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Beim Einsteigen sind Rollstuhlfahrer und Fahrgäste mit Kinderwagen nicht auf die Hilfe des Busfahrers angewiesen.

© Getty Images/iStockphoto

Busfahrer ließ Mutter mit Kinderwagen stehen: "Die Stadt macht uns gleichgültig"

Sie warteten in der Mittagshitze, dann hielt endlich der Bus. Doch die Mutter musste mit ihrem Kinderwagen wieder aussteigen – war das wirklich nötig?

Von Sandra Dassler

Der Erlebnisbericht von Bernd-Leopold Käther über einen BVG-Fahrer, der einer Mutter mit zwei Kleinkindern und Kinderwagen die Mitnahme verweigerte, hat Hunderte Tagesspiegel-Leser aufgeregt. Seit drei Tagen diskutieren sie im Netz über den Vorfall, der sich in der vergangenen Woche in der Linie 222 ereignete.

Wie berichtet hatten die Fahrgäste wegen eines ausgefallenen Busses schon 30 Minuten in der Mittagshitze gewartet, darunter zwei Mütter mit Kinderwagen und Bernd-Leopold Käther im Rollstuhl. Als zwei Stationen später eine weitere Mutter mit Wagen und zwei Kleinkindern einstieg, forderte der Fahrer diese auf, wieder auszusteigen, weil kein Platz mehr für einen Wagen da sei. Als daraufhin Bernd-Leopold Käther anbot, den Bus mit seinem Rollstuhl zu verlassen und so Platz für den dritten Kinderwagen zu schaffen, lehnte der Busfahrer das ab – und fuhr erst ohne den dritten Kinderwagen weiter.

Die meisten Tagesspiegel-Leser sind darüber so fassungslos wie Bernd-Leopold Käther selbst, manche berichten von ähnlichen Situationen. „Das ist doch mal wieder typisch deutsch“, heißt es beispielsweise: „Die Vorschriften wurden penibel eingehalten, die Fahrgäste sind aber leider auf der Strecke geblieben.“

Die BVG hatte darauf hingewiesen, dass in den Bussen nur eine begrenzte Anzahl von Rollstuhl- und Kinderwagenplätzen zur Verfügung stehe. „Wenn der Fahrer mehr mitnimmt und sich ein Kind bei einer Vollbremsung schwer verletzt, trägt er die ganze Verantwortung“, sagte BVG-Sprecherin Petra Reetz.

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„Da hätten doch zwei Männer mal zupacken können“

Viele Leser fragen sich allerdings, warum der Busfahrer nicht das Angebot von Bernd-Leopold Käther angenommen hat, seinen Platz mit dem Kinderwagen zu tauschen und selbst den Bus zu verlassen. Einige halten das für Freiheitsberaubung. Die BVG kann sich dazu noch nicht äußern, bittet um Verständnis. „Der Mann hatte Wochenenddienst, wir haben ihn noch nicht nach seiner Sicht der Dinge befragen können“, sagt Sprecherin Reetz. Sie hat auch schon an Bernd-Leopold Käther geschrieben, in dem sie auf die Sicherheitsvorschriften hinweist, sich aber zugleich für den Vorfall entschuldigt.

„Ich bin aber nach wie vor der Meinung, dass der Fahrer das auch anders hätte regeln können“, sagt Käther: „Gerade weil die meisten BVG-ler freundlich und hilfsbereit sind.“ Mehr erschüttert habe ihn, dass keiner der anderen Busfahrgäste der Mutter oder ihm beisprang, sagt er. Das ist auch für Isabella Heuser erschreckend. „Da hätten doch zwei Männer mal zupacken können“, sagt die Direktorin der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Charité: „Hätten der Frau ihren Platz anbieten – und zugleich den Kinderwagen festhalten können.“

Alle seien ständig in sozialen Netzwerken – „aber um unseren Nachbarn im Haus oder im Bus kümmern wir uns nicht“, sagt Heuser: „Nicht mal, wenn er regungslos im Eingang einer Bank liegt. Die Stadt mit ihrer Enge und Hektik macht uns vielleicht nicht gefühllos. Aber auf jeden Fall gleichgültig.“

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