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Wer darf bleiben? Wer muss in Quarantäne? Darum streiten Amtsärzte und Senat.

© Sebastian Gollnow /dpa

Coronavirus bei Kindern und Jugendlichen: Wann fällt die Maskenpflicht für Berliner Schüler?

Diese Frage beschäftigt viele Eltern. Impffortschritt und die Anschaffung weiterer Luftfilter machen ihnen Hoffnung – doch sicher ist bisher nichts.

Für viele Kinder ist sie derzeit das lästigste Utensil, das dennoch ziemlich brav und ohne Widerrede getragen wird – die Maske. Vergangene Woche hat der Senat die Maskenpflicht für alle Berliner Schüler und Schülerinnen bis mindestens 5. September verlängert. In der Praxis bedeutet das, dass Kinder und Jugendliche – je nach Schulform und Betreuungsart – bis zu acht Stunden täglich einen medizinischen Mund- und Nasenschutz tragen müssen. Ausgenommen sind Trink- und Essenspausen, Sport und Aufenthalte im Freien.

Wie so oft ist die Elternschaft beim Blick auf die Corona-Regeln gespalten. Die einen erhoffen sich durch die Maßnahmenverlängerung mehr Sicherheit für ihre noch ungeimpften Kinder. Andere Eltern seien erbost und würden die Regel gar als „Körperverletzung“ bezeichnen, so ist es aus Kreisen der Bildungsverwaltung und von Schulleitungen zu hören. Briefe, Anrufe und Beschwerden seien schon lange an der Tagesordnung.

„Dass es Brandenburg nun wieder anders macht als Berlin, hat die Diskussion in der Elternschaft erneut angeheizt“, sagt Astrid-Sabine Busse vom Interessenverband Berliner Schulleitungen.

Eigentlich war geplant, die Maskenpflicht als Vorsichtsmaßnahme für die ersten zwei Wochen nach Ferienende beizubehalten, um infizierte Reiserückkehrer rauszufiltern. Doch mit steigenden Infektionszahlen bei den Jüngeren entschied der Hygienebeirat der Senatsbildungsverwaltung, die Maßnahme zu verlängern – obwohl Brandenburg sie zeitgleich für die Grundschulen abgeschafft hat. Im Beirat sitzen unter anderem Amtsärzte, Mediziner der Charité, Elternvertreter und Schulleitungen.

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Viele Eltern und Lehrer fragen sich jetzt, wie beunruhigend die Lage tatsächlich ist. Eine Inzidenz von 219 bei den Zehn- bis 14-Jährigen klingt hoch, selbst wenn 82 geschlossene Lerngruppen und 733 infizierte Schüler bei rund 700 Schulen und rund 350 000 Schülerinnen und Schülern nicht besonders viel sind.
„Die hohen Inzidenzen überraschen uns nicht. Wer viel testet, findet auch viel“, sagt der Sprecher der Berliner Kinderärzte, Jakob Maske, dessen Verbandskollege Mitglied im Hygienebeirat ist. Der Kinderarzt hofft, dass die Beschränkungen für den Schulalltag demnächst ein Ende haben werden. „Ziel ist es, bald von den Masken wegzukommen, um die Kinder zu entlasten“, sagt er. Das wolle der Hygienebeirat auch zeitnah diskutieren.

Wie viele Infektionen können die Schulen zulassen?

Entscheidend ist, wie viele Infektionen von Wissenschaftlern als vertretbar angesehen werden. „Darauf haben die Fachgesellschaften wie die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin noch keine eindeutige Antwort“, sagt Maske. Ginge man nach dem Virologen Christian Drosten, werde sich ohnehin jedes ungeimpfte Kind früher oder später infizieren. Die Frage nach dem Tempo und ob man Infektionen bei den Kindern überhaupt verhindern könne, müsse ausdiskutiert werden, sagt Maske.

Wichtig ist für den Kinderarzt, dass Schülerinnen und Schüler wieder einen ganz normalen Alltag mit AGs, Klassenfahrten und sonstigen Aktivitäten haben können. Das ist auch der Wunsch von Schulleiterin Astrid-Sabine Busse. An ihrer Schule an der Köllnischen Heide in Neukölln dürfen sich die Kinder zur Sicherheit – wie auch an anderen Grundschulen – im Freizeitbereich noch nicht klassenübergreifend vermischen. „Es ist aber pädagogisch und emotional wichtig, dass wir das hoffentlich bald aufheben können“, sagt Busse.

Da es an ihrer Schule seit Ferienende auch noch keinen Corona-Fall gegeben habe, sehe es sehr gut dafür aus. 96 Prozent des Lehrpersonals sei zudem geimpft.

Das Gesundheitsamt entscheidet über Wechselunterricht

Laut Musterhygieneplan des Senats ist in der grünen Stufe, in der sich alle Berliner Schulen momentan befinden, abseits vom normalen Unterricht auch alles Weitere – von Chorsingen bis Klassenfahrten – möglich. Rutscht eine Schule jedoch in die gelbe Stufe, wird wieder Wechselunterricht eingeführt, bei rot Online-Unterricht. „Ab wann eine Schule in die gelbe Stufe fällt, entscheidet das Gesundheitsamt für jede Schule einzeln“, sagt der Pressesprecher der Bildungsverwaltung, Martin Klesmann.

Dabei gehe es um verschiedene Aspekte wie Infektionszahlen, Lüftungsmöglichkeiten oder die Impfrate. Abgesehen davon seien jetzt für alle Klassen Luftfilter bestellt. 8000 seien bereits verfügbar, 3000 müssten noch ausgeliefert werden. Für den Herbst sieht es sehr gut aus. Der Bund hat am Montag mitgeteilt, dass er die Länder bei der Anschaffung der Geräte mit 200 Millionen Euro unterstützt. Die Filter sollen das normale Lüften aber nicht ersetzen.

Für Jugendliche ab zwölf Jahren könnte sich durch die Empfehlung der Ständigen Impfkommission ohnehin vieles ändern. „Sofern sie es wollen, werden wir die 180.000 Jugendlichen bald durchgeimpft haben“, sagt Kinderarzt Maske. 25 Prozent seien schon geimpft. Auch unter den Eltern sei die Bereitschaft, sich selbst impfen zu lassen laut Erfahrung des Arztes ziemlich hoch. Dem widerspricht Schulleiterin Astrid-Sabine Busse, in deren Neuköllner Brennpunktkiez es unter der Elternschaft ziemlich viele Impfmuffel gebe.

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