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Geisel warnt vor Autonomen und Querdenkern. Berlins Innensenator sieht die Polizei am 1. Mai in einer komplizierten Lage. Inzwischen sind 22 Veranstaltungen angemeldet

© Doris Spiekermann-Klaas TSP

Exklusiv

Demos von Autonomen und Querdenkern in Berlin: Geisel erwartet bis zu 10.000 Linksextremisten am 1. Mai

Der Berliner Polizei stehen am 1. Mai schwierige Einsätze bevor. Laut Innensenator Geisel versammeln sich Autonome, auch Corona-Leugner kündigen sich an.

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Für die Berliner Polizei zeichnet sich kurz vor dem 1. Mai eine zunehmend schwierige Lage ab. Die Zahl der Teilnehmenden bei der linksradikalen „Revolutionären Demonstration“ am Feiertag könnte „bis in den fünfstelligen Bereich gehen“, sagte Innensenator Andreas Geisel (SPD) im Interview mit dem Tagesspiegel.

Vergangene Woche hatten die Sicherheitsbehörden noch weniger als 10.000 Linksradikale erwartet. Beim jährlichen Aufmarsch hatten sich in den vergangenen Dekaden mehrmals Autonome und andere Linksextremisten Straßenschlachten mit der Polizei geliefert.

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Die Zahl der linksradikalen Demonstranten am 1. Mai in Berlin könnte noch weiter steigen, da der geplante Protest der Antifa gegen den Aufmarsch von 1000 Rechtsextremisten am 1. Mai in Zwickau in Sachsen wohl überflüssig wird.

Das Landratsamt hat am Dienstag die Demonstration der Neonazi-Partei „Der III. Weg“ und weitere 17 Versammlungen untersagt. Linke Gruppierungen hatten über Sachsen hinaus zu Gegendemonstrationen aufgerufen.

Grund des Verbots aller Demonstrationen und Kundgebungen in Zwickau sei „eine Vielzahl von Anmeldungen, die im Falle einer Durchführung zu einem nicht beherrschbaren Corona-Infektionsgeschehen führen würde“, teilten das Landratsamt und die Polizeidirektion mit.

Streitereien in Berlins linker Szene

Es würde unweigerlich „zu Durchmischungen und Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten der verschiedenen Lager sowie dieser mit der Polizei kommen“, hieß es. Das trage „zu einer deutlichen Erhöhung des Infektionsrisikos bei“. Der Landkreis hatte diese Woche bereits Inzidenzzahlen von mehr als 340 registriert. Zwei rechte und mehrere linke Veranstaltungen sind allerdings auch in anderen Städten angekündigt.

In Berlin soll die Revolutionäre Mai-Demonstration auch dieses Jahr um 18 Uhr starten. Die Linksradikalen wollen sich in Neukölln am Hermannplatz treffen und durch Kreuzberg ziehen. Die Demonstration ist angemeldet, dennoch hält Geisel auch einen unangemeldeten Aufzug von Autonomen für möglich.

Es gebe in der Szene „Meinungsverschiedenheiten mit unterschiedlichen Interessen“. Auf der einen Seite stehe das autonome Spektrum, das „auf Gewalt und Kampf setzt, auf die Auseinandersetzung mit der Polizei. Ein anderer Teil des linken Spektrums sagt: Wir brauchen Anschlussfähigkeit, wir haben Themen, hinter denen sich möglichst viele Menschen versammeln wollen“, sagte der Senator. Der Anmeldung zufolge geht es bei der Demonstration um Mietenpolitik und Migration.

Geisel warnt vor Unberechenbarkeit der Querdenkerszene

Laut Geisel liegen der Polizei bislang für den Maifeiertag 22 Anmeldungen für Demonstrationen und weitere Veranstaltungen vor. Die Zahl könne noch wachsen, da womöglich „Demonstrationen aus dem Bereich der Corona-Leugner“ hinzukommen. Eine soll bereits angemeldet sein.

Der Senator warnte vor der Unberechenbarkeit der Querdenker-Szene. Bei deren Demonstrationen sei „oftmals weniger klar, wann was kommt und wie viele Teilnehmer zu erwarten sind. Wir haben erlebt, dass über die sozialen Medien kurzfristig viele Menschen mobilisiert wurden“, sagte Geisel.

Vergangene Woche hatten 8000 Querdenker nahe dem Bundestag gegen die Änderung des Infektionsschutzgesetzes demonstriert. Es kam zu Konflikten mit der Polizei, sie nahm mehr als 250 Demonstrierende vorläufig fest. Im August hatten Querdenker, Rechtsextreme und Reichsbürger versucht, das Reichstagsgebäude zu stürmen.

„Berlin ist eine Bühne für diese Demonstrationen“, sagte Geisel. „Wir beobachten einen Extremismus, den wir mit den bisherigen Maßstäben nicht einordnen können.“ Die Proteste hätten sich in der Pandemie „immer weiter radikalisiert“. Der Berliner Verfassungsschutz hatte kürzlich Teile des Spektrums der Corona-Leugner in der Stadt als extremistischen „Verdachtsfall“ eingestuft. Es habe sich ein „eigenständiger Extremismus herauskristallisiert, gespeist mit Verachtung für die Demokratie“, sagte Geisel.

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