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Die Waisenbrücke und das Märkische Museum im Jahr 1908.

© Max Missmann/Stadtmuseum Berlin

„Brückentag“ als Schiffsdemo: Berlin-Mitte sucht Unterstützung für die neue Waisenbrücke

In Berlin wird der Wunsch nach Neuaufbau laut: Die Waisenbrücke könnte am Märkischen Museum die Spree wieder überqueren. Eine Glosse.

Zerstörte Brücken sind in Werken der Weltliteratur wiederholt gewürdigt worden. Erinnert sei an Thornton Wilders Roman „Die Brücke von San Luis Rey“, in dem er den Einsturz einer fiktiven Hängebrücke in den Anden 1714 und die Schicksale der fünf dabei getöteten Reisenden schildert. Das Vorbild zu Theodor Fontanes „Die Brück’ am Tay“ gab es wirklich, die Reste der Firth-of-Tay-Bridge in Schottland sieht man noch heute, 1879 eingestürzt, als ein Zug sie bei Sturm überquerte.

Auch Wilhelm Buschs Brücke sei nicht vergessen: „Max und Moritz, gar nicht träge, / Sägen heimlich mit der Säge, / Ritzeratze! Voller Tücke, / In die Brücke eine Lücke.“ Die Waisenbrücke dagegen, die am Märkischen Museum die Spree überquerte, im Krieg teilweise zerstört, repariert und 1960/61 abgerissen, war von Erich Kästner im Roman „Fabian“ nur intakt gewürdigt worden, als Schauplatz einer Schießerei zwischen einem Kommunisten und einem Nazi.

Vielleicht würde ja eine Ballade à la Fontane dem sich für den Wiederaufbau einsetzenden Stadtmuseum helfen, aber bislang setzt man auf andere Mittel, an diesem Freitag zum Beispiel auf einen „Brückentag“. Er beginnt mit einer Schiffsdemonstration, bei der zwischen 13 und 16 Uhr acht Schiffe der Berlin-Brandenburgischen Schifffahrtsgesellschaft zwischen Jannowitz- und Mühlendammbrücke eine symbolische Schiffsbrücke formen.

Spaziergänger werden ermuntert, durch Anwesenheit ihre Unterstützung des Projekts zu bekunden, selbstverständlich unter Beachtung der Corona-Regeln. Um 16 Uhr schließt sich per Livestream die Preisverleihung des vom Stadtmuseum ausgelobten digitalen, auf die Community des Computerspiels „Cities: Skylines“ zielenden Brückenbauwettbewerbs an.

Nach Ansicht von Stadtrat Ephraim Gothe (SPD) und Parteikollege Max Landero, der im Herbst gern ins Abgeordnetenhaus einziehen würde, spielt die Waisenbrücke „im Ringen um die Mobilitätswende in der Berliner Mitte eine wichtige Rolle“, weil nur für Fußgänger und Radfahrer vorgesehen.

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Das Geld wäre da, sagen die beiden: zehn Millionen Euro, seit acht Jahren im Sanierungsgebiet „Nördliche Luisenstadt“ eingeplant. Die Senatsverkehrsverwaltung winkte bislang ab: Mit der Instandhaltung bestehender Brücke sei man gut ausgelastet.

Bislang deutet sich also kein Neubau an, was die Frage nahelegt, wie die Brückenwerbung zu steigern wäre. Wie wäre es mit einem Videowettbewerb? Brücken, zerstörte zumal, haben das Publikum seit jeher interessiert. Und „Die Brücke am Kwai“ sackte 1958 gleich sieben Oscars ein. Nächste Station: Berlinale?

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