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Ursula Nonnemacher (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerin für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz in Brandenburg.

© Soeren Stache/dpa

Update

Brandenburger Ministerin nahm Benziner des Staatssekretärs: Nonnemacher soll sich in Ausschuss zu Vorwürfen wegen Dienstwagen-Nutzung äußern

Die Opposition ist empört: Brandenburgs Gesundheitsministerin nutzte den Benziner des Staatssekretärs statt ihres E-Dienstwagens.

Ausgerechnet eine Ministerin der Brandenburger Grünen soll in eine Dienstwagenaffäre verwickelt sein. Gesundheitsminister Ursula Nonnemacher soll gegen die Dienstwagenrichtlinie des Landes Brandenburg verstoßen haben. Statt ihres Elektro-Audis hat sie den VW Passat Business, ein Benziner, ihres Staatssekretärs Michael Ranft (parteilos) gefahren – das wäre ein klarer Verstoß gegen die geltenden Regeln.

Ein Ministeriumssprecher bestätigte einen entsprechenden Bericht der „B.Z.“. Am Mittwoch soll sich Nonnemacher in einer Sondersitzung des Gesundheitsausschusses des Landtags zu den Vorwürfen äußern, die Linksfraktion hat zudem Akteneinsicht in die Fahrtenbücher beantragt. Fraktionschef Sebastian Walter forderte lückenlose Aufklärung und sprach von schweren Vorwürfen. „Das Ministeramt darf nicht beschädigt werden“, sagte er. „Nonnenmacher und ihr Staatssekretär haben sich über die Dienstwagenrichtlinie hinweggesetzt. Hier hat wohl das grüne Prestige über die Einhaltung des Rechts gesiegt.“

Dienstwagen für Brandenburger Regierungsmitglieder und Staatssekretäre sind personengebunden, nur sie dürfen den ihnen zugewiesenen Wagen samt bestelltem Kraftfahrer uneingeschränkt dienstlich und privat nutzen - es sei denn, der Wagen ist in der Werkstatt. Doch bei Nonnemacher war es die reine Sorge vor der Reichweite ihres Elektroautos, wie das Ministerium selbst zugibt.

Im März hatte die 63-jährige Nonnemacher freudig verkündet, dass sie nun einen Audi e-tron fährt: „Es ist der erste Dienstwagen mit Elektro-Antrieb im Brandenburger Kabinett.“ Doch bei einer längeren Fahrt am 18. April wollte sich die Ministerin lieber nicht auf die Dienste des Elektrowagens vertrauen und stieg auf den Benziner um. Es ging um eine Strecke von maximal 270 Kilometer, der Elektrowagen schafft pro Stromladung bis zu 350 Kilometer. Zunächst hatte der Sprecher auf Anfrage der „B.Z.“ noch felsenfest behauptet: „Frau Nonnemacher nutzt nur ihren Elektro-Audi, auf Langstrecken mit Ladestopp.“ Doch nun gesteht das Ministerium doch, Nonnemacher sei mit dem Benziner des Staatssekretärs zum offiziellen Gedenken zum 76. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Ravensbrück gefahren.

Im Anschluss habe Nonnemacher eilig zurück nach Potsdam zur Unterzeichnung einer Corona-Verordnung fahren müssen. „Zwei sehr wichtige Termine mit wenig zeitlichem Puffer“, sagte der Sprecher. „Da es die erste lange Fahrt mit dem E-Auto gewesen wäre, ist die Ministerin auf Nummer-Sicher gegangen und hat spontan den Wagen des Staatssekretärs genommen.“ Inzwischen habe sich der E-Dienstwagen aber bewährt, am 1. Juli sei die Ministerin damit nach Templin und Prenzlau gefahren (Uckermark) und am Donnerstag nach Klettwitz (Oberspreewald-Lausitz). Obendrein legte sich der Ministeriumssprecher fest: Einzige Ausnahme von der Nutzung ihres persönlichen Dienstwagens sei die Fahrt am 18. April mit dem Benziner des Staatssekretärs gewesen, berichtete die Nachrichtenagentur dpa.

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Ferner sagte der Sprecher dem Tagesspiegel: „Durch ein Schreiben des Finanzministeriums auf Arbeitsebene waren wir davon ausgegangen, dass das korrekt ist.“ Doch das SPD-geführte Finanzministerium widerspricht. Es gebe zwar eine E-Mail aus dem Jahr 2020, die man so – wie das Gesundheitsministerium – hätte missverstehen können. „An der Zulässigkeit eines solchen Wagentausches bestehen aber erhebliche Zweifel “, sagte der Sprecher.

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Nach der Dienstwagenrichtlinie seien die Fahrzeuge der Kabinettsmitglieder und Staatssekretäre „klar als personengebunden ausgewiesen“. Sie könnten daher nicht beliebig verwendet werden – auch nicht von Personen, die grundsätzlich zur Nutzung eines personengebundenen Kraftfahrzeugs berechtigt sind.

Das Finanzministerium lässt den Vorgang nach Angaben des Sprechers seit Freitag noch einmal prüfen. Mit Nonnemachers Fahrt mit dem Dienst-Benziner ihres Staatssekretärs sei das Finanzressort außerdem nicht befasst gewesen. 2016 war der damalige brandenburgische Justizminister Helmuth Markov (Linke) nach einer Dienstwagenaffäre zurückgetreten – vor allem aber, weil er offensichtliche Fehler nicht zugegeben wollte. Er hatte sich als Finanzminister im Jahr 2010 statt seines persönlichen Dienstwagens eine Transporter aus dem Fuhrpark des Landes geholt und damit sein Motorrad in eine Werkstatt gefahren. Die Kosten von 435,30 Euro übernahm das damals von ihm geführte Finanzressort. Zum Verhängnis wurde Markov aber, dass er keine Einsicht zeigte. Die PNN hatten den Fall damals publik gemacht und Markov Rechtsverstöße nachgewiesen.

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