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Markthalle statt Kaufhaus? So stellt sich die CDU die Zukunft der bedrohten Filialen wie hier in Tempelhof vor.

© Friedrichs/Imago

CDU-Idee für Karstadt und Kaufhof in Berlin: Kaufhäuser könnten zu Markthallen werden

Berlin hat eine lange Tradition als Shoppingmetropole. Das beschlossene Aus für einige Warenhäuser ist eine Zäsur - bietet aber auch Chancen. Ein Gastbeitrag

Was soll aus den von Schließung bedrohten Häusern von Karstadt und Kaufhof werden? Christian Gräff, wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, stellt hier einige Ideen seiner Partei vor.

Als Adolf Jandorf 1905 das Kaufhof KaDeWe in Schöneberg gründete, die Familie Wertheim 1894 ihr Haus in der Leipziger Straße eröffnete und die Familie Tietz im Jahr 1900 an gleicher Stelle ein Warenhaus entwickelte war Berlin endgültig die Stadt der Kauf- und Warenhäuser. Und es war eine Revolution.

Erstmals wurden über 100 Sortimente unter einem Dach angeboten, was zur gleichen Zeit nur in kleinen Fachgeschäften erhältlich gewesen ist.  Großzügige Häuser mit persönlicher Beratung und später auch, der nicht weniger spektakulären, „Selbstbedienung“ machten Berlin zu der Stadt der Innovationen im Einzelhandel.

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100 Jahre später wurde Berlin in den 1990er Jahren nach der Entscheidung bald Bundeshauptstadt zu sein für über fünf Millionen Einwohner geplant. Leider kam die wirtschaftliche Entwicklung aber erst in den späten 2000er Jahren so richtig in Gang und viele der für die Metropole zugelassenen über 60 Shoppingcenter hatten und haben große Probleme Kunden anzuziehen.

Die Galeria-Kaufhof-Filiale am Ringcenter am S-Bahnhof Frankfurter Allee wird als eines von bundesweit 62 seiner 172 Filialen geschlossen.
Die Galeria-Kaufhof-Filiale am Ringcenter am S-Bahnhof Frankfurter Allee wird als eines von bundesweit 62 seiner 172 Filialen geschlossen.

© Paul Zinken/dpa

Zum Glück kamen mit dem wirtschaftlichen Aufschwung auch viele Touristen in die Stadt und Berlin wurde zu einer wirklichen internationalen Shoppingmetropole und bspw. mit der Fashion Week und anderen Modemessen wie in Paris und New York.

Stück für Stück, nicht erst mit der Fusion von Kaufhof und Karstadt war aber klar, dass Kauf- und Warenhäuser nur überleben können, wenn sie mehr bieten, als 100 Fachgeschäfte unter einem Dach zu vereinen. Der Kaufhof am Alex und das KaDeWe machen es vor. Es sind mehr und mehr Orte an denen sich Menschen treffen, essen, gemeinsam genießen und an denen Events stattfinden müssen. Sie müssen mehr sein als Häuser. Dann haben sie eine Zukunft.

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Aber es gibt auch einen anderen Trend: vor allem Berliner, aber auch Touristen, suchen regionale Produkte. Authentisch erzeugtes Obst, Gemüse, Fleisch und Fisch aus der Region. Bio- und Naturkost sind heute in allen Discount Märkten vertreten. Und es gibt einen weiteren Trend: neue Produkte wie sie beispielsweise im Bikini Haus in sogenannten „Pop-up-Stores“  erstmals dem Kunden präsentiert werden, sind innovativ und mutige Versuche von Unternehmen sich damit selbstständig zu machen und neue Marken zu kreieren.

Die Aufgabe der sechs Kaufhäuser der Galeria-Karstadt-Kaufhof-Gruppe bietet daher auch Chancen, vor allem für die gute ausgebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das Land Berlin sollte, vertreten durch die Berliner Großmarkt GmbH Verhandlungen mit den Eigentümern der Immobilien aufnehmen. Mit Sicherheit sind die Flächen die jetzt aufgegeben werden sollen wesentlich günstiger anzumieten, als noch für wenigen Jahren.

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In Stadtteilen wie Tempelhof, Spandau, oder Lichtenberg wird es schwer werden neue große Einzelhandelsmieter zu finden. Da können mind. zwei bis drei Etagen sehr gut genutzt werden, um sie an kleine Einzelhändler weiter zu vermieten. Für das Land Berlin wäre es ein riesen Vorteil, denn es sind keine großen Investitionen dafür notwendig. Die Flächen könnten quasi sofort bespielt werden.

Christian Gräff, wirtschaftspolitischer Sprecher Fraktion CDU im Berliner Abgeordnetenhaus.
Christian Gräff, wirtschaftspolitischer Sprecher Fraktion CDU im Berliner Abgeordnetenhaus.

© promo

Die zukünftige „Berliner Markthallen und Großmarkt GmbH“ könnte die Flächen für neue Unternehmen z.B. für sechs Monate zu reduzierten Mieten weitergeben. Wichtig dabei wäre auch eine starke Zusammenarbeit mit Brandenburg, gerade mit dem Landwirtschaftsministerium, dass den Kontakt zu Brandenburger Bauern und Bio-Höfen herstellen kann, um eine Direktvermarktung von Produkten und Höfen möglich zu machen.

Bio-Gemüse direkt in der Markthalle an der Frankfurter Allee (Ring Center), oder am Tempelhofer Damm, neue Fashion Konzepte und Modenschauen kleiner Berliner Labels. Genau das könnte die Zukunft für Berlin als Handelsstadt sein.

Und ganze Geschäftsstraßen hätten wieder eine Zukunft, die jetzt ohne einen „Anker“ bangen müssen und noch mehr im Wettbewerb stehen. Seelenlose Kieze mit Wohntürmen und Handel in Shoppingcenter am Stadtrand? Das kann keine wünschenswerte Zukunft sein, nicht für die Berliner und nicht für die Hotels und Restaurants, die Theater und Konzerthäuser die so unter den fehlenden Touristen nach der Corona Krise leiden.

Christian Gräff

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