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Ein Polizist spricht im Mauerpark Menschen an. Die Menschen sollen nicht im Park sitzen bleiben, um Gruppenbildungen zu vermeiden.

© dpa

Bußgelder gegen das Coronavirus: Wer der Seuche hilft, muss zahlen

Der Berliner Senat setzt mit dem Bußgeldkatalog ein Zeichen: Die Regeln gegen das Coronavirus sind keine Vorschläge. Ein Kommentar.

Berlin hat sich Zeit gelassen – allerdings für eine wichtige Diskussion. Wo endet der Seuchenschutz, wo beginnt das unnütze Einschränken von Grundrechten? Und ganz praktisch: Wie viel zahlt der Einzelne, wenn er die Ausbreitung des Coronavirus begünstigt und damit allen schadet? 

Letzteres hat der Berliner Senat am Donnerstagabend geklärt: 10 bis 100 Euro zahlt, wer gegen das Verbot verstößt, sich ohne triftigen Grund außerhalb seiner Wohnung aufzuhalten. Wer den Mindestabstand zu anderen Personen nicht einhält, zahlt 25 bis 500 Euro. Bis zu 500 Euro zahlt auch, wer sich in Gruppen von mehr als zwei Personen aufhält. Bis zu 10.000 Euro werden fällig, wenn jemand seinen Betrieb trotz des Verbots öffnet.

Nicht die Höhe der Bußgelder ist entscheidend, sondern die Akzeptanz der Menschen

Damit rückt der Senat von teils drakonischen Strafen eines ersten Entwurfs ab. Nicht die Höhe des Bußgeldes entscheidet, ob sich die Menschen an Verbote halten, sondern in erster Linie ihre Akzeptanz. Dass es den Katalog nun gibt, macht den Ernst der Lage greifbar. Die Regeln, das wird klar, sind keine Vorschläge – sie sind besonders für die Menschen in Risikogruppen überlebenswichtig.

Trotzdem hatte der Plan, Bußgelder einzuführen, in den vergangenen Tagen für Unverständnis gesorgt. Was dabei oft unterging: Verstöße gegen das Infektionsschutzgesetz – so etwas wie die Mutter aller Einschränkungen – sind längst straf- und bußgeldbewehrt. 

Der Bußgeldkatalog macht das nun praktisch um- und besser durchsetzbar: Für Polizei und Ordnungskräfte, die fahrlässige Berliner daran erinnern müssen, dass wir uns am Beginn einer Pandemie befinden. Und gegen die Fahrlässigen selbst, die nun wissen, was ihnen droht. Der Erlass gilt ihnen: den letzten Unvernünftigen.

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Mehr Klarheit wollte Rot-Rot-Grün in der Sondersitzung am Donnerstag schaffen. Deshalb hat der Senat die Ausweispflicht, mit der Berlin einen Sonderweg ging, wieder einkassiert. Sich ausweisen zu können, darin war man sich einig, helfe wohl in den seltensten Fällen ein Virus einzudämmen. 

Außerdem steht nun in der Verordnung, was in den vergangenen Tagen für teils skurrile Verrenkungen gesorgt hatte: Künftig ist es wieder explizit erlaubt, sich in Parks und auf Bänken aufzuhalten. Parkbanksitzen und Sonnenbaden auf der Wiese inklusive – Picknicken und Bücher lesen aber eher nicht. Wenn dann, jedenfalls nur während einer "Erholungspause" und nicht den ganzen Tag, darauf wies der Chef der Senatskanzlei hin. Soweit verstanden?

Niemand im Senat wollte das am Abend jedenfalls als Lockerung der Regeln verstanden wissen. Diese Linie hatte der Regierende Bürgermeister am Nachmittag noch vorgegeben. Man werde „keinerlei Rücknahme der Ausgangsbeschränkungen“ beschließen, sagte er.

Spätestens das Wochenende wird aber zeigen, wie die Berliner die neue Verordnung verstehen. Strömen sie wieder stärker auf die Straßen könnte der Senat das falsche Signal gesetzt haben. Und: Es wird warm werden, Ostern steht an. Deshalb kommt es jetzt umso stärker auf die Vernunft des Einzelnen an. Wer das nicht versteht, muss jetzt immerhin – wortwörtlich – zahlen.

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