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Sicher ist sicher. Ehrenamtliche Helfer der Berliner Tafel in einer Halle des Berliner Großmarkts.

© imago images/snapshot/F Boillot

Chebli initiiert Corona-Soforthilfe: Berlin bekommt einen Schutzschirm fürs soziale Leben

Die Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement, Sawsan Chebli, stößt Corona-Hilfen für Vereine an. Eine neue Studie zeigt, warum das nötig ist.

Jetzt gibt es inmitten der vielfach deprimierenden Corona-Nachrichten fürs Sozialwesen auch eine gute: Der Senat hat in seiner aktuellen Wochensitzung am Dienstag ein Soforthilfepaket für existenziell von Corona betroffene gemeinnützige Organisationen der Zivilgesellschaft beschlossen. Zudem soll Corona-Engagement in Berlin finanziell unterstützt und ein Programm zur Förderung der Zivilgesellschaft bei der Digitalisierung aufgelegt werden. „Mir geht es vor allem um die kleinen Initiativen und Vereine, die große Arbeit leisten, aber sehr kämpfen“, sagte Initiatorin Sawsan Chebli, die Bevollmächtigte des Landes Berlin beim Bund und Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement und Internationales.

Die finanzielle Förderung ist das eine, die gesellschaftliche Gewichtung das andere: So hatte die Senatskanzlei Berlin zusammen mit mehreren Bundesländern eine Studie beim ZiviZ-Institut im Stifterverband in Auftrag gegeben, um die Folgen der Corona-Pandemie für die Zivilgesellschaft zu untersuchen. Einerseits sei jetzt in der Coronakrise die Bedeutung von Nachbarschaftshilfe für den gesellschaftlichen Zusammenhalt besonders klar geworden. Andererseits seien bestimmte gesellschaftliche Bereiche selbst in die Krise geraten, etwa Jugend- und Bildungsstätten, Kultureinrichtungen, Selbsthilfeorganisationen und muslimische Glaubensgemeinschaften. Laut der Studie „Lokal kreativ, finanziell unter Druck, digital herausgefordert. Die Lage des freiwilligen Engagements in der ersten Phase der Corona-Krise“ sei jetzt Kurzarbeit, sofern die Organisationen hauptamtliche Beschäftigte haben, weit verbreitet. Ursachen für Geldnöte sind etwa der Wegfall von Kollekten und der Ausfall von Gebühren und Entgelten für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe. Somit stehe die Zivilgesellschaft in Berlin vor erheblichen Herausforderungen. Die Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement Chebli hat zuletzt einiges in die Wege geleitet, um Abhilfe zu schaffen. So wird das zum Nachtragshaushalt gehörende Sozial-Soforthilfepaket jetzt dem Parlament zugeleitet, das darüber beraten und im Juni abschließend entscheiden werde.

Mit dem geplanten Berliner Programm sei ein erster Schritt getan, sagt Sawsan Chebli. „Wir müssen jetzt schauen, wo genau Bedarf besteht und wie die Förderrichtlinien aussehen müssen. Profitieren sollen gemeinnützige Organisationen, die von bisherigen Soforthilfeprogrammen nicht Gebrauch machen konnten.“ Wenn das Parlament im Juni über den Haushalt entscheidet, würden der Zeitpunkt für den Start der Hilfe sowie Informationen dazu, bei welcher Stelle man Anträge stellen kann, bekannt gegeben.

So eine spezielle Förderung für alle, die in der Coronakrise Betroffenen helfen, die aber selbst in Not geraten seien, sei dringend nötig, das zeige sich auch in der jetzt herausgegebenen ZiviZ-Studie. Denn auch viele gemeinnützige Organisationen blickten wenig optimistisch in die Zukunft: Durch vermuteten Mitgliederschwund und das Wegbrechen von Spenden und Sponsoringpartnern drohen auch hier große Finanzierungslücken, warnt Chebli. Einnahmen aus Benefiz-Veranstaltungen oder Spendenaktionen fallen weg, oder werden geringer.

Somit ist die engagierte Bürgergesellschaft laut der Studie in Berlin zugleich Akteurin wie auch Leidtragende der Krise. Denn nachbarschaftliche Einkaufshilfen, kiezgebundene Sachspendenaktionen oder auch Onlinekurse zum Fitbleiben in der Krise fangen zwar als bürgerschaftliches Engagement in der Coronakrise Problemlagen auf und sichern gesellschaftlichen Zusammenhalt. Vieles läuft jetzt statt persönlich nunmehr online, ob es Patenschaften für benachteiligte Berliner sind oder Nachhilfeangebote für Schüler aus bildungsfernen Elternhäusern.

Die Studie zeigt laut der Staatssekretärin nun, dass diese Umstellung auf digitale Formen der Zusammenarbeit aber eine große Herausforderung darstellt, „die von vielen Organisationen zwar mit Bravour gemeistert wird, aber doch auch viele gemeinnützige Organisationen und freiwillig Engagierte vor immense Probleme stellt“. Dazu zähle die Umstellung auf neue Formen der Arbeit – von der individuellen Beratung bis hin zu Fundraising und Kommunikation online.

Zusammengenommen, brauchen „existenzbedrohte Organisationen Zugang zu finanzieller Soforthilfe und Unterstützung bei der Bewältigung der finanziellen Langzeitfolgen“, so eine Folgerung aus der Untersuchung, die Sawsan Chebli wiedergibt. Stabile Fundamente bestehen nämlich nur überall dort, wo der größere Teil der Einnahmen aus Mitgliederbeiträgen kommt. Die ZiviZ-Untersuchung empfiehlt daher dem Bund und den Ländern, einen Schutzschirm für existenzbedrohte Organisationen und „neue Dialogstrukturen bis hin zu einem Zivilgesellschaftsgipfel im Bundeskanzleramt zu schaffen, um die Zivilgesellschaft als mitgestaltenden Akteur in die Krisenbewältigung einzubeziehen“.

Laut Berlins Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement bestätigt die ZiviZ-Studie: „In der Corona-Krise leistet die Zivilgesellschaft Großes. Durch freiwilliges Engagement in der Nachbarschaft und viele andere ehrenamtliche Aktivitäten haben die Menschen sich gegenseitig geholfen und vor Einsamkeit bewahrt.“ Auf die Berlinerinnen und Berliner könne man sich verlassen. „Ich bin tief berührt von der Hilfsbereitschaft überall in der Stadt und bedanke mich sehr herzlich bei allen Berlinerinnen und Berlinern, die in diesen Zeiten anderen Menschen ihre Hilfe anbieten.“

Viele gemeinnützige Organisationen haben sich unter teils schwierigen Bedingungen „mutig, kreativ und schnell den Anforderungen“ gestellt – dafür „Respekt und Dank“. Einen wichtigen Punkt der Studie – den Appell an Bund und Länder für einen Schutzschirm und einen Gipfel mit der Zivilgesellschaft – habe Berlin „mit der Bundesratsinitiative bereits aufgegriffen, die im vergangenen Bundesrat auf der Tagesordnung stand und in die Ausschüsse überwiesen wurde.“

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