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Ab in die Urne? Manche Hinterbliebene haben eigene Ideen, wie sie ihre Lieben bestatten wollen.

© Sophia Kembowski/dpa

Brandenburgs Bestattungsgesetz: Kirchen gegen "Diamantbestattung"

Brandenburgs Landtag steht vor einer Gewissensentscheidung über das neue Bestattungsgesetz. Es soll eine zeitgemäßere Bestattungskultur geben, Kritik kommt von den Kirchen.

Zur Erinnerung ein Diamant aus der Asche von Verstorbenen oder eine Mini-Urne: Erstmals in Deutschland soll das künftig im Land Brandenburg möglich sein, vielleicht. So sieht es ein von der rot-roten Landesregierung vorgelegter Entwurf für ein neues Bestattungsgesetz vor, das Ende Juni vom Parlament verabschiedet werden soll. Einen Fraktionszwang gibt es dabei nicht.

In dieser Woche laufen die Schlussberatungen in den Fraktionen und im Innenausschuss, wobei es Änderungsanträge jenseits der klassischen Parteilinien gibt. Vor der Landespressekonferenz in Potsdam warben am Montag Vertreter von Bestatter-Innung und Krematorien für eine zeitgemäßere Bestattungskultur, die neue Wünsche von Hinterbliebenen aufnehme, während die christlichen Kirchen die Pläne strikt ablehnen.

Wer bestimmt die Bestattungskultur?

„Ich bin Bestatter, wie schon mein Vater, wie mein Großvater“, sagte Rüdiger Kußerow, Obermeister der Bestatter-Innung für Berlin und Brandenburg. Als er vor 40 Jahren begonnen habe, seien Erd- und Urnenbestattung die Regel gewesen. Später sei die See-, dann die Waldbestattung dazugekommen, immer zunächst von den Kirchen angelehnt.

„Menschen reisen umher, bringen Erfahrungen aus anderen Ländern mit“, sagt Kußerow mit Blick auf heute. „Wer sagt uns denn, wie Bestattungskultur zu sein hat? Die Kirchen, die Politik oder die Menschen selbst?“ Es gehe um zehn Prozent, die aus der Asche eines Verstorbenen – insgesamt etwa 3,5 Kilogramm – entnommen werden dürften: „Wir sollten uns auf Neues einlassen.“

Ähnlich argumentierte Gerd Rothaug vom Berufsverband privater Krematorien Berlin-Brandenburg. „Wir kennen die Bedürfnisse und Empfindungen der Trauernden sehr genau“, sagte er. „Erinnerungsstücke können wichtig für die Trauerarbeit sein.“ Er verwies darauf, dass Hinterbliebene sich diesen Wunsch bereits jetzt im europäischen Ausland wie in Tschechien, Holland und in der Schweiz erfüllen würden. „Wir sollten nach einer deutschen Lösung suchen“, sagte Rothaug. Und Brandenburg sei doch ein reformorientiertes Land.

Kirchen äußern massive Bedenken

Konkret vorgesehen ist nach dem Entwurf von  Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD), dass „die Entnahme einer geringfügigen Menge der Totenasche“ zulässig sein soll, „wenn dies dem schriftlich verfügten Wunsch der verstorbenen Person entspricht und der Verwendungszweck dem sittlichen Empfinden der Allgemeinheit nicht widerspricht.“

Die großen Kirchen äußern dagegen massive Bedenken und warnen vor unkalkulierbaren Folgeproblemen einer „Diamantbestattung“. Es sei keine gute Idee, Verstorbene „zu einer Ware, zu einer Sache zu machen, die von einem Einzelnen in Besitz genommen wird“, sagte Martina Köppen, Leiterin des Katholischen Büros für Berlin und Brandenburg.

Es gehe um „ein neues Geschäftsfeld für Bestatter, vielleicht, weil Bestattungszahlen rückläufig sind“. Unter Verweis auf die Argumentation, dass die entnommene Asche für einen Diamenten reiche, warf Köppen einige Fragen auf: Was sei eigentlich bei großen Familien? Was, wenn es Streitigkeiten gebe?

Der Mensch sei ein Beziehungswesen, sagte auch Martin Vogel, der Vertreter der evangelischen Kirche für die Hauptstadtregion. „Hier nehmen Angehörige menschliche Überreste in Besitz“, kritisierte er. „Wir haben große Zweifel dass die Privatisierung der Erinnerung an eine Person angemessen ist.“ Und was, wann Hinterbliebene in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten?

Doch noch bei einem anderen Punkt haben die Kirchen ein Problem mit dem Gesetz. Sie fordern für Früh- und Totgeburten eine generelle Bestattungspflicht. Vorgesehen ist diese erst ab einem Gewicht von 1000 Gramm. Die nächste Gewissensfrage.

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