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Protest-Performance am Ministerium: Demonstranten legen sich symbolisch für die Verkehrstoten auf die Straße.

© RubyImages/F. Boillot

Demo in Berlin zum Tag der Verkehrssicherheit: Turbo-Irrsinn am Radweg, oder: Warum man Verkehrsplaner ausbremsen sollte

3177 Menschen starben 2017 auf Deutschlands Straßen. Für sie wurden vor dem Bundesverkehrsministerium Schweigeminuten eingelegt.

Es war eine leise Demo, die am Sonnabend vors Bundesverkehrsministerium zog. Mehrere hundert Menschen gedachten zum Tag der Verkehrssicherheit (gibt’s seit 2005) der 3177 Menschen, die im vergangenen Jahr auf Deutschlands Straßen zu Tode kamen.

Für fünf Schweigeminuten legten sich die Leute auf die Invalidenstraße vor jenes Gebäude, an dem ein Werbeplakat ruft: „Deine Idee bringt Deutschland in Fahrt“ und dazu eine vielspurige Schnellstraße zeigt, auf der die Lichter der Autos vom Tempo verschwimmen. CSU-Bundesminister und Demonstranten haben offensichtlich sehr unterschiedliche Vorstellungen davon, welche Ideen Deutschland voranbringen. Von „Opfern eines Systems, das Unfälle begünstigt“, sprach ein Redner am Ende des Schweigens ins Mikrofon – und beklagte sinngemäß, wie gefährlich man lebt, wenn das motorisierte Deutschland in Fahrt gerät.

Fußgänger in Fahrt. Die Demonstranten erreichen das Bundesverkehrsministerium.
Fußgänger in Fahrt. Die Demonstranten erreichen das Bundesverkehrsministerium.

© Stefan Jacobs

Wären die Demonstranten nur eine Ecke weiter gezogen, hätten sie das neueste Werk der Berliner Verkehrsplanungskunst bewundern können: Vor der BND- Zentrale in der Chausseestraße wurde ein atombombensicher verpollerter Radweg angelegt, der in einer Nische auf die Fahrbahn mündet. Unwiderstehlich für Falschparker! Also wurde in der vergangenen Woche eine dicke weiße Linie gezogen und für die Begriffsstutzigen zusätzlich zum Radwegsymbol noch ein Halteverbotsschild aufgehängt. Seitdem kommt man gut durch bis … – tata!, an der nächsten Querstraße der brandneue Radstreifen exakt im Heck eines dort legal parkenden Autos endet. Berlin, 2018.

Radfahrer neben der Spur: Neuester Streich in der Chausseestraße.
Radfahrer neben der Spur: Neuester Streich in der Chausseestraße.

© Stefan Jacobs

In der gerade dank eines Videos berühmt gewordenen Greifswalder Straße gilt übrigens jetzt Tempo 10 an der Stelle, an der in einer Baustelle laut Markierung die Radfahrer mit den Autos zu was auch immer verschmelzen sollen. Den Turbo-Irrsinn, einen Radweg fast rechtwinklig in die Autospur zu leiten nach dem Motto „Alle mal dünne machen“, hat die Verkehrsverwaltung aber so gelassen. Der Fachkräftemangel scheint wirklich dramatisch zu sein.

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