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Auch für Revolutionäre wohl ein unüberwindbares Hindernis: Die Baustelle in der Rigaer Straße.

© Helena Piontek

Demonstrationen am 1. Mai: Linke dürfen doch durch die Rigaer – nur an einer Stelle nicht

Die 1.-Mai-Demo der linken Szene könnte doch durch die Rigaer Straße in Friedrichshain führen. Die Polizei zeigt sich kooperativ. Doch eine Sperre bleibt.

Die Rigaer Straße im Friedrichshainer Nordkiez wird entgegen erster Annahmen doch nicht komplett für die „Revolutionäre 1.-Mai-Demonstration" gesperrt. Darauf hat ein Sprecher der Berliner Polizei hingewiesen. Lediglich auf einem Abschnitt zwischen Voigtstraße und Samariterstraße ist kein Durchkommen. Dort ist ein Abschnitt seit August 2017 unter anderem für ein Wohnungsbauprojekt des bekannten Immobilienunternehmers Christoph Gröner gesperrt.

Ein Polizeisprecher sagte dem Tagesspiegel am Freitag: „Wir werden am 1. Mai erneut auf die Verantwortlichen zugehen und Gesprächs- sowie Kooperationsbereitschaft signalisieren. Auch einen Aufzug durch die Rigaer Straße würden wir im faktisch möglichen und rechtlich zulässigen Rahmen ermöglichen.“

Bis auf den seit Monaten abgesperrten Zwischenabschnitt an der Baustelle von Investor Gröner könne die Demonstration durch die Rigaer Straße je nach den dann vorliegenden Umständen durch die Rigaer Straße ziehen – auch an den für die linke Szene so bedeutsamen Hausprojekten in der Rigaer vorbei.

Die Demonstration könnte über andere Straßen umgeleitet werden. Die autonomen Gruppen wollen ab 18 Uhr etwa vom Wismarplatz in Friedrichshain starten. Die Demonstranten könnten über Grünberger Straße, Mainzer Straße und Frankfurter Allee zur Bänschstraße laufen – zum Schluss könnte es von dort zur Rigaer Straße, über den Bersarinplatz und das Frankfurter Tor bis zur S-Bahn-Station Warschauer Straße gehen. Wegen der Gröner-Baustelle könnte der Zug von der Bänschstraße frühestens an der Samariterstraße auf die Rigaer Straße geführt werden.

In den sozialen Netzwerk ging ein Shitstorm auf die Polizei nieder.

Über den konkreten Verlauf kann die Polizei  aber erst am Abend des 1. Mai befinden. Dies wird von verschiedenen Faktoren abhängig gemacht. Der Polizeisprecher sagte: „Eine abschließende Entscheidung kann erst am Einsatztag unter Berücksichtigung der dann tatsächlich vorliegenden Fakten, wie Teilnehmerzahl, Zusammensetzung, Verhalten, Kooperationsbereitschaft und so weiter getroffen werden.“

Im Klartext: Sollte die Demonstration weitgehend friedlich verlaufen und die Zahl der Teilnehmer für die Rigaer Straße handhabbar sein, steht dem Aufzug auf dem größten Teil der Strecke nichts entgegen. In der linken Szene wurde die Sperrung der Rigaer Straße am Baustellenabschnitt dennoch als Vorwand der Polizei interpretiert, um die gesamte Straße abzuriegeln. Im Internet erklärten die Autonomen: „Bullen wollen Baustelle des Spekulanten (...) in der Rigaer als Barrikade benutzen.“ In den sozialen Netzwerken ging ein Shitstorm auf die Polizei nieder. Durch die Erklärung des Polizeisprechers ist nun klar: Grundsätzlich will die Polizei den Aufzug durch die Rigaer nicht verhindern - nur an der Gröner-Baustelle gibt es aus Sicherheitsgründen kein Durchkommen.

