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Am Dienstag wird bis zum Mittag wohl keine U-Bahn der BVG ihre Türen für Fahrgäste öffnen.

© Kitty Kleist-Heinrich

Update

BVG-Streik 2020 am Dienstag: Verdi legt Berlin lahm – und Brandenburg gleich mit

Verdi will bei der BVG von 3 bis 12 Uhr streiken, in Brandenburg sogar ganztags. Ein Überblick, wo in Berlin nichts mehr geht und welche Busse trotzdem fahren.

Die Warnstreiks im öffentlichen Dienst treffen Berlin und Brandenburg mit Wucht: Die Gewerkschaft Verdi will am Dienstag auch die BVG bestreiken. Von 3 bis 12 Uhr sollen alle Busse, Straßenbahnen und U-Bahnen stillstehen. Danach dauert es erfahrungsgemäß noch mehrere Stunden, bis alles wieder nach Plan rollt. In Brandenburg soll sogar ganztags gestreikt werden.

Laut einer Mitteilung von Verdi sind in Brandenburg von Dienstagfrüh bis Mittwochfrüh 3 Uhr nicht nur die Verkehrsbetriebe Potsdam, Cottbus, Frankfurt (Oder) und Brandenburg/Havel betroffen, sondern auch die Verkehrsgesellschaften der Kreise Dahme-Spreewald, Uckermark, Teltow-Fläming, Oder-Spree, Barnim sowie DB Regio Nord-Ost. Letzteres bezieht sich nach Auskunft einer Bahnsprecherin jedoch nur auf einige Buslinien: Der Schienenverkehr von DB Regio sei nicht tangiert.

Verdi begründet die Streikankündigung mit der "unverständlichen Blockadehaltung der Arbeitgeber" bei den laufenden Verhandlungen, in denen es um bundesweit einheitliche Rahmenbedingungen etwa zu Zulagen, Urlaubsanspruch und Nachwuchsförderung geht. In Berlin fordert Verdi die Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit von 39 auf 36,5 Stunden bei vollem Lohnausgleich.

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Die BVG ist mit ihren etwa 14.600 Beschäftigten der größte kommunale Verkehrsbetrieb Deutschlands. Im vergangenen Jahr wurden mehr als eine Milliarde Fahrgäste gezählt, also etwa 2,9 Millionen pro Tag. Wegen der Coronakrise liegen die Fahrgastzahlen zwar weiterhin unter dem Niveau vergangener Jahre, aber die Auslastung hat zuletzt wieder zugenommen.

Das kann im Fall eines Streiks zum Infektionsrisiko werden, wenn sich die Menschen in weniger Fahrzeugen drängen oder auf die S-Bahn als Alternative ausweichen müssen. Die kam bei früheren Streiks regelmäßig an ihre Kapazitätsgrenzen.

BVG-Streik 2020: S-Bahn mobilisiert Fahrzeug-Reserven

Das Personal der S-Bahn als Tochter der Deutschen Bahn wird sich nicht am Warnstreik beteiligen. Die S-Bahn kann zwar die Ausfälle bei der BVG nicht ansatzweise kompensieren, aber will sie zumindest ein wenig lindern: Die Verstärkerzüge der S1 (Zehlendorf – Potsdamer Platz) und der S5 (Mahlsdorf – Ostbahnhof) sollen dreieinhalb Stunden länger unterwegs sein – anstatt von 5.30 Uhr bis 8.30 Uhr verkehren sie am Dienstag bis um 12 Uhr, also bis zum geplanten Streikende. Damit besteht zwischen der City und Zehlendorf sowie Mahlsdorf ein Fünf-Minuten-Takt.

Laut S-Bahn ergibt der Zusatzverkehr rund 40 zusätzliche Fahrten und etwa 7000 Sitzplätze mehr. Außerdem würden "die Betriebsreserven mobilisiert und kurzfristig und flexibel eingesetzt". Die Bahn empfiehlt Fahrgästen, möglichst auf die - oft nicht ganz so vollen - Regionalzüge auszuweichen. Außerdem erinnerte sie am Montag noch einmal dringlich an die verpflichtende Mund-Nase-Bedeckung.

BVG-Streik: Alle U-Bahnen und 90 Prozent der Busse werden stillstehen

Bei der BVG wird vom frühen Dienstagmorgen an bis zum Mittag der komplette eigene Fuhrpark stillstehen - also sämtliche U-Bahnen und Straßenbahnen sowie rund 90 Prozent der Berliner Linienbusse. Nicht betroffen sind nur die Fähren sowie die Buslinien, die im Auftrag der BVG von Privatunternehmen betrieben werden. Dadurch seien 23 Buslinien komplett in Betrieb und mehrere weitere mit leichten Einschränkungen, teilte die BVG am Montag mit.

