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Berlin wäre das sechste Bundesland, welches das Wahlalter bei Landtagswahlen auf 16 absenkt.

© imago images/Emmanuele Contini

Deal zwischen Rot-Grün-Rot und FDP: Berlin will Wahlalter noch in diesem Jahr auf 16 Jahre absenken

Koalition und Liberale haben die nötige Mehrheit für das Wählen ab 16 ausgelotet. Rund 90.000 junge Erwachsene könnten künftig an Abstimmungen teilnehmen.

In Berlin soll noch in diesem Jahr das Wahlalter auf 16 Jahre abgesenkt werden. Eine dafür notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament haben SPD-Fraktionschef Raed Saleh und FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja gemeinsam ausgelotet.

Das bestätigten beide Politiker am Donnerstag dem Tagesspiegel. Die Änderung soll für das aktive Wahlrecht bei Abgeordnetenhauswahlen und Volksentscheiden gelten. Rund 90.000 junge Erwachsene zwischen 16 und 18 Jahren können in Berlin dann künftig mitwählen.

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SPD-Fraktionschef Saleh sagte: „Wir hatten gute Gespräche mit der FDP und können gemeinsam noch in diesem Jahr die Absenkung des Wahlalters im Parlament beschließen.“ Darüber sei er froh. „Junge Menschen verdienen eine Stimme“, sagte Saleh.

FDP-Fraktionschef Czaja sagte: „Wir wollen gemeinsam aus der Mitte des Parlaments eine Initiative auf den Weg bringen.“ Die Absenkung des Wahlalters sei für ihn auch eine „Frage der Generationengerechtigkeit“. Czaja sagte weiter: „Wir wollen diesen politischen Willen noch in diesem Jahr in Politik umsetzen.“

Die Regierungsfraktionen SPD, Grüne und Linke hatten die Senkung im Herbst in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart. Sie erreichen zusammen aber nicht die für eine Verfassungsänderung notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit. Zustimmen müssten der Wahlrechtsreform 98 der insgesamt 147 Abgeordneten.

Koalition und FDP wollen gemeinsamen Antrag erarbeiten

Die Koalition verfügt zusammen über 92 Sitze im Abgeordnetenhaus. Die FDP hat zwölf Abgeordnete. Zusammen haben die vier Fraktionen die Zwei-Drittel-Mehrheit also erreicht.

In den kommenden Wochen wollen sie einen gemeinsamen Antrag erarbeiten. Letztlich muss das Parlament in erster und zweiter Lesung über die Verfassungsänderung entscheiden.

„Junge Menschen verdienen eine Stimme“, sagte SPD-Fraktionschef Raed Saleh.
„Junge Menschen verdienen eine Stimme“, sagte SPD-Fraktionschef Raed Saleh.

© Carsten Koall/dpa

SPD-Mann Saleh lud deshalb auch die CDU-Fraktion zu Gesprächen ein. „Das Gesprächsangebot zu diesem Thema wurde bislang nicht angenommen“, sagte Saleh. „Ich würde mir eine möglichst breite Mehrheit im Parlament wünschen.“ Auch Czaja äußerte diesen Wunsch. Mit der AfD wolle man keine Gespräche führen, sagte Saleh. „Die Rechtspopulisten werden nicht zum Gespräch eingeladen.“

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In Berlin dürfen Menschen ab 16 Jahren seit 2005 an den Wahlen zu den Bezirksverordnetenversammlungen teilnehmen. Bei Abgeordnetenhauswahlen ist bisher noch die Vollendung des 18. Lebensjahres Voraussetzung.

Zuletzt fehlten vier Stimmen

Eine Absenkung des Wahlalters auf Landesebene war bisher an der CDU gescheitert. In der vergangenen Legislaturperiode verfügten SPD, Grüne, Linke und FDP im Parlament nicht über die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit. Es fehlten vier Stimmen. Die CDU hatte aber einen entsprechenden Vorstoß der vier Fraktionen zurückgewiesen.

Die Debatte sei nicht neu und käme regelmäßig im Wahlkampf aufs Tableau, hatte der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Danny Freymark damals gesagt. „Bei der Wahlbeteiligung von 16- bis 18-Jährigen bei der Kommunalwahl gibt es desaströse Werte.“ Man müsse deshalb zuerst die politische Bildung der Jugendlichen verbessern, sagte Freymark.

FDP-Fraktionschef Czaja hält es dagegen für wichtig, gerade Jugendlichen die Wahl zu ermöglichen und sie so zu politisieren. „Wir wollen ihnen das fundamentalste Recht einräumen: sich zu beteiligen.“ Dafür habe die FDP auf Landes- und Bundesebene eine „ganz klare Beschlusslage“, sagte Czaja. Auch Saleh sagte: „Ich wünsche mir, dass in den Schulen, in den Jugendclubs und Sportvereinen schon über Politik diskutiert wird. Dafür ist die Absenkung des Wahlalters ein starkes Signal.“

Auch in Brandenburg dürfen 16-Jährige wählen

Berlin wäre das sechste Bundesland, welches das Wahlalter bei Landtagswahlen auf 16 absenkt. Zuletzt fasste Baden-Württemberg unter Beteiligung der CDU Anfang April einen entsprechenden Beschluss. Schon mit 16 Jahren abstimmen dürfen Bürger:innen ansonsten in Brandenburg, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein.

In Hessen gab es 1998 kurzzeitig das Wahlrecht ab 16. Die Änderung wurde ein Jahr darauf durch die Regierung unter Roland Koch (CDU) wieder rückgängig gemacht.

Die nächsten Abgeordnetenhauswahlen in Berlin sind im Jahr 2026. Allerdings würde die Absenkung des Wahlalters auch für Volksentscheide gelten. Hier könnte etwa mit „Berlin autofrei“ schon im kommenden Jahr eine Abstimmung anstehen.

Ebenfalls möglich ist, dass es durch die Überprüfung der pannenreichen Abgeordnetenhauswahlen im vergangenen Herbst zumindest in einigen Stimmbezirken zu Neuwahlen kommt. Ob die Absenkung des Wahlalters dafür gelten würde, ist bisher unklar.

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