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Anfang Juni ist Schluss –ob Tegel je wieder öffnet, ist ungewiss.

© Britta Pedersen/dpa

„Brauchen noch Genehmigung der Berliner Behörden“: Flughafen-Chef bereitet Tegel-Aus ab 2. Juni vor

In zwei Wochen soll TXL aufgrund der Coronakrise schließen, bekräftigt Engelbert Lütke Daldrup im Aufsichtsrat. Es ging bei der Sitzung aber vor allem ums Geld.

Er will sparen, nicht warten. Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup hält daran fest, wegen des Corona-Einbruchs im Flugverkehr den Airport Tegel zum 2. Juni vorübergehend zu schließen.

„Wir bereiten uns darauf vor. Wir haben unseren Kunden den Termin 2. Juni kommuniziert“, sagte Lütke Daldrup am Freitagabend nach einer Sitzung des Aufsichtsrates der Flughafengesellschaft Berlins, Brandenburgs und des Bundes (FBB).

„Wir brauchen dafür noch die Genehmigung der Berliner Behörden.“ Wenn die vorliege, werde „final entschieden“, so der Flughafenchef. „Wir fahren auf Sicht“. Nächste Woche wollen die FBB-Gesellschafter erneut über den Tegel-Fahrplan beraten.

Zurückhaltend äußerte sich Lütke Daldrup zu von „Bild“ publik gemachten Erwägungen des Bundes, das vom Aufsichtsrat besiegelte Tegel-Aus für zwei Monate ab Anfang Juni um einen Monat zu verschieben.

Hintergrund ist offenbar, dass es der Bund immer noch nicht geschafft hat, das neue, rund 80 Millionen Euro teure Regierungsterminal in Schönefeld mit Mobiliar und Sicherheitstechnik einzurichten, obwohl es seit Oktober 2018 fertig ist. Es mache Sinn, Tegel jetzt vom Netz zu nehmen, wo es kaum Flugverkehr gebe, betonte Lütke Daldrup.

Es ging vor allem um die Finanzen der Flughafengesellschaft

Im Zentrum der Sitzung standen aber die Finanzen der Flughafengesellschaft, die nach jahrelangen Verzögerungen und Kostenexplosionen am BER, der nun am 31.Oktober 2020 eröffnen soll, zu einem Sanierungsfall geworden ist.

Die Konsolidierung wird wichtigste Aufgabe der vom Aufsichtsrat bestellten neuen Finanzgeschäftsführin Aletta von Massenbach sein, die vom Frankfurter Flughafen Fraport kommt. Sie wird zum 1. September anfangen.

Fremd sind ihr die hiesigen Verhältnisse nicht. Um die Jahrtausendwende war Massenbach am damaligen Privatisierungsversuch am neuen Hauptstadt-Airport beteiligt. Chefaufseher Rainer Bretschneider wies in dem Zusammenhang Vermutungen zurück, dass sie eine Teilprivatisierung vorbereiten soll. „Ein Meinungsbild der Gesellschafter zu einer Privatisierung ist mir nicht bekannt. Damit wird sie nicht betraut.“

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Zuvor war bereits mit Michael Halberstadt ein neuer FBB-Personalgeschäftsführer geholt worden. Man gehe in die Inbetriebnahme des BER mit einer kompletten Führungsmannschaft, so Lütke Daldrup. „Die Neuen kriegen als Einstiegsgeschenk einen fertigen Flughafen.“ Aufgabe werde es sein, „daraus einen erfolgreichen Flughafen zu machen, der Geld verdient, um die Kredite zu bedienen und den Ausbau zu finanzieren“.

Davon ist die FBB aber noch weit entfernt. Die wirtschaftliche Schieflage belegt auch der dem Gremium präsentierte Geschäftsbericht für 2019, die von Ernst & Young uneingeschränkt testiert wurde.

Die Coronakrise reißt Löcher in die Flughafen-Finanzen

Das Unternehmen machte einen Umsatz von 416,1 Millionen Euro, was etwa dem Vorjahresniveau entspricht. Dem stehen inzwischen Verbindlichkeiten von 4,07 Milliarden Euro gegenüber. Zwar erwirtschafteten die Alt-Flughäfen Tegel und Schönefeld 2019 ein positives operatives Ergebnis von 108 Millionen Euro.

Doch wegen der Schuldenlast für die BER-Milliardenkredite machte die FBB auch 2019 wie seit Jahren einen Verlust, diesmal von 95,7 Millionen Euro. Die Eigenkapitalquote sank auf 20 Prozent (2018: 23 Prozent).

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„Die FBB ist von den Gesellschaftern über Jahre sehr knapp finanziert worden“, sagte Lütke Daldrup. „Die Flughafengesellschaft ist nicht insolvenzgefährdet.“ Denn mit dem BER – und den dann möglichen höheren Entgelten – werde man die Umsätze auf 800 Millionen Euro jährlich steigern können.

Allerdings würden in Folge von Corona in den Jahren bis 2023 „Löcher entstehen, die aus anderen Finanzierungsquellen gestopft werden müssen.“ Lütke Daldrup verwies darauf, dass die FBB von der Agentur Moody’s mit einem Rating von A1 als sehr gut bewertet werde.
Allerdings, so steht es in der Moody’s-Klassifizierung vom 15. November 2019, liegt das allein an den drei staatlichen Eignern. Es spiegele die Erwartung wieder, so heißt es, dass „sie weiter rechtzeitig finanzielle Unterstützung leisten werden.“

Der FBB selbst wird eine „schwache Liquiditätsposition“, „hohe Verschuldung“ attestiert. Nach Recherchen dieser Zeitung fehlen der FBB bis 2023 voraussichtlich etwa 1,5 Milliarden Euro, die wohl die Eigner aufbringen müssten. Man werde dieses und nächstes Jahr mit den Eignern darüber reden, wie die FBB so ausgestattet werden kann, sagte Lütke Daldrup, „dass die Gesellschaft krisenfest ist.“

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