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Geschichte. Die Conrad-Filiale in Schöneberg ist bereits geschlossen.

© imago/Joko

„Conrad Elektronik“ schließt Berliner Filialen: Der Niedergang der Bastlerrepublik

Conrad macht fast alle Läden dicht und konzentriert sich auf das Firmengeschäft. Ein trauriger, bitterer Tag für Techies, findet unser Autor.

Ich bekenne: Auch ich habe den Markt versaut. Statt „Conrad Elektronik“ die Treue zu halten, flirtete ich mit Amazon auf der Jagd nach elektronischen Bauteilen und spürte auf chinesischen Websites Alibaba auf. Auch bei Ebay griff ich zu, zu Dumpingpreisen, was die Dealer aus Fernost gleich bestraften – mit endlosen Lieferzeiten. Aber billig!

Den großen Conrad-Markt in Schöneberg steuerte ich trotzdem regelmäßig an, um zu stöbern, oder dann, wenn ich die Diode unverzüglich brauchte, sofort!

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Gewiss, hinter dem Tresen stand auch mal ein Schlaumeier, der Freude daran fand, den zurechtzuweisen, der nicht den Fachbegriff des gesuchten Bauteils kannte. Aber es gab auch den Berater, der meiner Tochter und mir Spannung, Reihenfolge und Lötpunkte für die Dioden auf einer Leuchtkette erklärte, mit denen wir eine Krippe ausstatten wollten. Vielleicht sollten wir dieses unvollendete Projekt fertigstellen, gerade jetzt, „in memoriam“ Conrad.

Denn mit Conrad ist es vorbei. Nicht nur in Schöneberg, wo ich neulich vor leeren Läden stand. Conrad macht alle Filialen dicht, bis auf eine in Bayern. Der Kreuzberger Standort soll spätestens im November schließen. Man konzentriere sich auf das Firmengeschäft, hieß es. Online können Privatkunden unterdessen weiter dort einkaufen.

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Für uns markiert dieser Tag den Niedergang der Bastlerrepublik, des Fundaments deutscher Ingenieurleistungen der Spitzenklasse. Denn zu Grabe getragen ist längst auch „Atzert Elektronik“, der erst in Kreuzberg und später neben dem Conrad an der Urania seine Wunderwelt an Kabeln, Schaltern, Steckdosen und -verbindungen feilbot, ebenso wie Taschenlampen, Bildschirme, Computer, Akkus und Batterien – oft von namenlosen Herstellern.

Es ist ein trauriger, ein bitterer Tag für Techies.

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