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Ein Bild des Attentäters Anis Amri, gehalten von seinem Bruder.

© FETHI BELAID/AFP

Breitscheidplatz-Attentäter: Amri unterhielt Kontakte zu deutsch-arabischen Clans

Im Juli 2016 stürmte Anis Amri eine Shisha-Bar in Neukölln. Auch ein Clan-Mitglied war vor Ort. Doch die Rolle des späteren Attentäters wurde nie geklärt.

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Als der spätere Attentäter Anis Amri mit zwei Männern morgens um 5.30 Uhr am 11. Juli 2016 in eine Shisha-Bar in der Neuköllner Hertastraße stürmte, war auch ein polizeibekanntes Clan-Mitglied vor Ort: Ali A.-C. Der soll sich nach Aussagen im Amri-Untersuchungsausschuss dann in der Toilette versteckt haben, als die Schlägerei und Messerstecherei begann, bei der wie berichtet Ahmed Z. verletzt wurde.

Offensichtlich verkehrte Amri auch in Kreisen krimineller Mitglieder deutsch-arabischer Großfamilien. Das geht auch aus einer Antwort der Senatsinnenverwaltung auf eine Anfrage des SPD-Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) hervor.

Bei dem Überfall im Juli 2016 soll es um Drogen und Revier-Streitigkeiten gegangen sein. Das Opfer Z. nannte im Krankenhaus drei Namen, die dabei gewesen sein sollen, darunter auch einen später bekannt gewordenen Aliasnamen von Amri. Die Rolle von Amri wurde nie abschließend geklärt. Zückte Amri selbst das Messer? Das sagte zumindest D. bei seiner Aussage im vergangenen März vor dem in der JVA Moabit tagenden Untersuchungsausschuss aus.

Amri war wegen Drogenhandels bei der Polizei bekannt. Sein Handy wurde damals abgehört. Hätte man damals die Ermittlungen genauer geführt, wäre womöglich ein Haftbefehl für Amri fällig gewesen.

Die Behörden gehen davon aus, dass Amri die Drogen für seine Geschäfte von Mitgliedern krimineller Clans bezogen hat. Zu der Bar teilte die Innenverwaltung nun mit: „Der Polizei Berlin liegen Anhaltspunkte vor, dass Tatverdächtige, die der sogenannten Clankriminalität zugerechnet werden, die unter der Anschrift ansässigen Lokalitäten als Verkehrsörtlichkeit nutzen.“

Seit 2011 war die Polizei mehrfach in der Bar im Einsatz, allein sieben Gewaltstraftaten wurden dort 2016 erfasst, von 2011 bis 2018 waren es 22. Und darunter waren neun gefährliche Körperverletzungen.

Beschreibungen des Tathergangs widersprüchlich

Warum Ali A.-C. an dem Tag des Überfalls in der Shisha-Bar war, ob er die Angreifer alle kannte, warum er sich versteckte, sind offene Fragen, die nicht im Untersuchungsausschuss behandelt werden. Der innenpolitische Sprecher der FDP, Marcel Luthe, glaubt nicht an ein rein zufälliges Zusammentreffen zwischen den Beteiligten der Schlägerei und einem vorbestraften Mitglied eines stadtbekannten Clans.

Die Beschreibung des Tathergangs sei widersprüchlich, die Polizei hätte weiter ermitteln müssen, auch, woher Amri seine Drogen bezogen und für wen er gearbeitet habe, so Luthe.

Der SPD-Innenpolitiker Tom Schreiber plädiert für eine engere Zusammenarbeit beim Landeskriminalamt zwischen der Terrorabwehr und den Ermittlern für organisierte Kriminalität. „Hier muss ein Austausch her, ein überlappendes Dezernat, wenn es um Drogenhandel geht“, sagt Schreiber.

Deshalb ist Schreiber skeptisch angesichts der Pläne von Polizeipräsidentin Barbara Slowik und Innensenator Andreas Geisel (SPD), die Terrorabwehr aus der Staatsschutzabteilung herauszulösen und in der Ringbahnstraße ein neues Anti-Terror-Zentrum aufzubauen.

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