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Die Alte im Zentrum. Straßenbahnidyll in den Gassen von Brandenburg an der Havel. Die Stadt braucht zwölf neue Züge.

© Kitty Kleist-Heinrich

Brandenburg: Der 120-Millionen-Euro-Auftrag für neue Straßenbahnen

Drei Städte wollen durch die Bestellung einheitlicher Straßenbahnen Geld sparen. Es geht um 45 Züge für Cottbus, Frankfurt (Oder), Brandenburg/Havel

Not macht bekanntlich erfinderisch. Auch die Finanznot. Um Geld zu sparen, haben die drei Städte Brandenburg/Havel, Cottbus und Frankfurt (Oder) jetzt einen ungewöhnlichen Weg eingeschlagen: Sie wollen gemeinsam neue Straßenbahnen eines einheitlichen Typs beschaffen. Durch die Großbestellung erhoffen sie sich einen billigeren Serienbau.

Bis zu 45 Bahnen, die mehr als 120 Millionen Euro kosten werden, wollen die drei kreisfreien Städte bestellen. Damit wird auch der Weiterbestand des umweltfreundlichen Straßenbahnbetriebs gesichert. Und die neuen Fahrzeuge können die noch nicht barrierefreien Bahnen ersetzen.

Noch reicht das Geld aber nicht für einen Großauftrag. Brandenburg/Havel braucht zwölf neue Fahrzeuge, um die Tatra-Bahnen aus DDR-Zeiten abzulösen. Diese sind fast 40 Jahre alt und, wie die Verkehrsbetriebe mitteilten, „technisch erschöpft“.Wirtschaftlich könnten sie nicht weiter betrieben werden.

Ähnlich ist die Lage in den beiden anderen Kommunen: Cottbus fährt mit 21 Tatra-Bahnen, die zum Teil allerdings jüngst so aufgemöbelt worden sind, dass sie als „Langläufer“ noch mehrere Jahre durchhalten können. Für neue Bahnen hat bisher das Geld gefehlt. In Frankfurt (Oder) sind noch 18 Tatra-Bahnen unterwegs, die von CKD in Prag auch für die Städte in der DDR gebaut worden waren.

Fördersumme sei ein "Tropfen auf den heißen Stein"

Das Land unterstützt den Kauf neuer Bahnen und Busse bis 2022 mit insgesamt 48 Millionen Euro. Die Städte und die Verkehrsbetriebe vertrauen nach Angaben des Betriebs in Brandenburg/Havel darauf, dass die Landesregierung dieses Förderprogramm bis 2030 verlängern wird. Das Land würde dann voraussichtlich etwa die Hälfte der Anschaffungskosten tragen.

Für den Deutschen Bahnkunden-Verband ist die bisherige Fördersumme nur ein „Tropfen auf den heißen Stein“. Mit dem Geld sei nur der Beginn des Kaufs neuer Bahnen möglich; es bestehe aber weiterer Bedarf. Die Grünen im Landtag fordern, die Fördersumme zu verdoppeln. Sie solle zudem nach 2022 fortgeschrieben werden, sagte der verkehrspolitische Sprecher der Fraktion, Michael Jungclaus.

In Brandenburg/Havel hofft man, die ersten der neuen Bahnen 2024 in Betrieb nehmen zu können. Weil die Finanzierung nur bis 2022 gesichert ist, wollen die Verkehrsbetriebe in der gemeinsamen Ausschreibung mit den beiden anderen Städten zunächst aber nur vier Bahnen fest bestellen, für acht weitere ist eine unverbindliche Option vorgesehen. Dadurch steigt der Stückpreis pro Fahrzeug wieder, weil der Hersteller nicht von Anfang an mit der Großserie kalkulieren kann. Aber günstiger als eine Alleinbestellung bleibt es trotzdem.

Partnerschaft mit Zukunft

Auch nach dem Kauf des einheitlichen Straßenbahntyps erhoffen sich die Verkehrsbetriebe weitere Einsparungen – durch eine enge fachliche Zusammenarbeit und durch geringere Betriebskosten, die es unter anderem durch eine gemeinsame Ersatzteillagerung geben kann.

In der Vergangenheit stand der Straßenbahn-Betrieb in den Städten wegen der Finanznot schon mehrfach vor dem Aus. Mit der gemeinsamen Bestellung gebe es jetzt wieder eine Zukunft weit über 2050 hinaus, freuen sich die Verkehrsbetriebe in Brandenburg/Havel.

Mit den neuen Bahnen können die Städte auch eine Forderung des Personenbeförderungsgesetzes erfüllen, das als Ziel vorgibt, bis Anfang 2022 eine vollständige Barrierefreiheit im Nahverkehr zu erreichen. Mit den alten Tatra-Bahnen ist das nicht möglich, weil sie Stufen haben. Teilweise haben die Betriebe das Problem durch den Einbau eines Mittelteils mit fast stufenlosem Einstieg gelöst. Cottbus war auf diese Weise die erste Stadt in Deutschland, in der bei allen Fahrten ein barrierefreier Zugang möglich war.

Die Barrierefreiheit ist aber nicht zwingend vorgeschrieben. Das Gesetz lässt Ausnahmen zu, wenn sie konkret benannt und begründet werden. Dies könnte auch kleinen Betrieben wie der Schöneicher-Rüdersdorfer und der Woltersdorfer Straßenbahn helfen, die auf ihren Strecken östlich von Berlin, die bis in die Stadt führen, noch Oldtimer einsetzen und kaum in der Lage sind, neue Bahnen anzuschaffen. Oder auch sie finden eine pfiffige Lösung.

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