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Auch die CDU- und AfD-Wähler stehen einem „Mietendeckel“ mehrheitlich positiv gegenüber.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Exklusiv

Civey-Umfrage: Auch CDU- und AfD-Wähler für einen Mietenstopp in Berlin

Eine Zweidrittelmehrheit der Berliner findet den SPD-Vorschlag, die Mieten in bestimmten Stadtregionen mindestens fünf Jahre zu deckeln, gut.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Der Vorschlag der SPD, die Mieten in Berlin in Stadtregionen mit besonders starkem Preisanstieg mindestens fünf Jahre einzufrieren, stößt in Berlin auf große Zustimmung. Nicht nur die Anhänger von Rot-Rot-Grün, sondern auch die Wähler der CDU und der AfD stehen einem „Mietendeckel“ mehrheitlich positiv gegenüber. Von den Sympathisanten der Union sind 53,4 Prozent dafür, von den Anhängern der AfD 56,2 Prozent.

Das ergab eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag des Tagesspiegels. Die Daten wurden zwischen dem 25. Januar und 11. Februar erhoben. Die größte Zustimmung für einen Mietenstopp gibt es bei den Wählern der Linken (92,7 Prozent), der SPD (89,2 Prozent) und der Grünen (81,9 Prozent). Nur eine Mehrheit der FDP-Anhänger (59,2 Prozent) halten nichts von dem Vorschlag.

Haus- und Grundbesitzer lehnen Mietendeckel ab

Die Idee wird seit einem Monat nicht nur in Berlin strittig diskutiert. Rechtliche Grundlage war ein Fachaufsatz in der renommierten Juristen-Zeitung vom November 2018. Dieser wurde zwei Monate später von der SPD-Bundestagsabgeordneten Eva Högl und dem Vize-Landeschef der Sozialdemokraten, Julian Zado, politisch aufgegriffen. Es geht um den Versuch, auf Landesebene den Mietpreis in bestimmten Regionen Berlins (mit Ausnahme des Neubaus) öffentlich-rechtlich zu regeln. Grundlage dafür wäre das „Recht des Wohnungswesens“, das 2006 im Zuge der Föderalismusreform vom Bund auf die Länder überging.

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Ob die Bundesländer tatsächlich eine solche Regelungsbefugnis haben, wird zurzeit von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung im Auftrag des Senats unter Einbeziehung externer Gutachter geprüft. Bis Ende Februar solle die Prüfung abgeschlossen sein, teilte die Behörde dem Tagesspiegel mit. Auch der Berliner Mieterverein hat eigene Juristen in Bewegung gesetzt. Ebenso die Berliner Immobilienwirtschaft. Der Bund der Berliner Haus- und Grundbesitzer lehnt einen Mietendeckel aus verfassungsrechtlichen Gründen ab, weil der Bund für das Mietrecht zuständig sei, und hält einen Mietenstopp für investitionshemmend.

Zu den Gegnern eines Berliner Mietendeckels gehört auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Kai Wegner, der sich durch ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags in seinem Auftrag bestätigt sieht. Die Idee solle beerdigt werden, so Wegner. Die beste Mietenbremse sei der Neubau. Ähnlich argumentiert der FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja. Nur mit einer massiven Neubauoffensive und einem „Mieten-Tüv“, den Czaja nicht näher beschreibt, seien die Mietenprobleme in der Hauptstadt in den Griff zu kriegen.

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Viele Berliner sind offenbar anderer Meinung. Über alle Parteigrenzen hinweg bewerten laut Civey-Umfrage 69,4 Prozent der Bürger den Vorschlag aus den Reihen der Sozialdemokraten positiv. 20,1 Prozent sind dagegen und 10,5 Prozent der Befragten können sich nicht entscheiden. Deutlich wird in der Umfrage auch, dass in Kiezen mit hoher und sehr hoher Bevölkerungsdichte der befristete Mietenstopp mit deutlich über 70 Prozent auf besonders große Zustimmung trifft. Gleiches gilt für Stadtregionen mit niedriger oder sehr niedriger Kaufkraft. Laut Umfrage sind es besonders Studierende, Rentner und Arbeitslose, also Menschen mit schmalerem Geldbeutel, die eine gedeckelte Miete befürworten.

Größere Unterschiede zwischen dem Ost- und Westteil Berlins gibt es nicht, auch ist das Bedürfnis nach einer öffentlichen Kontrolle der Mietpreise altersübergreifend groß. Männer und Frauen, Haushalte mit und ohne Kinder begrüßen das Vorhaben gleichermaßen. Inzwischen interessieren sich auch die eher links und sozial gestrickten Parteien in Hamburg und Thüringen für das Projekt, auch wenn es aus verfassungsrechtlichen Gründen noch auf sehr wackeligen Füßen steht. In Berlin sind SPD, Linke und Grüne sehr dafür, einen juristisch gangbaren Weg für eine öffentliche Mietenkontrolle auf Landesebene zu finden.

Von den sozialdemokratischen Urhebern der Idee wird in diesem Zusammenhang auf die Sozialbindung des Eigentums hingewiesen, die durch die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts „in besonderer Weise vorgeprägt“ sei. Die Miete sei nun mal keine grundrechtlich geschützte Spekulationsrendite. Sollte sich Rot-Rot-Grün zu einem befristeten Mietenstopp durch ein Landesgesetz entschließen, ist ohnehin damit zu rechnen, dass betroffene Eigentümer unverzüglich den Rechtsweg beschreiten und am Ende die obersten Instanzen in Deutschland – Bundesverwaltungs- und Bundesverfassungsgericht – das letzte Wort haben werden.

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