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Eine Kontrolleurin lässt sich in der Berliner S-Bahn einen Fahrausweis zeigen.

© dpa

BVG und S-Bahn Berlin: Strafanzeigen wegen Schwarzfahrens nehmen drastisch zu

Mehr Kontrollen, mehr ertappte Schwarzfahrer: BVG und S-Bahn in Berlin gehen härter gegen Fahrgäste ohne Ticket vor. Bis zu einem Drittel der Gefangenen in Plötzensee sitzt deswegen ein.

Die Zahl der Strafanzeigen wegen Schwarzfahrens ist bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) drastisch gestiegen. Von 480 im Jahr 2013 auf 33.723 ein Jahr später. Auch bei der S-Bahn hat sich die Zahl mit 18.174 fast verdoppelt.

Während die BVG den Anstieg auf einen Wechsel der mit den Kontrollen beauftragten Firma zurückführt, konnte die S-Bahn die Zunahme, die in einer am Mittwoch veröffentlichten Antwort der Senatsverkehrsverwaltung auf eine parlamentarische Anfrage steht, nicht begründen. Die Justiz klagt seit Jahren über die hohe Zahl von Strafverfahren wegen der „Erschleichung von Beförderungsleistungen“.

Die Vorgängerfirma habe zu wenig kontrolliert, sagte BVG-Sprecherin Petra Reetz dem Tagesspiegel. Zudem seien bei dem Unternehmen viele Vorgänge „im Computer verschwunden“. Deshalb habe sich die BVG von der Firma getrennt und eine neue beauftragt. Die Folge: Die Zahl der kontrollierten Fahrgäste ist immens gestiegen – von 2,8 Millionen im Jahr 2013 auf 5,3 Millionen im Folgejahr. Die Zahl der „Feststellungen“ stieg von 228.727 auf 355.476. Mit ähnlichen Zahlen rechnet die BVG nach Angaben von Reetz auch für dieses Jahr. Bei der S-Bahn sieht es ähnlich aus. Die 480 Verfahren des Jahres 2013 seien ein Ausrutscher gewesen, sagte Reetz.

Allerdings hatte auch schon eine Panne zu einem erheblichen Rückgang von Anzeigen geführt. 2010 registrierte die Polizei eine Abnahme um 35 Prozent auf damals 12.000 Anzeigen – von der BVG und der S-Bahn zusammen. Die BVG hatte von Januar bis August die bei Kontrollen erfassten Daten der Schwarzfahrer nicht ins System übernehmen und deshalb keine Anzeigen erstatten können.

Wer drei Mal ohne gültigen Fahrschein ertappt wird, muss damit rechnen, dass es eine Strafanzeige gibt. Und wer dann eine verhängte Geldbuße nicht zahlt, wandert in der Regel ins Gefängnis. In der Justizvollzugsanstalt Plötzensee verbüßen bis zu einem Drittel der Insassen solche „Ersatzfreiheitsstrafen“. Grüne, Linke und Piraten fordern sein Jahren, Schwarzfahren nicht mehr als Straftat, sondern als Ordnungswidrigkeit einzustufen. Die Verkehrsbetriebe halten dagegen an den Strafverfahren fest – zur Abschreckung.

Die Quote der Schwarzfahrer liegt in Berlin zwischen drei und fünf Prozent – und damit befinde man sich im Branchendurchschnitt, heißt es bei der S-Bahn. Ertappte Sünder müssen seit Sommer 60 Euro als „erhöhtes Beförderungsentgelt“ zahlen. Vorher waren es jahrelang 40 Euro. Der Betrag wird bundeseinheitlich vom Bundesverkehrsministerium festgelegt.

Ein Großteil der ertappten Schwarzfahrer zahlt jedoch nicht – und riskiert lieber, ins Gefängnis zu gehen. In den vergangenen Jahren konnte die BVG meist nicht einmal die Hälfte der Forderungen eintreiben. Dies übernehmen bei der BVG und der S-Bahn Inkassounternehmen, die dazu einen deftigen Aufschlag fordern. Auch wer sofort die 60 Euro zahlt, wird statistisch als Schwarzfahrer erfasst und landet somit in der Kartei, bei der es dann nach drei Einträgen zu einer Strafanzeige kommen kann.

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