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Ab in den Pub. Ursprünglich sind nur Pferdegespanne an dem irischen Lokal am Ring of Kerry vorbeigerollt, nun ist es eben ein runderneuerter Audi Q7.

© Audi AG

Der neue Audi Q7: Und der Haifisch, der hat Zähne

Rund war gestern: Audi hat seinen Luxus-SUV Q7 gründlich überarbeitet

„Mal unter die Haube sehen?“ Eine klassische Tankwart-Frage, auch im Kino beliebt, in diesem Fall von Alfred Hitchcock in seinen letzten Film „Familiengrab“ eingebaut. Teil eines Dialogs mit doppeltem Boden, hier der mörderische Tankstellenbesitzer, dort der ahnungslose, auch nicht ganz lupenreine Held der Story um einen mysteriösen Erbschaftsfall, aber das tut jetzt nichts zur Sache. Entscheidend ist der prüfende Blick unter die Haube des alten Ford Mustang. Eine durch und durch antiquierte Szene, schon weil klassische Tankwarte eigentlich ausgestorben sind. Und warum sollte so einer noch unter die Haube schauen, wenn es dort doch gar keinen Ölmessstab mehr gibt, jedenfalls nicht bei Fahrzeugen wie der aktuellen Update-Version des Audi Q7, ja schon nicht mal mehr bei der seit 2015 angebotenen zweiten Generation des Luxus-SUV. Aber die Entwicklung der Fahrzeugtechnik geht so rasant voran, da entgeht einem solch ein Detail schon mal, und dann steht man ratlos vor geöffnetem Motorraum, sucht nach dem Messstab als vertrautem Detail und findet nichts – weil Ölstand wie Reifendruck und vieles andere längst elektronisch ins Wageninnere übermittelt werden.

Nur echt mit acht Ecken

Ist schon ein staunenswertes Auto, dieser Q7, das sieht man ihm auch an. Als Ende 2018 der neue Q3 präsentiert wurde, pries Audi als Erkennungsmerkmal aller künftigen Q-Modelle den acht- statt wie sonst üblich sechseckigen „Singleframe“. Solch einen Kühlergrillrahmen trägt nun auch der Q7 vor sich her, aber Achteck ist nicht gleich Achteck. Gegenüber dem bescheideneren Q3 stößt das geometrische Gebilde durch verlängerte Seitenlinien in ganz andere, voluminösere Dimensionen vor, gleicht nun wirklich einem aggressiv aufgerissenen Haifischmaul, schon wegen der sechs vertikalen, beim Vorgänger noch horizontalen Lamellen.
Expressiver sind auch die seitlichen Lufteinlässe geformt, hinter denen sich die Luftkühler des Turboladers verbergen. Sie sind damit keineswegs bloßes Designelement, wenngleich Audi-Experten bei Nachfrage schon zugestehen, ganz so groß müssten sie technisch gesehen nicht sein.

Entsprechend zackig, von jeder Rundung befreit geben sich die Scheinwerfer, in der Standardversion in LED-Technik, in der teuersten ab 70 km/h sogar laserunterstützt, das Fernlicht leuchtet dadurch noch weit entfernte Winkel aus, und dies ohne entgegenkommende Fahrer zu blenden, dank zu- oder abgeschalteter Lichtsegmente. Ähnlich wird das beim VW Touareg angeboten.
Auch am neugestalteten Heck erkennt man sofort, ob der vor einem dahinrollende oder davoneilende Q7 schon ein paar Jahre alt oder taufrisch ist. Die Designer setzten hier vor allem auf die Breitenwirkung der Horizontalen in Gestalt einer auffälligen Aluminiumleiste, die die flachen Rückleuchten verbindet, in der Anmutung solider Kraftentfaltung unterstützt durch die darunterliegende, über die gesamte Fahrzeugbreite reichende glatte Fläche mit dem Nummernschild in der Mitte. Das wirkt recht imposant.

Für alle Fälle mit sieben Sitzen

Innen wird es dazu noch edel – und überaus variabel. Ihre Familie wächst unaufhaltsam? Kein Problem für den, der vorgesorgt und nicht nur die Standardsitze oder auch die „Rücksitzbank plus“ mit ihren drei verschiebbaren Einzelsitzen geordert hat, sondern stattdessen, für alle Fälle, eine dritte Sitzreihe mit zwei elektrisch versenkbaren Plätzen.

