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Cannabis ist zwar verboten, in Berlin aber dennoch vielfach erhältlich. Zu den Konsumenten zählen zunehmend auch Kinder und Jugendliche.

© Thomas Samson/AFP

Der erste Joint mit 12: In Berlin fangen schon die Kinder an zu kiffen

Immer häufiger, immer früher: Cannabis ist unter Jugendlichen in Berlin stärker verbreitet als im Rest des Landes. Die Hälfte der Konsumenten ist suchtgefährdet.

Der Joint nach Schulschluss oder sogar in der Unterrichtspause – bei Berliner Schülern ist er offenbar weiter verbreitet als gemeinhin angenommen. Denn: Berliner Jugendliche kiffen deutlich häufiger als ihre Altersgenossen im restlichen Bundesgebiet und sie fangen deutlich früher damit an.

Das zeigen Daten der Fachstelle für Suchtprävention in Berlin, die am Donnerstag veröffentlicht wurden. Demzufolge haben 34,6 Prozent der Befragten zwischen 12 und 18 Jahren bereits Cannabis konsumiert. Im Durchschnitt liegt der Zeitpunkt für den Erstkonsum in Berlin bei 14,6 Jahren – 1,8 Jahre früher als im Bundesdurchschnitt. Für die Studie waren 1725 Jugendliche befragt worden.

Besonders groß ist der Unterschied des Konsumverhaltens von Berliner Jugendlichen im Vergleich zu ihren Altersgenossen bei den 12- bis 17-Jährigen. Während in Berlin 30,6 Prozent der Befragten aus dieser Altersgruppe angaben, bereits Cannabis konsumiert zu haben, liegt der Bundesschnitt laut einer Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung bei zehn Prozent. Bei den 18- bis 25-Jährigen liegt Berlin 12 Prozentpunkte über dem Bundesschnitt. Mit 54,7 Prozent hat mehr als jeder Zweite in Berlin lebende Mensch aus dieser Altersgruppe der Studie zufolge bereits mindestens ein Mal im Leben Cannabis konsumiert.

Kerstin Jüngling, Geschäftsführerin der Fachstelle für Suchtprävention, sprach angesichts dessen von einer „ besorgniserregenden Entwicklung“ und forderte, suchtpräventive Maßnahmen für Jugendliche selbst, aber auch für Eltern und Lehrer deutlich auszubauen. In einer Zusammenfassung der Fachstelle heißt es, diese verdeutliche, „dass Cannabiskonsum unter Berliner Jugendlichen besorgniserregend normal zu sein scheint“. Seine Verbreitung unter Jugendlichen zeige, dass sich diese der Risiken nicht bewusst sind.

Tatsächlich liefert die Studie darüber hinaus Ergebnisse, die Fachleuten Sorge machen. Demnach liegt der Anteil der Jugendlichen unter jenen mit Cannabis-Erfahrung, die mehrmals pro Woche oder sogar täglich kiffen, bei 27 Prozent. Lediglich sechs Prozent derer, die mindestens ein Mal Cannabis konsumiert haben, geben an, das aktuell nie zu tun. Dazu passend weisen nur 51 Prozent von ihnen kein Suchtrisiko auf. 27 Prozent der Konsumenten weisen der Studie zufolge ein geringes Suchtrisiko auf, 22 Prozent sogar ein hohes Suchtrisiko.

Koalition will Prävention stärken

Bei der Frage, wie der stetig wachsende und immer früher einsetzende Cannabiskonsum bei Jugendlichen und auch Kindern – fünf beziehungsweise 16 Prozent der 12- und 13-Jährigen in Berlin haben bereits Cannabis konsumiert – gestoppt werden soll, sind sich Experten und Fachpolitiker einig: Sie fordern eine Stärkung bestehender Strukturen für die Prävention und kündigen an, diese künftig mit mehr Haushaltsmitteln ausstatten zu wollen.

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Laut Catherina Pieroth, der drogenpolitischen Sprecherin der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, sind im Entwurf für den nach der parlamentarischen Sommerpause zur Diskussion stehenden Doppelhaushalt 2020/2021 für Einrichtungen der Suchthilfe und Prävention 1,04 Millionen Euro veranschlagt – pro Jahr. Im Vergleich zu 2019 bedeute das einen Zuwachs von 680.000 Euro jährlich. Pieroth bezeichnete die Ergebnisse der Fachstelle als „bedenklich“, das Einstiegsalter als „viel zu früh“. Ihr Fachkollege aus der Linksfraktion, Niklas Schrader, forderte eine „gesellschaftliche Debatte über die Gründe für den Cannabiskonsum bei Jugendlichen“ und kritisierte die „Leistungsgesellschaft“.

Pieroth und Schrader kündigten an, Rot-Rot-Grün werde im September, spätestens im Herbst einen im Koalitionsvertrag angekündigten Antrag für ein berlinweites Modellprojekt Cannabis beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) stellen. Im Zuge dessen soll Cannabis kontrolliert an Erwachsene abgegeben werden und diese so für Präventionsangebote erreichbar machen. Ein entsprechender Antrag des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg war 2015 vom BfArM abgelehnt worden.

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