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Die kulinarische Oberaufsicht liegt beim katalanischen Zwei-Sterne-Koch Paco Perez, der mit der Gründung von Ablegern bislang sehr zurückhaltend war. Die erste Karte seines kleinen Gourmetrestaurants „Cinco“ zeigt eine moderne Handschrift mit Schwerpunkt bei Fisch und Meeresfrüchten und bietet ein Menü mit 25 kleinen Gängen für 140 Euro; im großen Restaurant geht es beiläufiger und preisgünstiger zu, aber ebenfalls spanisch inspiriert.

© Mike Wolff

Das neue Designhotel "Das Stue": Mit Strauß und Giraffe

Das neue Hotel „Das Stue“ am Zoo will mit Design anspruchsvolle Individualreisende ansprechen. Ein Sternekoch überwacht das Essen aus Spanien und schaut per Kamera in die Töpfe.

Der Name „Hotel am Zoo“ ist schon lange vergeben. Dabei würde er auf kein Haus so gut passen wie auf das neue Hotel mit dem seltsamen Namen „Das Stue“, das direkt am Zaun liegt. Wer in der Bar sitzt, der kann über seinen Gin Tonic hinweg hinter der großen Scheibe Strauße aufgeregt im Gehege herumlaufen sehen und elegante Antilopen bewundern. Gleich vorn in der Halle öffnet ein aus Bronze gegossener Krokodilkopf aggressiv seinen Rachen, die Designerin Patricia Urquiola hat überall im Haus lederbezogene Schildkröten und Minihippos aufgestellt, und eine Giraffe aus gelbem Maschendraht wacht über die Lounge – echt eigen.

Das Luxushotel schiebt sich dieser Tage nach und nach in den Markt. Untergebracht in der ehemaligen dänischen Botschaft – welche nun wenige hundert Meter weiter ein Gemeinschaftskomplex der nordischen Botschaften am Tiergartenrand beherbergt – ist es ein Unikum in der Berliner Szene. Mit nur 80 Zimmern und 85 Mitarbeitern ist es eher klein und damit das, was international als „Boutique-Hotel“ bezeichnet wird, in der deutschen Hauptstadt aber auf Fünf-Sterne-Ebene bislang kaum existiert. Es hat als Ziel für anspruchsvolle Individualreisende eine Marktlücke besetzt und wird von den drei Investorenfamilien aus Spanien, Andorra und Panama persönlich geführt. Folglich gehört es auch keiner Kette an, sondern hat sich lediglich der Marketingkooperation „Design Hotels“ angeschlossen.

Auch der Gesamteindruck mitsamt kulinarischem Profil deutet auf Spanien, wenn auch der Name (gesprochen „Schtuhe“) auf Dänisch „Wohnzimmer“bedeutet – eine Reverenz an die Geschichte des Gebäudes, auf die sich auch die typisch skandinavischen Sessel in Zimmern und Gemeinschaftsräumen beziehen. Der Botschaftsbau, 1938 bis 1940 vom KaDeWe-Architekten Emil Schaudt errichtet, hat sich dem neuen architektonischen Zugriff lange spröde verweigert. Schon Ende 2010 sollte es fertig sein, doch nach Baubeginn 2009 zogen sich die Arbeiten zäh dahin, der Denkmalschutz bereitete große Probleme, die gesamte Innenarchitektur wurde noch einmal neu konzipiert. Und auch heute, nach der beiläufigen Eröffnung Anfang Dezember, ist der Kontrast zwischen der steifen, einschüchternd staatstragenden Fassade und der gedämpft heiteren, gelegentlich verspielten Einrichtung verblüffend, aber eben auch verblüffend gut überbrückt.

Kaum ein Zimmer gleicht dem anderen. 24 verschiedene Grundrisse hat Direktor Jean-Paul Dantil gezählt, und dabei geht es nicht nur um Nuancen. Unten im Hochparterre, wo der Botschafter einst hätte residieren sollen, sind ein paar ungewöhnlich hohe, würfelförmige Zimmer mit riesigen Fenstern entstanden, unter dem Dach musste dagegen eine völlig andere Lösung mit Oberlichtern gefunden werden.

Überall, wo es möglich war, wurden frei stehende Badewannen eingebaut, aber auch die Duschen sind großzügig dimensioniert. Dunkle Stoffe, Holz und Kupfer dominieren, aber helle Farbakzente lassen die Szenerie leicht wirken, die Strenge der Parkettböden wird durch dicke Teppiche gemildert. Ein wichtiger Blickfang ist das historische Treppenhaus auf der Zooseite, auf dessen Absätzen zwei kleine offene Bibliotheken eingerichtet wurden.

Die kulinarische Oberaufsicht liegt beim katalanischen Zwei-Sterne-Koch Paco Perez, der mit der Gründung von Ablegern bislang sehr zurückhaltend war. Die erste Karte seines kleinen Gourmetrestaurants „Cinco“ zeigt eine moderne Handschrift mit Schwerpunkt bei Fisch und Meeresfrüchten und bietet ein Menü mit 25 kleinen Gängen für 140 Euro; im großen Restaurant geht es beiläufiger und preisgünstiger zu, aber ebenfalls spanisch inspiriert. Perez leitet aus der Ferne, kann seinen Leuten aber jederzeit per Videokamera in die Töpfe gucken. Auch das Frühstück beruht auf seinen Ideen. Nur die Bar wird mit Berliner Know-how geführt, und zwar unter Aufsicht von Till Harter („Bar Tausend“).

Jean-Paul Dantil, der in der Schweiz gelernt hat und zuletzt auf Mallorca tätig war, ist mit der Buchungslage recht zufrieden. Vor allem will er die zum Niveau des Hauses gehörenden Zimmerpreise entschlossen verteidigen. „Ich gehe nicht unter 180 Euro fürs Standardzimmer“ sagt er mit einem Nachdruck, der an das Krokodil im Eingang erinnert. Mal sehen, ob die Berliner Marktrealität ihm gehorcht.

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