Raritäten, den Fahrfluss bremsen vielmehr dösige Kühe oder Schafe, die sich sogar mitten auf den warmen Asphalt hinflegeln, dazu Radsportler, die für die Tour de France oder was auch immer trainieren, von den unentwegten Kurven und Serpentinen ganz zu schweigen. Aber die kommen solch einer hochmotorisierten High-Tech-Maschine wie dem SQ8 gerade recht, erst den Col d’Aubisqe mit seinen 1709 Metern hinauf und hinunter, dann den unter Tour-Fans legendären Col de Tourmalet, das sind noch mal gut 400 Meter mehr.

Mit Elektroverdichter gegen das Turboloch

Eine Kleinigkeit für das neuentwickelte 4-Liter-TDI-Aggregat mit seinen zwei Turboladern und dem elektrisch angetriebenen, blitzschnell reagierenden Verdichter, der seine Energie aus der bordeigenen, sogar noch ein wenig Sprit sparenden Mild-Hybrid-Anlage bezieht und dem Motor in den unteren Drehzahlbereichen, wenn ein Turbo noch nicht recht wirkt, die nötige Atemluft zuführen soll. Ein kräftiger Tritt aufs Gaspedal, und man wäre an jedem mühsam hochkriechenden oder wegen des tollen Panoramas hochschleichenden Vordermann ruckzuck vorbei. Geht nur nicht, die Passstraße ist meist zu eng, und so hat der Verdichter, der wie bei den neuen TDI-Motoren des S6, des S7 und des SQ 5 das Turboloch schließen soll, diesmal nicht allzu viel zu tun.

Jede Menge Software an Bord. Im Innenraum dominieren dunkle Töne.
Jede Menge Software an Bord. Im Innenraum dominieren dunkle Töne.

© Audi

Andere Extras dagegen werden permanent gefordert. Sie neigen zur Seekrankheit? Ihnen wird als Beifahrer bereits schlecht, wenn es kurz hintereinander mit flottem Tempo durch Haarnadelkurven geht? Da könnte ein so massiver, über zwei Tonnen schwerer Wagen, zumal mit dem höheren Schwerpunkt eines SUV, schon mal ins Schaukeln geraten. Mit der – optionalen, im Testwagen vorhandenen – „Elektromechanischen aktiven Wankstabilisierung“ wirkt Audi dem entgegen, reduziert so die Seitenneigung in Kurven, was man noch besser genießen und beurteilen könnte, ließe sich das raffinierte Zusammenspiel aus Mechanik, Elektronik und Software zur Probe mal aus- und dann wieder einschalten, was logischerweise nicht geht. Doch bleibt der Eindruck eines sich mühelos und ohne viel Gewackel durch die engen Kurven schlängelnden XXL-SUVs, wozu sicher auch die ebenfalls optionale Allradlenkung beiträgt. Bei niedrigem Tempo, beim Parken und Rangieren, werden die Hinterräder gegensinnig zu den vorderen eingeschlagen, ab 60 km/h dann gleichsinnig, bis zu fünf Grad. Der Wagen, so wird vom mitfahrenden Technikexperten erläutert, agiere dadurch beweglicher, spreche beim Lenken schneller an, wirke im engen Parkhaus und auch sonst kleiner, als er eigentlich ist – und meistere schnelle Spurwechsel bei hohem Tempo noch souveräner als ohne solch ein Extra. Verwöhnt wird der Fahrer ohnehin: durch rund ein Dutzend Assistenzsysteme, mit Daten gefüttert über bis zu fünf Radarsensoren, fünf Kameras und zwölf Ultraschallsensoren, durch die Sport-Luftfederung, über die sich die Höhe, mit der die Karosserie über die Piste zischt, um 90 Millimeter variieren lässt – hoch für Offroad, tief für Autobahn –, schließlich durch das Fahrdynamiksystem „drive selec“" mit seinen sieben Profilen von „auto“ bis „offroad“. Ein Auto also, das Eindruck genug macht und mit seinem dicken Diesel gewiss kein Flüsterriese ist. Aber auch hier hat der Fahrer die Möglichkeit, mittels „drive select“ individuell nachzubessern und das Eightpack vorne unter der Haube durch den „Soundaktuator“ in der Abgasanlage akustisch zu tunen. Wer es denn braucht, soll die 435 PS richtig röhren hören.

Technische Details
Abmessungen
5,00 m (L), 2,19 m (B), 1,71 m (H)
Laderaumvolumen
605 Liter, mit geklappten Lehnen 1755 Liter
Motorisierung
4.0 V8-TDI, 435 PS, Höchstgeschwindigkeit 250 km/h (abgeregelt), von 0 auf 100 in 4,8 Sekunden, max. Drehmoment 900 Nm, Verbrauch 7,8 Liter/100 km (inner-/außerorts kombiniert), Kraftübertragung durch Acht-Stufen-Tiptronic, permanenter Allradantrieb quattro (optional: Sportdifferential, Allradlenkung, Wankstabilisierung)
Preis
Ab 102.900 Euro (Der Audi SQ8 kommt im Spätsommer 2019 zu den Händlern.)

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