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Wird schöner. Der Bettenturm der Charité in der Luisenstraße in Mitte wird seit 2014 saniert, die Klinik insgesamt aufgerüstet.

© Doris Spiekermann-Klaas

Charité-Sanierung unter Druck: Stockt der Umbau der Universitätsklinik?

Der Charité-Umbau in Mitte sollte bis zum Herbst fertig sein. Das gelingt wohl nur mit viel Druck. Bislang galt der Umbau der Universitätsklinik als pannenfrei.

Karl Max Einhäupl dürfte, selbst für seine Verhältnisse, einen anstrengenden Sommer vor sich haben – wenn zutrifft, was derzeit aus Baufirmen und Behörden zu hören ist. Der Vorstandschef der Charité befasst sich ohnehin täglich mit Abrechnungsproblemen, Personalmangel und Blockade-Politikern. Nun verlangt eine andere Baustelle seine volle Aufmerksamkeit – im wahrsten Sinne des Wortes: Die Komplettsanierung der Charité, Europas größter Universitätsklinik, könnte länger dauern als angekündigt.
Nach Tagesspiegel-Informationen haben die Beamten der Krankenhausaufsicht des zuständigen Landesamtes vor einigen Wochen nachgefragt, weshalb bestimmte Unterlagen über einen Neubau am Charité-Campus in Mitte nicht eingereicht worden seien. Die zu prüfenden Papiere hätten wohl im Sommer vorliegen müssen, die Krankenhausaufsicht befürchtet offenbar, dass bis zur geplanten Eröffnung Ende 2016 keine ausreichende Kontrolle mehr zu schaffen sei.

Charité: "Genehmigung planmäßig im vierten Quartal"

Charité-Chef Einhäupl hatte angekündigt, die Sanierung sei im vierten Quartal dieses Jahres abgeschlossen. Der Betrieb sollte internen Einschätzungen zufolge ab Oktober ohne Einschränkungen laufen: Die Zeit drängt, weil Kliniken seit Einführung der fixen Fallpauschalen davon leben, möglichst viele Patienten zu versorgen, um von deren Krankenkassen bezahlt zu werden. In der Baubranche heißt es, ein Subunternehmer sei vergangenen Sommer ausgestiegen – oder womöglich von den Generalunternehmern entbunden worden. Auf der Baustelle rund um den bekannten Charité-Bettenturm in der Luisenstraße sei es deshalb zu Verzögerungen gekommen. Der Vorstand gibt sich zuversichtlich. „Wir sind derzeit im Prüfungs- und Genehmigungsprozess mit der Krankenhausaufsicht“, sagte eine Charité-Sprecherin am Dienstag. „Es besteht ein abgestimmter Zeitplan zur Einreichung der Antragsunterlagen sowie zu deren Prüfung. Wir gehen davon aus, dass die Genehmigung planmäßig im vierten Quartal vorliegen wird.“

Allenfalls temporäre Ausfall eines Bautrupps

Das könne allenfalls „mit sehr viel Druck“ klappen, wie ein ranghoher Klinikmitarbeiter sagte: „Allerdings haben Vorstand und Bauleitung die Sache wohl im Griff.“ Eine Art neuer BER drohe nicht. Das sei Charité-Chef Einhäupl auch gewünscht, denn die – aus fachlicher Sicht nötige – Sanierung des Hochschulkrankenhauses war unter Landespolitikern umstritten. Lange musste Einhäupl 2013 mit dem Senat um die 202,5 Millionen Euro streiten, mit denen die landeseigene Klinik ihren Campus in Mitte modernisiert – die SPD-CDU-Koalition hatte erst 185 Millionen Euro genehmigt. Für die Summe fand sich aber europaweit kein Unternehmen, die anspruchsvolle Sanierung der Klinik bei laufendem Betrieb durchzuführen.
Tatsächlich hat sich an der Luisenstraße seit Baubeginn im Januar 2014 viel getan. Der Bettenturm mit 21 Etagen ist 82 Meter hoch. Das einst rostbraune Hochhaus wurde 1982 eingeweiht und ist inzwischen mit einer strahlenden Aluminiumfassade und helleren Ein- und Zwei-Bettzimmern ausgestattet worden. Vor einem Jahr wurde der OP-Neubau neben dem Bettenturm mit einem Richtfest gefeiert. In dem 70-Millionen-Euro-Bau soll die Intensivmedizin untergebracht werden. Der Neubau wird 15 Operationssäle und die Rettungsstelle beherbergen, die dann nicht mehr über die Luisenstraße, sondern über die Philippstraße erreichbar sein soll. Anders als beim Flughafen in Schönefeld haben wohl nicht Planungsfehler zu Verzögerungen geführt, sondern der allenfalls temporäre Ausfall eines Bautrupps. Politisch verantwortlich für die Klinik ist Charité-Aufsichtsratsvorsitzende und Wissenschaftssenatorin Sandra Scheeres (SPD). Sie ist derzeit in Urlaub.

Charité bundesweit bald erste Klinik mit Mindestbesetzung

Für Senat und Klinikvorstand erfreulich ist, was zuletzt aus den Tarifgesprächen zu hören war. Seit Jahren sammeln Pflegekräfte massiv Überstunden, immer wieder wird über stressbedingte Ausfälle auf den Stationen berichtet. Die Gewerkschaft Verdi fordert deshalb erstmals einen Tarifvertrag für mehr Personal statt mehr Lohn. Nachdem 2015 hunderte Schwestern und Pfleger tagelang streikten, stimmte der Charité-Vorstand in einem Eckpunktepapier mehr Personal zu. Nun kommen sich beide Seiten in den Details näher. Die Charité wäre bundesweit die erste Klinik, die einer solchen Mindestbesetzung zustimmt. Offizielles Statement: Die Verhandlungen laufen vertrauensvoll.

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