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Die Tempohomes stehen teilweise leer, könnten aber reaktiviert werden.

© Kai-Uwe Heinrich

Exklusiv

Containerdörfer in Berlin: Senat will Tempohomes weiterbetreiben

Der Senat will die Tempohomes für drei Jahre weiter nutzen. Das erste Containerdorf wurde schon entfristet.

Der Senat will möglichst alle 13 Containerdörfer für Flüchtlinge für drei Jahre weiterbetreiben. Das geht aus einer internen Mail der Obersten Bauaufsicht hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt. „Die Berliner Immobilienmanagement GmbH stellte für alle Tempohomes, die vor drei Jahren genehmigt wurden, Anträge für Betrieb dieser Anlagen für weitere drei Jahre.“

Der Antrag für den Weiterbetrieb des umstrittenen Containerdorfs in Altglienicke wurde demnach bereits am 19. Dezember genehmigt, damit können die Container bis zum 16. Dezember 2022 weiter genutzt werden, allerdings nur mit einer Belegung von maximal 252 Flüchtlingen, 50 Prozent der maximalen Kapazität.

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen konnte den Vorgang auf Anfrage am Sonntag nicht bestätigen. Gerüchte über den Weiterbetrieb kursierten in Altglienicke schon länger, weil die Betriebsgenehmigung nach Einschätzung von Beobachtern schon im August ausgelaufen ist.

Die Senatsverwaltung für Integration erklärte am Freitag auf die konkrete Anfrage, ob das Tempohome Altglienicke verlängert worden sei, die „Gespräche“ dazu stünden „kurz vor dem Abschluss“. Offenbar sollte die Verlängerung noch nicht bekannt gegeben werden, auch der Bezirk wusste bislang nichts davon, wie Treptow-Köpenicks Bürgermeister Oliver Igel (SPD) auf Nachfrage erklärte.

Er hatte sich gegen eine Verlängerung ausgesprochen, weil den Anwohnern 2016 versprochen worden war, nach drei Jahren werde die Unterkunft geschlossen. Mit diesem Argument hatte auch das Verwaltungsgericht eine Klage von Anwohnern gegen das Containerdorf abgewiesen. Eine Verlängerung des Tempohomes wäre „politisch unklug“, sagte Igel.

„Da muss man sich über Politikverdrossenheit nicht wundern“

Auch die CDU-Abgeordnete für Altglienicke, Katrin Vogel, findet die Entscheidung falsch. „Da muss man sich über Politikverdrossenheit nicht wundern.“ 2016 gab es mehrere Demonstrationen gegen das Tempohome, an denen auch Vogel teilnahm. Eine Bürgerinitiative argumentierte, das Flüchtlingsheim passe nicht in ein Wohngebiet mit Einfamilienhäusern am Rande der Stadt.

Zudem würden im Umfeld zu viele Flüchtlingsunterkünfte geplant. Viele Bewohner wählen seitdem aus Protest die AfD. In Teilen von Altglienicke holte die Partei bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus 2016 mehr als 30 Prozent und eines ihrer fünf Direktmandate.

Senat hat erhebliche Probleme bei der Unterbringung

Trotz des Rückgangs der Flüchtlingszahlen hat der Senat erheblich Probleme, Asylbewerber und anerkannte Flüchtlinge unterzubringen. Der Neubau von Modularen Unterkünften (MUF) verzögert sich an vielen Standorten, außerdem gibt es nicht genügend bezahlbare Wohnungen. Die Tempohomes waren ursprünglich als Überbrückungslösung vorgesehen, bis genügend MUFs gebaut sind.

Geplant waren 30 Containerdörfer, gebaut wurden schließlich nur 17 mit Platz für 5300 Menschen. Von den 17 sind die ersten vier bereits wieder geschlossen, darunter das größte Containerdorf mit Platz für 1000 Menschen auf dem Tempelhofer Feld.

Dort mussten die Geflüchteten schon nach zwei Jahren wieder ausziehen, weil der Senat sich selbst eine Frist bis Ende 2019 gesetzt hatte. Ökonomisch betrachtet, war das Tempohome auf dem Feld ein Desaster, die Baukosten lagen mit 18 Millionen Euro exorbitant hoch.

Was passiert mit den verbleibenden Containerdörfern?

Der Senat möchte in den verbleibenden Containerdörfern gerne Studenten oder Wohnungslose unterbringen, wobei unklar ist, ob das rechtlich zulässig ist. Viele Tempohomes wurden per Sonderbaurecht genehmigt, das zum 31. Dezember 2019 ausgelaufen ist. Wahrscheinlich können viele der insgesamt 5600 Wohncontainer nur als Not-Kantine oder Lagerfläche nachgenutzt werden. Als Unterrichtsräume an Schulen sind die Container zu niedrig. Die meisten der ausrangierten Container werden wohl erstmal zwischengelagert.

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