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Ein E-Scooter der Verleihfirma Lime.

© Gabriel Bouys/AFP

Debatte um E-Fahrzeuge: Verkehrsminister bestätigt Gehweg-Pläne

Andreas Scheuer räumt ein, E-Fahrzeuge auf Gehwegen zulassen zu wollen. E-Fans, Fußgänger und Radler verbünden sich und fordern, den Autos Platz wegzunehmen.

Von Christian Hönicke

Elektroroller-Fans, Fußgänger und Radfahrer verbünden sich – gegen das Auto und das Bundesverkehrsministerium. Sie fordern die Zulassung der „Elektrokleinstfahrzeuge“ für die Straße; Rad- und Gehwege sollen für Radfahrer und Fußgänger reserviert bleiben. Damit gehen sie auf Konfrontationskurs zu Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Er will Elektroroller ab dem Frühjahr 2019 zulassen.

Der entsprechende Verordnungsentwurf sieht vor, dass die Fahrer Radwege benutzen, wo keine vorhanden sind, sollen sie auch auf Straßen fahren. Außerdem sollen per Ausnahmeregelung von Kommunen auch Gehwege freigegeben werden können. Ausschließlich auf Gehwegen sollen E-Fahrzeuge ohne Lenkstange wie E-Skateboards und Hoverboards fahren. Dafür ist eine Sondergenehmigung geplant. Dies bestätigte Scheuer nun erstmals persönlich.

Bei einem öffentlichen Termin am Mittwoch im Kaufhaus „Dussmann“ sagte Scheuer zur aktuellen Diskussion, durch die neue Mobilität gebe es „ein paar Schwierigkeiten unter den Verkehrsteilnehmern. Wir müssen mehrere Sachen unter einen Hut kriegen: die Interessen einer neuen und anderen Mobilität, die Anliegen der Fußgänger und Fahrradfahrer, der Kommunen.“

Für E-Roller zwischen 12 und 20 km/h mit Lenkstange sei in der Tat das Ziel, „dass wir Anfang der Saison 2019 eine Regelung bekommen. Für die, die keine Lenkstange haben, gibt es eine Ausnahmeverordnung.“ Das Wort Gehweg benutzte er nicht, doch Insidern ist klar, dass es darauf hinauslaufen soll. Der Verordnungsentwurf stuft Radwege und Straßen für diese Fahrzeuge als zu gefährlich ein.

Diesen Plan hatte die Fußgängervereinigung FUSS heftig kritisiert: „Fahrzeuge gehören nicht auf Gehwege!“ Bei einer Demonstration vor dem Bundesverkehrsministerium in Berlin am Donnerstag schlossen sich auch die Vertreter des E-Fahrzeug-Bündnisses „Electric Empire“ dieser Auffassung an. „Wir wollen nicht auf den Gehweg, sondern auf die Straße“, sagte Sprecher Lars Zemke. Er sprach von einem „sehr freundlichen und offenen Dialog“ mit den Fußgängern: „Die anfänglichen Bedenken konnten ausgeräumt werden.“

Man habe sogar kurzfristig einen Austausch zu dritt mit FUSS und dem Radfahrverband ADFC anberaumt, „für eine bessere Kommunikation untereinander und die Vermeidung weiterer Missverständnisse“. Es dürfe nicht sein, dass die nachhaltigsten Verkehrsformen gegeneinander ausgespielt würden.

Die Allianz ist demnach im Kern einer Meinung. „Wir sind uns einig: Raum für E-Fahrzeuge dem Auto nehmen!“, sagte FUSS-Sprecher Roland Stimpel, „ob vom Verkehr oder von Parkplätzen.“ Er fordert Verkehrsminister Scheuer auf, die anstehende Verordnung „als einen Schritt hin zum effizienteren, flächengerechteren Verkehr zu nutzen – etwa, indem schlanke Transportmittel wie Fahrräder und E-Kleinstfahrzeuge auf der Fahrbahn Privilegien gegenüber raumgreifenden erhalten.“ Der ADFC schloss sich diesen Forderungen auf Nachfrage nicht direkt an, bekräftigte aber seine Haltung, die aktuellen Radwege seien nicht dafür ausgelegt, plötzlich auch von vielen E-Roller-Fahrern benutzt zu werden. Auch der Widerstand der Fußgänger sei „berechtigt“.

Die Frage nach dem geeigneten Platz für die E-Fahrzeuge ist auch im Verkehrsministerium höchst umstritten. Es gibt dort viele Gegner dieser neuen Mobilitätsform. Sicher sei die Problematik „kein leichtes Unterfangen“, gibt Zemke zu. Dies dürfe jedoch nicht zur einer „bequemen Lösung“ führen, die das Problem auf Rad- und Gehweg abwälze, fordert FUSS-Sprecher Stimpel.

Scheuer berichtet von eigenen Konflikten auf dem Gehweg

Auf Nachfragen habe das Bundesverkehrsministerium bisher aber „nur ausweichend reagiert“, berichtet Zemke. Einige Anregungen wolle es immerhin in die weiteren Überlegungen „einfließen lassen“. Dazu gehört auch die Frage, wie E-Fahrzeuge zum nachhaltigen Verkehr beitragen sollen, wenn sie vom Verkehrsmix ausgeschlossen werden. Als Motorfahrzeuge dürfen sie bisher nicht in Busse und Bahnen, auch der Verordnungsentwurf sieht dafür bisher keine Lösung vor. Ebenso wenig wie für die Leihrollerwelle, die auch Minister Scheuer befürchtet: „In vielen Städten liegen die Dinger einfach rum, wie die Leihfahrräder auch.“

Die Problematik des Fahrens auf dem Gehweg scheint dem Verkehrsminister ebenfalls durchaus bewusst. Er berichtete am Mittwoch freimütig von eigenen Erfahrungen mit E-Boards: „Ich habe heute wieder einen gesehen am Prenzlauer Berg, der ohne Helm und mit seinem Handy als Fernbedienung an mir vorbei zischt“, erzählte er launig. „Die ältere Dame, die neben mir auf dem Bürgersteig gegangen ist, hat fast mit ihrem Gehstock hinterhergehauen, weil er relativ unvorsichtig gefahren ist.“ Damit ihm das künftig nicht noch häufiger passiert, hat Scheuer bereits einen Lösungsvorschlag erarbeitet: „Gegenseitige Rücksicht.“

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