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Menschen im Straßencafé am Weinbergsweg in Berlin-Mitte.

© Annette Riedl/dpa

"Charta der Rücksicht" immerhin ein Anfang: Recht auf Ruhe gilt auch in Berlin-Mitte

Beim Thema Lärm helfen keine forschen Sprüche. Es kommt darauf an, Interessen und Bedürfnisse auszugleichen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Patricia Wolf

Einige Male hat der Winter schon im Herbst seine kalten, zittrigen Finger ausgestreckt, ohne dicken Mantel ging zumindest abends ja kaum noch was. Was gleichsam heißt, dass eigentlich das alte Lärmthema rund um Cafés und Kneipen in die Winterpause gehen könnte. Denn wer mag schon freiwillig seinen Gin Tonic bei eisigem Ostwind zu sich nehmen?

Am belebten Weinbergspark in Mitte wird gerade über eine "Charta der Rücksicht" diskutiert, welche die angrenzenden Café- und Barbetreiber unterschreiben sollen – um eine ungestörte Nachtruhe der Anwohnenden zu gewährleisten. Die Charta, die derzeit noch nicht so gut ankommt, beinhaltet beispielsweise, dass nach 20 Uhr keine Straßenmusik mehr gespielt wird und sich Gäste nach 22 Uhr auch drinnen nur noch leise unterhalten.

Eine Gastronomin fürchtet in der Folge – gerade nach schwierigen Coronazeiten – um ihren Umsatz, wenn sie die Stühle abends reinstellen müsse. Schließlich habe auch sie eine Familie zu ernähren. Und bei allem Verständnis für das Ruhebedürfnis der Anwohnenden findet sie, dass mit Lärm rechnen müsse, wer dort wohne (die ganze Geschichte hier bei T+).

Das klingt plausibel - doch was ist mit den Menschen, die schon seit zwanzig Jahren über ihrem Café wohnen? Oder Familien mit Babys, denen sich nicht mal eben ein Ohropax ins Ohr stecken lässt?

Klar, es ist extrem ärgerlich, wenn Leute in die Nähe eines Clubs ziehen, um später gegen die laute Musik zu klagen. Nicht selten genug wurde auf diesem Weg Clubs die Grundlage entzogen und sie mussten entweder weiterziehen oder gleich ganz schließen.

Daran kann eigentlich niemand Interesse haben. Insofern ist mit der Charta ein Anfang gemacht - und die Gastronomen sollten begreifen, dass sich eine lebendige und harmonische Nachbarschaft nur in der Berücksichtigung der unterschiedlichen Interessen und Bedürfnisse leben lässt.

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