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Raed Saleh, SPD-Landesvorsitzender, und Franziska Giffey (SPD), Spitzenkandidatin der SPD für die Wahl zum Abgeordnetenhaus Berlin, präsentieren bei einer Wahlkampfveranstaltung im fünfzehnten Stock eines Gebäudes am Alexanderplatz das Zukunftsprogramm «Neustart Berlin».

© Jörg Carstensen/dpa

„Das ist kein Gießkannenprogramm“: Berliner SPD will eine Milliarde für Gastgewerbe, Messe und Kultur ausgeben

Franziska Giffey und Raed Saleh präsentieren ein „Neustart-Programm“ für besonders leidende Branchen. Die grüne Wirtschaftssenatorin kritisiert die Pläne.

Die Berliner SPD möchte die in der Pandemie besonders leidenden Branchen mit bis zu einer Milliarde Euro unterstützen. SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey und Fraktionschef Raed Saleh stellten ihr „Zukunftsprogramm Neustart Berlin“ am Dienstag im Berliner „Weekend“-Club am Alexanderplatz vor.

Zwischen 2022 und 2025 soll davon das Hotel- und Gastgewerbe, die Veranstaltungswirtschaft, der Einzelhandel und die Kulturbranche profitieren. „Das ist kein Gießkannenprogramm“, sagte Giffey. „Wir wollen das auf die vier am stärksten betroffenen Branchen aufteilen.“ Wie genau das Geld verteilt werde, sei aber noch unklar, sagte Giffey.

Die Botschaft: „Wenn sich der Bund nicht mehr beteiligt, springt Berlin ein“, sagte Saleh: „Dafür nehmen wir notfalls viel Geld in die Hand.“ Das Geld dafür soll vor allem aus der Corona-Reserve des Senats kommen.

Mit dem Geld will die SPD ab dem kommenden Jahr für die Zeit nach dem Auslaufen der aktuellen Hilfsprogramme vorsorgen. So soll der Personalabwanderung im Gastgewerbe durch einen „Hoga-Campus“ für Ausbildung entgegengewirkt werden, der gemeinsam mit dem Berliner Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) entwickelt wurde.

Allein die Hotelbranche habe bis zu 15 Prozent Personal in der Pandemie verloren, sagte Dehoga-Chef Christian Andresen bei der Vorstellung des Programms. Sein Traumort für den Campus: der ehemalige Flughafen Tegel, die neue Urban Tech Republic.

Mehr Langstreckenverbindungen zu BER sollen Tourismus ankurbeln

Auch die Überbrückungshilfen des Bundes sollen notfalls mit Landesmitteln verlängert werden, sagte Giffey, das wäre wohl der größte Haushaltsposten. Außerdem sollen Gastronomen und Händlern die Sondernutzungsgebühren für Straßenland auch in den kommenden zwei Jahren erlassen werden.

Gezielt will die SPD außerdem um internationale Touristen werben, Kongresse sollen nach Berlin gelockt werden – dazu sollen am BER mehr Langstreckenverbindungen eingerichtet werden. Und auch die Anbindung der U7 an den BER ist laut Giffey Teil des Milliardenprogramms.

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Den Einzelhandel, der in der Pandemie unter Test-Pflichten und Online-Boom leidet, will die SPD ebenfalls stärker unterstützen. Durch die Entwicklung von „Einkaufstraßen-AGs“ sollen Geschäftsstraßen wiederbelebt werden, mit Kiezbudgets soll deren Attraktivität gesteigert werden. Zur Förderung der Kultur hat sich die SPD einen Kulturgutschein für Sechszehn- bis Einundzwanzigjährige überlegt.

Mit einem 100-Euro-Gutschein sollen junge Menschen für Theater, Museen oder Clubs begeistert werden. „Das ist ein Dankeschön an die jungen Leute, die stark gelitten haben in der Pandemie“, sagte Giffey.

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Beim grünen Koalitionspartner kamen die Vorschläge am Dienstag schlecht an. Es gebe längst ein fast gleichnamiges Neustart-Programm, hieß es aus der Partei. Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) veröffentlichte just am selben Tag neue Zahlen dazu: Acht Millionen Euro wurden demnach bereits an Soloselbstständige ausgezahlt und die gleiche Summe an Kleinstunternehmen.

Wirtschaftssenatorin Pop kritisiert SPD-Vorstoß

Auch eine Unterstützung der Messe-Branche gebe es bereits seit April 2021, hieß es. Zehn Millionen Euro liegen in diesem Kongress-Fonds. Als echte Neuerung erkannten die Grünen nur die Kulturgutscheine für Jugendliche an. Pop bezeichnete diese in der „Berliner Morgenpost“ als „Wenn-mir-nichts-mehr-einfällt-Gutscheine“.

Auf Nachfrage sagte die Wirtschaftssenatorin dem Tagesspiegel: „Berlins Branchen, die besonders hart von der Pandemie getroffen wurden, unterstützen wir bereits seit Beginn der Krise mit einer Vielzahl von Förderprogrammen. Manche in der SPD scheinen die gute Arbeit der eigenen Koalition nicht zu kennen.“ Der Chef der Dehoga, den die SPD zur Vorstellung ihres Programms eingeladen hatte, lobte dagegen den Vorstoß.

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