In die Breite. Dem Q7 sieht man auch von hinten gleich an, ob es ein schon etwas älterer oder ein brandneuer Wagen ist.
In die Breite. Dem Q7 sieht man auch von hinten gleich an, ob es ein schon etwas älterer oder ein brandneuer Wagen ist.

© Audi AG

Das vor Fahrer und Beifahrer sich ausbreitende Instrumentenpanorama – Armaturenbrett kann man dazu wirklich nicht mehr sagen – bietet mit seinen zum Standard gehörenden wie optionalen Display-, Navi- und was auch immer Varianten alles, was man in dieser Fahrzeugklasse derzeit erwarten darf, samt entsprechenden Vernetzungsmöglichkeiten. Analoge Technik hat dort endgültig ausgedient, aber so ganz wollte man auf die Annehmlichkeiten klassischer Schalter doch nicht verzichten. Also reagiert solch ein High-Tech-Display nicht nur durch Befolgen der eingetippten Wünsche, sondern signalisiert dies dem Fahrer durch einen „spür- und hörbaren Klick als Bestätigung“, wie Audi sein „MMI touch response-Konzept“ beschreibt. Anders formuliert: Die digitale Welt ahmt die analoge nach.

Informationsflut dank Schwarmintelligenz

Head-up-Display? Gibt es gegen Aufpreis. Sprachsteuerung ebenfalls, eine der vielen Funktionen, die das optionale System „MMI Navigation plus“ bietet, samt WLAN-Hotspot und Amazons Alexa. Man muss dann nur noch sagen „Mir ist kalt“, und schon pustet die Klimaanlage warme Luft ins Wageninnere – sofern auch das „Air Quality Paket“ geordert wurde, sogar mit Wohlgeruch versehen und durch Ionisierung gereinigt. Oder man lässt Alexa aus der Cloud Musik nach Wunsch oder für lange Strecken auch mal ein Hörbuch fischen.
Wie beim ebenfalls brandneuen, doch mit sehr viel höherer PS-Potenz ausgestatteten Audi SQ8 werden für den Q7 die „Car-to-X-Services“ angeboten, wie Audi sie nennt. Dabei werden von angeschlossenen Fahrzeugen gesammelte Informationen gewissermaßen zur Audi-Schwarmintelligenz gebündelt und ergänzt durch Informationen aus städtischen Ampel-Zentralrechnern und anderen Quellen. Der Fahrer kann sich nun über freie Parkplätze informieren oder ihm wird empfohlen, mit welchem zulässigen Tempo er die nächste Ampel bei Grün erreicht oder wie lange er noch warten muss, bis die rote Ampel endlich umschaltet. Es klappt noch nicht in sehr vielen Städten, aber man arbeitet daran.

"Follow Your Heart to the Left"

All das funktioniert problemlos bei Rechts- wie Linksverkehr. Sicherheitshalber waren dann aber doch rote Armbänder mit der Aufschrift „Follow Your Heart to the Left“ verteilt worden, als Audi kürzlich in kontinental gesteuerten Fahrzeugen zu Inseltestfahrten auf dem Ring of Kerry einlud, einem durch malerische bis wild zerklüftete Landschaften führenden Küstenrundkurs im Südwesten Irlands. Stellenweise ist die Straße so eng, dass Busse und Lastwagen ihn nur gegen den Uhrzeigersinn fahren dürfen, also ganz und gar nicht eine Strecke, auf der die volle Kraft eines Q7 ausprobiert werden könnte. Und das ist eine ganze Menge: erst dank eines 340 PS starken Benziners, dann eines 286-PS-Diesels, beide in ihrem Durst mittels Mild-Hybrid-Technik etwas gedrosselt, da der Wagen, geht der Fahrer zwischen 55 und 160 km/ha vom Gas, rekuperiert, im Leerlauf rollt oder sogar bis zu 40 Sekunden mit abgeschaltetem Motor spritsparend „segelt“, ein auch im unteren Tempobereich wirkender Effekt: Rollt etwa der Wagen langsam auf eine Ampel zu, schaltet bei 22 km/h der Motor ab.

Schön übersichtlich. Auch innen gibt sich der Q7 äußerst elegant.
Schön übersichtlich. Auch innen gibt sich der Q7 äußerst elegant.

