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Für das Zusammenleben. Geflüchtete demonstrierten Anfang Februar für eine humanere Regelung des Familiennachzugs. Foto: RubyImages/T. Strasas

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Debatte zur Flüchtlingspolitik: AfD lobt Dreggers Asylkurs

90 Prozent der afrikanischen Staaten sind sicher, sagte der CDU-Fraktionschef im Interview. Rot-Rot-Grün wirft ihm „Populismus“ vor, die Rechten stimmen ihm zu.

Vertreter der Koalitionsfraktionen haben die Aussagen des CDU-Fraktionschefs Burkard Dregger kritisiert, denen zufolge 90 Prozent der afrikanischen Staaten sicher seien und Menschen aus diesen Ländern wirksamer davon abgehalten werden sollten, sich auf den Weg nach Europa zu machen. Nicola Böcker-Giannini, integrationspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, erklärte: „Es hat mich quasi aus dem Stuhl gehauen, als ich das gelesen habe.“ Angesichts der Lage in afrikanischen Staaten wie dem Kongo, Liberia, Somalia oder Eritrea klinge die Aussage Dreggers wie „ziemlich dumpfer Populismus“, so Böcker-Giannini weiter.

Mit Blick auf die riesigen Probleme in zahlreichen afrikanischen Staaten würde sie eher von 30 Prozent der Länder sprechen, die tatsächlich sicher sind, fügte die Sozialdemokratin hinzu. „Von 90 Prozent sicheren Staaten zu sprechen ist einfach nur populistisch.“

Katina Schubert, Landesvorsitzende der Linken in Berlin und Sprecherin für Flüchtlingspolitik in der Abgeordnetenhausfraktion, kritisierte die Äußerungen Dreggers ebenfalls scharf. „Ich weiß nicht, woher er seine Weisheiten, dass in 90 Prozent der afrikanischen Staaten keine Verfolgung stattfinden würde, nimmt. Ich halte diese Behauptung für aus der Luft gegriffen, ja bodenlos“, sagte Schubert. Verbrechen wie Genitalverstümmelungen an Frauen kämen in afrikanischen Ländern noch immer viel zu häufig vor, als dass man diese als sicher bezeichnen könnte, erklärte Schubert weiter. Gleiches gelte für die Verfolgung von Homosexuellen, die in der Hälfte aller afrikanischen Länder noch immer mit schweren Strafen bedroht werden.

Für die Grünen-Fraktion äußerte sich Bettina Jarasch. Sie sagte: „Nach einer Reise die Situation eines ganzen Kontinents beurteilen zu wollen, ist vermessen.“ Zuletzt hätte auch die CDU-geführte Bundesregierung eingestehen müssen, dass die für die Anerkennung als sichere Herkunftsstaaten vorgesehenen Maghreb-Staaten nicht sicher seien. Dreggers Aussagen seien „unglaubwürdig“, weil er Flucht verhindern will, durch die restriktive Ausgestaltung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes legale Einreisewege versperrt würden.

Der Berliner CDU-Fraktionschef Burkard Dregger will, dass mehr gegen die Fluchtursachen in Afrika getan wird.
Der Berliner CDU-Fraktionschef Burkard Dregger will, dass mehr gegen die Fluchtursachen in Afrika getan wird.

© Kai-Uwe Heinrich

Dregger selbst hielt auch am Tag nach Veröffentlichung des Interviews an seiner These fest. Er erklärte: „Die Anerkennungsquote von Asylantragstellern aus Afrika hat nach den Veröffentlichungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge im Jahre 2018 rund zehn Prozent betragen. Dies spiegelt die Verhältnisse in den afrikanischen Staaten recht genau wider.“ Ihm gehe es darum, jenen Migranten, die in ihren Herkunftsstaaten keine Verfolgung erleiden, eine Perspektive in ihren Heimatländern zu geben. „Darauf sollten sich unsere Aktivitäten, auch von Berlin aus, konzentrieren“, sagte Dregger. Der Frage, ob seine Kritik auch Angela Merkel und die CDU treffe, die in der Bundesregierung für die Gestaltung der Flüchtlingspolitik verantwortlich sind, wich Dregger aus. Mit dem „Masterplan Migration“ seien bereits „weitreichende Verbesserungen in Angriff genommen“ worden. Ziel sei es, die Bedingungen in den Herkunftsländern zu verbessern. Angela Merkel hätte mit ihrer Afrika-Initiative genau dafür den Impuls geliefert.

Dregger spricht von einer "Asylwirtschaft", die niemandem hilft

Dregger forderte, in der politischen Debatte zu erkennen, dass nur die Verbesserung der Lebensbedingungen in den Herkunftsländern „eine nachhaltige Entwicklung im Interesse der Migranten bringt und dass wir uns in unseren Anstrengungen darauf konzentrieren sollten“. Investitionen zur Vermeidung unkontrollierte Migrationsbewegungen würden nur einen Bruchteil dessen betragen, was die „Versorgung und Durchführung von nicht zielführenden, für den Einzelnen meist perspektivlosen Asylverfahren hierzulande kostet“, erklärte Dregger. Im Interview hatte er eine „Asylwirtschaft“ kritisiert, die „keinem hilft, am wenigsten den afrikanischen Migranten“.

Lob bekam Dregger von der AfD. Via Twitter teilte die Abgeordnetenhausfraktion mit: „Wie schön – da ist der Herr Dregger ja schon mal auf AfD-Linie. Jetzt muss er nur noch seine Parteivorsitzende und seine Kanzlerin überzeugen.“ Wenig später warf sie ihm vor, das Programm der AfD kopiert zu haben.

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