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Der Berliner Mauerpark in besseren Zeiten.

© Daniel Reinhardt/dpa

Corona-Shutdown in Berlin: Die Illusion, dass in vier Wochen schon wieder alles vorbei ist

Die Coronavirus-Maßnahmen der Hauptstadt sind zunächst auf viereinhalb Wochen begrenzt. Manche planen danach schon die große Sause. Eine Glosse. 

Der 20. April wird ein Montag sein. Nach derzeitigem Stand soll dann alles wieder öffnen: die Kneipen und Kinos, die Schwimmbäder und Schulen, denn die Verordnung des Senats endet ja am Sonntag, den 19., zeitgleich mit den Osterferien – und es gibt einige, die tatsächlich glauben, dass die Berliner dann in ihr altes Leben zurückkehren könnten. 

Zum Beispiel die Einstürzenden Neubauten: Am 20. April möchte die Band live im Konzerthaus am Gendarmenmarkt auftreten, ihr Veranstalter hat dafür am Mittwoch noch einmal Werbung verschickt. 

Das Konzert soll Auftakt einer Welttournee sein, die Musiker um Blixa Bargeld wollen in Berlin exklusiv ihr neues Album „Alles in Allem“ vorstellen, das erste seit zwölf Jahren, das muss gefeiert werden ...

In Wahrheit gibt es kein realistisches Szenario, nach dem es vertretbar wäre, am 20. April wieder ein Konzert zu besuchen. Selbst wenn es gelänge, die Infektionsraten bis dahin deutlich zu senken, würde man das Erreichte nicht durch neue Großveranstaltungen gefährden wollen. 

Bald wieder ins Sportstudio?

Ein Freund sagt, es lohne sich nicht, jetzt sein Abo fürs Fitnessstudio zu kündigen, im April öffne es doch eh wieder. Eine Bekannte fragt, ob es für eine durchschnittlich Begabte wohl möglich sei, in den verbleibenden viereinhalb Wochen eine neue Sprache zu erlernen?

Es scheint, als sei das vom Senat gewählte Datum für manche eine willkommene Fata Morgana: etwas, von dem man ahnt, dass dann nicht alles wieder gut ist, das aber kurzfristig doch hilft, sich selbst zu motivieren und durchzuhalten. Das bisschen Selbstbetrug, das wir jetzt nötig haben.

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Dabei ist ausgerechnet der 20. April eigentlich von jeher ein unumstrittener Dreckstag. Hitler wurde geboren, der Amoklauf an der Columbine High School geschah, die Ölplattform Deepwater Horizon explodierte im Golf von Mexiko, die erste Ausgabe der Hetzschrift „Der Stürmer“ erschien... Das einzig Gute, das jemals an einem 20. April passierte, war 1964 die Produktion des ersten Glases Nutella. 

Seit einiger Zeit gilt der Tag übrigens auch als „internationaler Kiffertag“. Anders als in den Vorjahren ruft der Deutsche Hanfverband diesmal jedoch nicht zum Gruppenkiffen im Görlitzer Park auf. Die Gesundheit gehe schließlich vor, ein Smoke-Inn am 20. April wäre unverantwortlich, erklärt ein Sprecher.

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