Brenzlig könnte die Lage werden, wenn zu viele Menschen mit der Demonstration durch die engen Straßen ziehen wollen. Bislang ist eine Kundgebung am Wismarplatz mit 1000 Teilnehmern angemeldet. Bei Kooperationsgesprächen der Polizei mit einem Anmelder-Anwalt in dieser Woche ging es auch darum, ob von der Kundgebung, die am Wismarplatz starten soll, massenhaft Demonstranten zum Nordkiez losziehen werden. Eine weitere Kundgebung mit 1200 Teilnehmern ist an der Rigaer Straße, Ecke Pettenkofer Straße angemeldet – nicht weit entfernt von der Gröner-Großbaustelle.

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Der Anmelder-Anwalt selbst rechnet mit deutlich mehr als 1000 Teilnehmern bei der Kundgebung am Wismarplatz. „Und sollten unabhängig von der Kundgebung später Demonstranten durch den Kiez laufen, gehe ich davon aus, dass die Polizei dies dulden wird. Die Versammlungsfreiheit ist ein hohes Gut.“ Dem Grundgesetz zufolge müssen Versammlungen nicht zwingend angemeldet werden. Kenner der linken Szenen erwarten sogar bis zu 10.000 Demonstranten.

Autonome Gruppen hatten schon vor Tagen angekündigt, ihre Demonstration nicht offiziell anmelden zu wollen. Falls die Polizei sie an der Demonstration hindern sollte, werde man „andere Wege finden“. Das kündigten autonome Gruppen im Internet an. Und ein Alternativtermin wird auch direkt genannt: „21 Uhr an einem Ort, den wir kurz zuvor bekannt geben.“

Fest steht jedoch, dass die Baustelle von Investor Gröner abgesichert wird. Der Unternehmer verwies entsprechende Ergebnisse der Gespräche mit der Berliner Polizei. „Es geht darum, wie wir die Menschen schützen, die an der Demonstration teilnehmen“, sagte der Investor dem Tagesspiegel. Angesichts der zu erwartenden Teilnehmerzahlen könnte es zu einer „verheerenden Lage“ an der Baustelle in der Rigaer Straße kommen: „Die Menschen könnten an den Bretterzaun gedrängt werden.“ Es bestehe die Gefahr, dass der Bauzaun unter dem Druck der Massen zusammenbreche. Rund um dem 1. Mai werde deshalb die Baustelle noch einmal gesondert geschützt. Der gesamte Bauabschnitt an der Rigaer Straße soll vom 30. April bis zum 2. Mai gesperrt werden.

Ursprünglich sollte die Sperrung Ende Februar aufgehoben werden

Derzeit befinden sich zwei Baustellen beiderseits der Rigaer Straße zwischen Voigtstraße und Samariterstraße. Auf der einen Seite baut Gröners CG-Gruppe im neuen „Carré Sama-Riga“ 133 hochwertige Wohnungen, gegenüber steht ein anderes Bauprojekt kurz vor dem Abschluss.

Weil beide Baustellen gleichzeitig mit Baumaterial beliefert werden mussten, ist der Straßenabschnitt für den Verkehr seit August 2017 gesperrt. Nur nachts und sonntags wurde der Durchgang für Fußgänger geöffnet. Ursprünglich sollte die Sperrung, die im Kiez für Unmut sorgt, bereits Ende Februar aufgehoben werden. Wegen anhaltender Bauarbeiten wurde sie aber laut den örtlichen Aushängen bis zum 30. April verlängert.

Seit Baubeginn 2017 kam es am und um den umstrittenen Neubau in der Rigaer Straße immer wieder zu Protesten und Vandalismus. Der Vorwurf: Gröner gentrifiziere den alternativen Samariter-Kiez, also das einst als Hausbesetzerviertel bekannte Nord-Friedrichshain. Die Grundsteinlegung im Sommer 2018 musste von der Polizei gesichert werden – einige Hundert Meter weiter vom Neubau steht das ehemals besetzte Haus in der Rigaer Straße 94. (Tsp)

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