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Bürger-Tafelrunde im Schlosspark Bellevue: Bundespräsident Steinmeier will bei Petit Fours und Kaffee mit Bürgern sprechen

Über Licht- und Schattenseiten der Beschränkungen in der Coronakrise diskutierte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit sechs ausgewählten Gästen

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender luden am Donnerstag zur zehnten „Kaffeetafel“.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender luden am Donnerstag zur zehnten „Kaffeetafel“.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Die Petits Fours wurden in kleinen Portionen unter gläsernen Glocken jedem Gast einzeln serviert. Ansonsten hatte die Kaffeetafel im Schlosspark Bellevue von Ferne fast den Anschein einer idyllischen Szene aus der Zeit vor Corona. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender hatten sechs Gäste eingeladen, um über Schattenseiten und Lichtblicke der Beschränkungen in der Corona-Krise zu sprechen.

Man saß unterm Zeltdach auf Abstand aber ohne Masken zusammen. „Die Pandemie ist nicht der große Gleichmacher. Die Menschen bleiben davon in unterschiedlicher Weise betroffen“, sagte der Bundespräsident. Schnell fand die Runde ihre Schwerpunkte. Es ging um Gerechtigkeit bei den Lockerungen wie auch um  Hiobsbotschaften, die noch ins Haus stehen könnten, vor allem im Hinblick auf die Wirtschaft. Welche Chancen die Politik in der Krise unbedingt ergreifen sollte, interessierte die Runde ebenfalls.

Ein Metallbaumeister war darunter, eine Lehrerin, eine Mitarbeiterin aus dem Firmen-Service der Sparkasse, der Leiter eines Gesundheitsamtes, eine Mutter und eine Studentin und Aktivistin von Fridays for Future. Die Coronakrise legt eine Lupe auf die Gesellschaft. Manche Ungerechtigkeit vergrößert sich.

Dass am Ende die Angehörigen der systemrelevanten Berufe, die sich nicht ins Homeoffice zurückziehen können, das viele Lob auch in barer Münze verbuchen könnten, gehört offensichtlich zu den potentiellen Lichtblicken. In dieser Runde fand das viel Zustimmung. Zur theoretischen Zustimmung gehört freilich auch die Bereitschaft, dafür zu bezahlen. Auch das wurde thematisiert.

Ein eindeutiger Lichtblick ist der Digitalisierungsschub, den die Schulen durch die Krise bekommen. Auch die oft maroden Sanitätsanlagen profitieren. Noch besser könnte die Situation dort werden, wenn es in Zeiten analogen Unterrichts mit der Sauberkeit noch besser bestellt wäre. Da könnte helfen, nicht grundsätzlich die billigsten Unternehmen zu beauftragen, was jetzt noch vorgeschrieben ist.

Zu den Schattenseiten gehört der Verlust an Teilhabe, den die Zivilgesellschaft erleidet. Natürlich kann man auch weiterhin aktiv sein und demonstrieren, aber in den sozialen Medien bleiben viele doch in ihrer eigenen Blase hängen. Aufmerksamkeit in größerem Umfang zu erregen, wird wohl erst nach Corona wieder möglich sein. Schon jetzt erscheint es etwa unmöglich, einen größeren Klimastreik für Oktober zu planen. Wer weiß, was dann sein wird. Und wer weiß, wie sich die Virologen dann fühlen werden.

Befreiendes Gelächter

Anders als Politiker sind Wissenschaftler überhaupt nicht daran gewöhnt, dass sich Medien auch mal auf sie einschießen. „Wir können das nicht“, sagte einer der Teilnehmer, die nicht mit Namen oder Funktion genannt werden sollten. „In dem Punkt sind wir wehrlos.“ 

Sechs ausgewählte Bürger und einige handverlesene Journalisten trafen sich am Donnerstag mit dem Bundespräsidenten.
Sechs ausgewählte Bürger und einige handverlesene Journalisten trafen sich am Donnerstag mit dem Bundespräsidenten.

© imago

Die große Chance der Politik liegt auch darin, moderierend zu wirken und so eine Antwort zu geben auch auf eine Frage, die Elke Büdenbender gegen Ende stellte: „Wie schaffen wir es, die Folgen zu bewältigen?“ Befreiendes Gelächter hilft immer. Ein Teilnehmer erzählte die Anekdote vom Großvater, dem der Enkel die Einkäufe vor die Tür gestellt habe. Allerdings war die falsche Sorte Salami in der Tüte, was den Opa dann veranlasst habe, zum Supermarkt zu gehen und die richtige zu kaufen. Das führte natürlich zum Familienstreit. 

Und wie geht's der Demokratie?

Die Kaffeetafeln hat der Bundespräsident vor drei Jahren erfunden, um Menschen mit unterschiedlichen Standpunkten offen miteinander ins Gespräch zu bringen. Er hat sie seitdem an unterschiedlichen Orten abgehalten. Die Debatte im Schlosspark Bellevue fand er beispielhaft wegen „der Vernunft der Teilnehmer, der Offenheit und der Konzentration auf den Kern des Problems.“

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Am Montag will er den Diskurs mit Intellektuellen fortsetzen beim Forum Bellevue. Dann wird die Frage lauten: „Wie geht es unserer Demokratie?“

Die Folgen von Corona stecken manchmal in kleinen Details. Nach zwei Stunden Kaffeetafel leuchteten am Donnerstagmittag die Schalen mit den Kirschen und Erdbeeren immer noch um die Wette mit den roten Blumenarrangements auf der Kaffeetafel. Sie waren praktisch unangetastet geblieben.

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