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Auch nach Heringsdorf kommt man mit dem neuen Ticket.

© imago images/BildFunkMV

Update

„Der Fernverkehr an die Küste ist hundsmiserabel!“: Neues Bahnangebot soll Ostsee-Ticket ersetzen – Berliner Fahrgastverband verärgert

Teurer und unflexibler: Mit dem neuen „Stadt-Land-Meer-Ticket Plus“ versucht die Bahn, das Ostsee-Ticket zu ersetzen. Erfolglos, sagt der Fahrgastverband Igeb.

Same same but different: Nachdem die Deutsche Bahn erst vor wenigen Wochen einigen Unmut erzeugte, indem sie das bei Berlinern und Potsdamern äußerst beliebte Ostsee-Ticket abschaffte, folgt nun ein Versuch der Wiedergutmachung. Am Donnerstag teilte der Konzern mit, im Sommer mit dem sogenannten „Stadt-Land-Meer-Ticket Plus“ zu starten, das Reisen zu „zusätzlichen Zielen“ an der Ostsee ermögliche.

Ab dem 13. Juni soll es Fahrgäste von Berlin sowie zahlreichen Orten in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern etwa ins Ostseebad Binz auf der Insel Rügen und das Ostseebad Graal-Müritz sowie die drei Kaiserbäder Ahlbeck, Heringsdorf und Bansin auf der Insel Usedom bringen. Und für alle Fälle stellt die Bahn auch klar: „Das Angebot ist selbstverständlich auch in Gegenrichtung gültig.“

„Zusätzlich“ sind diese Ziele allerdings nur in Hinsicht auf das herkömmliche Stadt-Land-Meer-Ticket – mit dem Ostsee-Ticket hingegen kam man auch bis Rügen und Usedom. Dieses allerdings läuft zum 12. Juni aus, denn „es war ein sogenanntes ungesteuertes Angebot“, sagt ein Bahnsprecher: Es konnten flexibel alle Züge genutzt werden, auch ICs und ICEs, entsprechend groß sei die Gefahr von Überbesetzungen gewesen.

Das soll mit dem neuen Stadt-Land-Meer-Ticket nun vermieden werden, es sind ausschließlich Züge des Nahverkehrs nutzbar. Außerdem ist die neue Fahrkarte teurer als das Ostsee-Ticket: 29 Euro für die einfache, 47,50 Euro für Hin- und Rückfahrt in der 2. Klasse, gültig ist das Ticket zwei Tage. Zum Vergleich: Beim Ostsee-Ticket kosteten Hin- und Rückfahrt 44 Euro.

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„Das neue Ticket ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung“, sagt Jens Wieseke vom Berliner Fahrgastverband Igeb. „Aber ärgerlich ist grundsätzlich, dass der Fernverkehr an die Küste hundsmiserabel ist.“ Es gebe nur einen ICE nach Binz, auch die Fahrradmitnahme sei schwierig. „Da muss mehr passieren!“

Die Karte zum neuen Bahn-Angebot.
Die Karte zum neuen Bahn-Angebot.

© Deutsche Bahn AG

Das will die Bahn so nicht stehen lassen: Es gebe ab dem 13. Juni sonnabends und sonntags sogar bis zu elf ICE-Verbindungen nach Binz, widerspricht ein Bahnsprecher. Und fügt hinzu: Etwa auf der Strecke Berlin - Rostock gebe es bis zu sechs Mal so viele Sitzplätze wie 2019.

Doch auf dem Kieker hat Wieseke gar nicht primär die Bahn: In der Pflicht sieht er mehr noch die Politik. „Man kann nicht sagen, der Fernverkehr ist eine rein privatwirtschaftliche Angelegenheit, die Politik muss da tätig werden.“ Gerade in einem Jahr wie diesem, wo auf mehr regionalen Urlaub gepocht werde, könne man nicht noch zusätzlich die Regionalbahnen überfüllen. „Der Regionalverkehr ist da für Pendler, für Tagesausflüge an die Uckermark – aber nicht für den Jahresurlaub an die Ostsee.“

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Zudem sei die Kommunikation auch unglücklich gelaufen, meint Wieseke. Das neue Ticket hätte man direkt mit der Abschaffung des Ostsee-Tickets gemeinsam verkünden sollen. Das allerdings, sagt der Bahnsprecher, sei nicht möglich gewesen, da sich das neue Ticket noch in der Abstimmung befunden habe zwischen der Bahn und den vier kooperierenden regionalen Verbünden: dem Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB), der Verkehrsgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern (VMV), der Ostdeutschen Eisenbahn GmbH (ODEG) und der Niederbarnimer Eisenbahn (NEB).

Auch wenn es für das Ostsee-Ticket nun einen vielleicht nicht ganz vollwertigen Ersatz gibt: Jens Wieseke reicht das nicht. „Die Politik muss endlich Verantwortung für den Fernverkehr übernehmen und bei der Bahn mehr Einfluss nehmen“, fordert er. „So wie es ist, kann es nicht bleiben.“

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