© Audi AG

Diese beim Benziner wie beim Diesel gleichermaßen beachtliche Beschleunigung lässt sich auf einer Strecke wie dem Ring of Kerry nur ausnahmsweise, auf den seltenen geraden, noch seltener gegenverkehrfreien und stets kurzen Abschnitten ausprobieren. Macht nichts, rasend könnte man solch eine urweltliche Küstenszenerie sowieso nicht genießen und auch nicht die fantasievollen Schilder der vorbeiziehenden Pubs. Doch gerade auf so engen wie kurvenreichen Straßen kommt die Allradlenkung gut zur Geltung, optional, doch in beiden getesteten Fahrzeugen vorhanden, die man nun genaugenommen ohne solch ein Hilfsmittel ausprobieren müsste, um den Unterschied zu spüren. Doch egal, die beiden Schwergewichte lenkten sich spielerisch leicht, was auch mit an der sehr direkten Vorderachslenkung liegen mag, bei der nun 2,4 Lenkradumdrehungen genügen, um von Anschlag zu Anschlag zu kommen. Vor dem Update waren es noch 2,9 Umdrehungen.

Bei hohem Tempo duckt sich der Wagen

Optional ist auch die elektromechanische Wankstabilisierung, gesteuert durch je einen, aus dem Mild-Hybrid-System versorgten Elektromotor pro Achse. Der Benziner hatte sie, der Diesel nicht. Ein großer Unterschied war beim gemächlichen Dahingleiten auf dem Ring of Kerry nicht zu spüren, auf eilig durchfahrenen Holperpisten oder bei sportlich genommenen Kurven dürfte das ganz anders aussehen. Und auch die automatische Senkung der Karosserie um bis zu 30 Millimeter kam beim irischen Tempo nicht zum Einsatz. Bei schnellem Fahren senkt sie den Luftwiderstand und erhöht so die Effizienz – eine Funktion der auf Wunsch lieferbaren, bei den Siebensitzern serienmäßigen und sogar in einer Sportversion verfügbaren Luftfederung. Umgekehrt lässt sich mit ihr im Gelände, zwecks größerer Bodenfreiheit, die Karosserie um 60 Millimeter heben. Damit man sich auch über Stock und Stein sicher bewegt, gibt es weitere Helfer: den permanenten Allradantrieb, den – nur bei Luftfederung gebotenen – Offroad-Modus des Fahrdynamiksystems, der die Elektronische Stabilisierungskontrolle ESP zum Einsatz bringt, samt erhöhter Traktion und verbesserten Bremseingriffen. Und es gibt, da es im Gelände ja nicht nur hoch, sondern auch runter geht, den Bergabfahrassistenten, der bei einem Gefälle über sechs Prozent stur das vom Fahrer vorgegebene Tempo bis 30 km/h hält.

Eine Wankstabilisierung kommt auf solchen Holperpisten gerade recht.
Eine Wankstabilisierung kommt auf solchen Holperpisten gerade recht.

© Audi AG

Er ist nur eines von mehr als einem Dutzend solcher, auf die Pakete „Tour“ und „Stadt“ verteilten Assistenzsysteme. Gefüttert werden sie mit Informationen aus bis zu fünf Radarsensoren, fünf Kameras und zwölf Ultraschallsensoren. Alles Hilfsmittel, auf die Hitchcocks recht naiver Held in seinem alten Ford Mustang verzichten musste. Und doch hat er das vom Tankwart manipulierte Fahrzeug, mit blockiertem Gaspedal und durchtrennter Bremsleitung bergab rasend, vor dem Abgrund rechtzeitig zum Stehen gebracht. Der Ölstand war übrigens in Ordnung.

Technische Daten

Abmessungen: 5,06 m (L), 1,97 m (B), 1,74 m (H)

Gepäckraumvolumen: beim Fünfsitzer bis zu 865 Liter, bei geklappten Fondlehen 2050 Liter

Antrieb: 45 TDI quattro, 231 PS, max. Drehmoment 500 Nm, Höchstgeschwindigkeit 229 km/h, von 0 auf 100 in 7,1 Sekunden, Verbrauch 6,9-6,8 Liter/100 km (inner-/außerorts kombiniert); 50 TDI quattro, 286 PS, 600 Nm, 241 km/h, 6,3 Sekunden; 55 TFSI, 340 PS, 500 Nm, 250 km/h (elektronisch begrenzt), 5,9 Sekunden, 6,8-6,6 Liter; alle Fahrzeuge haben Allradantrieb und verfügen über ein achtstufiges Tiptronic-Getriebe.

Preis: 45 TDI ab 66.900 Euro; 50 TDI ab 69.900 Euro. Beide Fahrzeuge kommen Mitte September auf den Markt, der 55 TFSI, zu dem es noch keine Preisangabe gibt, im Oktober.

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