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Buntes Angebot. Wahlplakate bestimmen in diesen Tagen das Berliner Straßenbild.

© Wolfgang Kumm/dpa

Bundestagswahlen: So hat sich Berlin politisch verändert

Neukölln wählt nur SPD, Ost-Berlin niemals CDU? Denkste! Im Lauf der Jahre haben sich auch die Wählerpräferenzen gewandelt - eine Langzeitbeobachtung.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Wie tickt Berlin, wenn es um die Wahlen zum Bundestag geht? Das hängt davon ab, auf welchen Kiez man schaut. In der deutschen Hauptstadt treffen sich Stadt und Land, Ost und West – und viele verschiedene politische Sichtweisen.

Zwischen Wannsee und Wrangelkiez liegen Welten, das gilt auch für Hellersdorf im Vergleich zu Wilmersdorf. Die Berliner bevorzugen, je nach Stadtregion, sehr unterschiedliche Parteien. Berlin ist politisch bunt, war es schon immer.

Es gibt immer noch ein West-Ost-Gefälle

Analysiert man die Ergebnisse der Bundestagswahlen seit 1990 bis in die einzelnen Stimmbezirke hinein, sind in dem bunten Flickenteppich bestimmte Tendenzen erkennbar. So gibt es 27 Jahre nach der Vereinigung immer noch ein West-Ost-Gefälle. Die grobe Tendenz: Östlich der ehemaligen Mauer haben es Linke und SPD leichter als Christdemokraten, Grüne und Liberale. Im Berliner Westen ist es umgekehrt.

Nur der SPD gelang es nach der Wahl 1998, für einige Jahre zur „Berlin-Partei“ zu werden, die fast überall erfolgreich war. Und die Grünen breiteten sich in den City-Lagen aus.

Verstärken sich die Unterschiede zwischen Mitte und Randlage?

Vor vier Jahren zeigte sich ein neuer Trend: Der CDU gelang es, auch in den östlichen Randregionen Fuß zu fassen und dort den Linken Paroli zu bieten, während SPD und Grüne weitgehend auf die dicht besiedelten Kieze innerhalb des S-Bahnrings zurückgeworfen wurden.

Wahlen im Wandel: 1990 bleibt Berlin politisch geteilt: Im Westen dominiert die Union, im Osten SPD und PDS.
Wahlen im Wandel: 1990 bleibt Berlin politisch geteilt: Im Westen dominiert die Union, im Osten SPD und PDS.

© _ Tsp

Vielleicht ist es jetzt so weit, dass Ost und West eine Generation nach dem Mauerfall an Bedeutung verlieren, während sich die Unterschiede zwischen urbaner Mitte und grüner Randlage verstärken, wie es in anderen deutschen Großstädten seit Langem üblich ist. Doch erst einmal ein Blick zurück: Wie erging es den Parteien in Berlin bei den sieben Bundestagswahlen seit 1990?

CDU

Als Partei der Einheit, mit Helmut Kohl als Bundeskanzler, feierte die Union im Vereinigungsjahr 1990 auch in Berlin einen großen Erfolg. Auch in den östlichen Stimmbezirken war sie damals überraschend stark. Aber in den folgenden zwei Jahrzehnten wurde die CDU wieder auf den Westen Berlins zurückgeworfen.

Erst 2009, mit der zweiten Kanzlerschaft Angela Merkels, erholten sich die hauptstädtischen Christdemokraten, sie drangen sogar ins Stadtzentrum vor und erzielten vier Jahre später auch im Osten der Hauptstadt gute Ergebnisse. Beispielsweise in Mahlsdorf, Biesdorf und Kaulsdorf. Aber auch im Nordosten, etwa in Buchholz und Alt-Karow.

1998 beschert der Machtwechsel zu Rot-Grün im Bund auch der Berliner SPD ein glänzendes Wahlergebnis.
1998 beschert der Machtwechsel zu Rot-Grün im Bund auch der Berliner SPD ein glänzendes Wahlergebnis.

© Tsp

SPD

Die erste Bundestagswahl nach der Wende war für die Berliner SPD eine große Enttäuschung, doch vier Jahre später wurde sie stärkste politische Kraft und musste diese Position erst 2009, dem Katastrophen-Wahljahr für die Sozialdemokraten, abgeben. Seitdem liegt die Union in der deutschen Hauptstadt vorn.

