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Ein Gifteinsatz soll den gefräßigen Insekten Einhalt gebieten.

© imago/blickwinkel

Brandenburger Wälder: Gifteinsatz gegen Schmetterlingsraupen beschäftigt Gerichte

Den Einsatz von Insektengift gegen die Raupen des Nonnen-Schmetterlings hält der Landesbetrieb Forst für notwendig. Kritiker wollen ihn stoppen.

Von Sandra Dassler

Trotz massiver Proteste wurden auch am Mittwoch einige Wälder in Brandenburg von Hubschraubern aus mit dem Insektengift „Karate Forst flüssig“ besprüht. Der Landesbetrieb Forst will damit – wie berichtet – die Raupen des Nonnen-Schmetterlings bekämpfen, die vor wenigen Tagen geschlüpft und in die Gipfel der Kiefern gewandert sind. Dort würden sie ohne Gegenmaßnahmen innerhalb weniger Tage alles kahlfressen, sagen Experten.

Raupen haben sich stark vermehrt

Ihnen liegen die Ergebnisse eines seit Jahren laufenden Schädlingsmonitorings vor. Demzufolge haben sich die Nonnen-Raupen in den betroffenen Gebieten so stark vermehrt, „dass sie den Wald nicht nur einmal kahlfressen könnten“, wie Hubertus Kraut, der Direktor des Landesforstbetriebs Brandenburg dem Tagesspiegel sagte: „Wir haben jetzt die betroffenen Flächen im Bereich der Oberförsterei Dippmannsdorf fast fertig und werden dann zunächst im Bereich des Truppenübungsplatzes Brück und zum Schluss im Gebiet bei Fichtenwalde weitermachen. Voraussetzung ist natürlich, dass es nicht regnet und der Wind nicht so stark weht – und dass es keine neue gerichtliche Entscheidung gibt.“

Nabu will Aktion stoppen

Die ist allerdings zu erwarten, wie der brandenburgische Landesvorsitzende des Naturschutzbunds Deutschland (Nabu), Friedhelm Schmitz-Jersch, dem Tagesspiegel am Mittwochmittag sagte: „Wir bereiten gerade einen Eilantrag vor, um diese völlig unsinnige Aktion, die nicht nur die schädlichen Insekten trifft, sondern das gesamte Ökosystem, wieder zu stoppen.“

Der Nabu hatte bereits im Vorfeld der Aktion Widerspruch eingelegt. Der hatte aufschiebende Wirkung, weswegen die Hubschrauber nicht wie geplant bereits am Montag starten konnten. Die Forstbehörde hatte daraufhin einen Antrag auf sofortige Vollziehung gestellt, weil die Nonne nur in einem kurzen Zeitfenster bekämpft werden kann, wie Hubertus Kraut erklärt: „Jetzt sitzen die Raupen in den Gipfeln und fressen. In ein paar Tagen ist es zu spät, die Kiefern sind nicht mehr zu retten und die Raupen lassen sich auf den Waldboden fallen, wo das Insektizid aus den Hubschraubern nicht hinkommt.“

Schnelle Entscheidung notwendig

Die Genehmigungsbehörde, das Landesamt für ländliche Entwicklung in Frankfurt (Oder) sah das offenbar ähnlich und ordnete am Dienstag einen sofortigen Vollzug des Insektizid-Einsatzes an. Dagegen will der Nabu nun vor dem Verwaltungsgericht klagen. Eine Entscheidung sollte auch nach Ansicht des Landesforstbetriebs schnell fallen.

„Wir brauchen Rechtssicherheit, können die Proteste und Sorgen der Menschen ja durchaus auch verstehen“, sagte Hubertus Kraut. Und betonte noch einmal, dass es seiner Ansicht nach derzeit keine wirksame Alternative zum Gifteinsatz aus der Luft gebe: „Die Nonne hat keine natürlichen Gegenspieler und wir brauchen die Kiefern, gerade um den so notwendigen Waldumbau in Brandenburg voranzutreiben.“

Ernst der Lage umstritten

Zu den Kritikern des Gifteinsatzes zählen neben dem Nabu, BUND sowie den Grünen und einigen wenigen Waldbesitzern auch Bürgerinitiativen. Sie bezweifeln, dass die Lage so dramatisch ist, wie von den Forstbehörden beschrieben. Allerdings befürchtet auch der Waldbesitzerverband ein Verschwinden ganzer Wälder und begrüßt deshalb die Sprüh-Aktion auf insgesamt 7300 Hektar Wald in den Landkreisen Potsdam-Mittelmark und Teltow-Fläming.

Brandenburgs Nabu-Chef Schmitz-Jersch findet das Szenario hingegen völlig übertrieben. „Wir können Beispiele anführen, wo sich der Wald nach dem Befall durch die Nonne von ganz allein wieder erholt hat“, sagt er. Und wirft dem Landesforstbetrieb vor, „den Wald nur als Wirtschaftsfaktor“ zu sehen.

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