Was fährt am Dienstag in Berlin – und was nicht? Ein Überblick:

  • Nicht betroffen vom Streik ist die Berliner S-Bahn.
  • Verstärkerzüge des S1 und der S5 sollen am Dienstag bis 12 Uhr unterwegs sein: Damit besteht zwischen der City und Zehlendorf sowie Mahlsdorf ein Fünf-Minuten-Takt.
  • Die S-Bahn will Betriebsreserven mobilisieren und kurzfristig und flexibel einsetzen. Fahrgästen wird empfohlen, möglichst auf Regios auszuweichen.
  • Bei der BVG dauert der Streik am Dienstag von 3 bis 12 Uhr. U- und Straßenbahnen fahren nicht.
  • Auch 90 Prozent der BVG-Busse fahren nicht.
  • Nicht vom Streik betroffen sind die Fähren und Buslinien, die von Privatunternehmen betrieben werden.
  • Diese Buslinien sollen komplett fahren: 106, 112, 140, 161, 163, 168, 175, 179, 184, 234, 275, 284, 334, 341, 349, 363, 369, 370, 371, 380, 399, 740, 744, N12, N23, N34, N35, N39, N40, N52, N53, N56, N58, N60, N61, N62, N67, N68, N69, N77, N84, N88, N90, N91, N95, N97.
  • Eingeschränkter Betrieb steht laut BVG auf folgenden Linien an: 218, 283, 395, 398.

Letzter BVG-Streik im Frühjahr 2019

Zuletzt hatten die Beschäftigten der BVG im Frühjahr 2019 gestreikt. Die Serie von Warnstreiks endete nach knapp einer Woche mit einer Einigung auf mindestens acht Prozent mehr Lohn, höheres Weihnachtsgeld sowie verbesserte Zulagen und tarifliche Eingruppierungen. Vor allem neuere Beschäftigte sahen sich zuvor stark benachteiligt gegenüber denen, die schon lange zum Unternehmen gehörten. An den teils ganztägigen Warnstreiks hatte es wegen ihres Ausmaßes viel Kritik gegeben.

Die aktuellen Verhandlungen wurden nach Auskunft des Kommunalen Arbeitgeberverbandes (KAV) vertagt, nachdem am Freitag die überraschende bundesweite Streikankündigung von Verdi in die laufende Verhandlung geplatzt sei. KAV-Geschäftsführerin Anke Stier kritisierte die Streikankündigung angesichts der kräftigen Zuwächse des vergangenen Jahres und wegen des „unnötigen Gesundheitsrisikos für die Fahrgäste“. Am 13. Oktober soll wieder verhandelt werden.

Sowohl der BVG als auch dem Land fehlt wegen Corona viel Geld

Wegen der Coronakrise fehlen den Verkehrsunternehmen hunderte Millionen Euro Einnahmen. Die BVG ist wegen des großen Anteils an Touristen in Berlin besonders betroffen. Ihr fehlen nach Tagesspiegel-Informationen bis zum Jahresende voraussichtlich etwa 100 Millionen Euro. Das entspricht ziemlich exakt dem jährlichen Volumen der im Frühjahr 2019 vereinbarten Verbesserungen.

Online Wege durch den Streik suchen

Wieder steigende Ticketerlöse sind angesichts der in weiten Teilen Europas steigenden Infektionszahlen nicht in Sicht. Zugleich müssen sich die Kommunen als Eigentümer – die BVG ist eine Anstalt Öffentlichen Rechts, also ein unmittelbar dem Land gehörender Betrieb – massive Steuerausfälle verkraften.

Der Berliner Fahrgastverband Igeb kritisierte am Freitag, dass die BVG für Fälle wie den bevorstehenden Warnstreik kein Konzept in der Schublade habe, um jene zehn Prozent des Busverkehrs in den Außenbezirken sinnvoll zu koordinieren, die an externe Unternehmen vergeben seien. So aber sein einige Kieze an den Stadträndern am Dienstag komplett vom Nahverkehr abgekoppelt.

Wer seine Wege durch Berlin ohne die BVG absolvieren kann und planen will, kann das online durch Deaktivierung der Verkehrsmittel Tram, Bus und U-Bahn im Suchfeld. Und wer aufs Fahrrad als Alternative setzt, hat laut Wetterprognose am Dienstag wieder gute Chancen, trocken anzukommen.

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