Da es der SPD bei vielen Wahlen gelang, auch im Osten zu punkten, legte sie sich den Titel „Berlin-Partei“ zu. Doch inzwischen müssen die Genossen vor allem im Osten und in der Stadtmitte um ihre Wähler kämpfen. Je nach Kiez sind CDU, Linke und Grüne starke Konkurrenten. Besonders treue Anhänger hat die SPD seit der Wende beispielsweise in Spandau (Eiswerder), Neukölln (Rollberg) oder in Kreuzberg (Mehringplatz).

2013 können Grüne und Linke auch in Berlin ihre guten Ergebnisse von 2009 nicht behaupten. Wahlsieger wird die Union.
2013 können Grüne und Linke auch in Berlin ihre guten Ergebnisse von 2009 nicht behaupten. Wahlsieger wird die Union.

© Tsp

LINKE

Der langjährige Parteichef Gregor Gysi, noch immer eine prominente Führungsfigur der Linken, eroberte gleich 1990 das erste Berliner Direktmandat für seine Partei. Die PDS, wie sie sich damals noch nannte, war im Osten Berlins von Anfang an eine Macht, während es ihr in den Westbezirken erst 2009 gelang, bei den Wählern Fuß zu fassen.

Die Fusion mit der westdeutschen Linken, die sich in der WASG organisiert hatten, half dabei. Umgekehrt ist es der CDU in den letzten Jahren gelungen, in grünen Randlagen des Ostens, etwa in Pankow, Hellersdorf oder Köpenick, der Linken wichtige Wählerstimmen wegzunehmen.

Extrem standhaft sind die Linken-Anhänger dagegen an der Karl-Marx-Allee oder am Malchower Weg in Alt-Hohenschönhausen. Und in der westlichen Enklave Staaken, die ehemals zur DDR gehörte.

2013 können Grüne und Linke ihre guten Ergebnisse von 2009 nicht behaupten. Wahlsieger wird die Union.
2013 können Grüne und Linke ihre guten Ergebnisse von 2009 nicht behaupten. Wahlsieger wird die Union.

© Tsp

GRÜNE

Obwohl die Grünen 1990 nur mit Mühe in den Bundestag kamen, zeichneten sich in Berlin damals schon die ersten Hochburgen ab, etwa im Bergmannkiez und rund um den Görli. Kreuzberg war von Anfang an eine starke Bastion. Lange Zeit blieben die Grünen, gemessen an der Wählerstimmung, noch eine Westpartei, erst 2002 wurden sie bei der Bundestagswahl in Berlin im Osten zweistellig.

Damals eroberte der Parteilinke Hans Christian Ströbele das bis heute einzige grüne Direktmandat – im Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg. 2009, als die SPD bundesweit abstürzte, erreichte die Umweltpartei ihr historisch bestes Ergebnis bei einer Bundestagswahl. Rund um den Kollwitzplatz oder am Boxhagener Platz konnten die Berliner Grünen auch in der östlichen Innenstadt allmählich Terrain hinzugewinnen.

FDP

Im Jahr der Einheit profitierten die Liberalen auch in Berlin, im Westen wie im Osten, von der hohen Popularität des damaligen Außenministers Hans Dietrich Genscher. Ihre Hochburgen sind aber seit eh und je Steglitz-Zehlendorf und Charlottenburg-Wilmersdorf.

2009, als die FDP bundesweit ihr historisch bestes Ergebnis bei einer Bundestagswahl erzielte, kam sie in Wannsee, Dahlem und Grunewald, aber auch in Frohnau und in der Wilhelmstadt, auf über 20 Prozent der Stimmen. Bei der Wahl vor vier Jahren verschwand die FDP allerdings fast flächendeckend von der politischen Landkarte Berlins.

AFD

Die erst im Januar 2013 gegründete Partei errang bei der Bundestagswahl wenige Monate später in Berlin mit 4,9 Prozent aus dem Stand heraus ein beachtliches Ergebnis. Besonders stark war sie bei der letzten Wahl in Marzahn-Hellersdorf und Reinickendorf.

Wie Berliner Kieze seit der Wende wählten, ist auf dieser historischen Karte grafisch dargestellt.

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