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Brandenburg: Schneller bauen im Speckgürtel

Brandenburgs Finanzminister Christian Görke schlägt eine Landesgesellschaft für den sozialen Wohnungsbau im Umland vor.

Potsdam - Weil Investoren und Kommunen im Land Brandenburg trotz wachsender Wohnungsnot vor allem im Berliner Umland zu wenige Sozialwohnungen bauen, soll das in der nächsten Wahlperiode eine neue Landesfirma selbst übernehmen. Finanzminister Christian Görke (Linke) hat jetzt ein entsprechendes „Konzept für eine landeseigene Wohnungsbau- und Strukturentwicklungsgesellschaft“ vorgelegt, die unter dem Dach der Investitionsbank (ILB) dieses Defizit anpacken könnte.

Nach dem Vorschlag könnten die Kommunen und auch das Land Berlin Mitgesellschafter der neuen Firma werden. „Insbesondere die Kommunen im Stadt-Umland-Zusammenhang wollen bezahlbaren Wohnraum schaffen, da immer mehr Menschen aus Berlin ins Umland drängen und dort ein rapider Anstieg der Mieten droht bzw. bereits erkennbar ist“, heißt es.

Entworfen hat Görke das Sechs-Seiten-Papier nicht in seiner Funktion als Minister und Vize-Ministerpräsident, sondern für die Linkspartei – zur Vorbereitung der Verhandlungslinie bei möglichen Sondierungsgesprächen und Koalitionsverhandlungen nach der Landtagswahl am 1. September.

Im Wahlprogramm verspricht die Linke eine solche Gesellschaft gegen die Wohnungsnot. Zwar hat das seit 2009 regierende rot-rote Bündnis nach allen Umfragen und Wahlen keine Chance für eine dritte Neuauflage. Doch die Linken wären sowohl bei einem rot-rot-grünen Bündnis wieder im Boot, als auch bei einer Koalition aus CDU, Linken und Grünen, die CDU-Oppositionsführer Ingo Senftleben nicht ausschließt.

Die Wohnungsnot wird auch in Brandenburg ein immer gravierenderes Problem. „Obwohl der Bedarf an sozialem Wohnungsbau von der Politik regelmäßig formuliert wird, sind nur wenige Kommunen bzw. Wohnungsbaugesellschaften selbst im Neubau aktiv“, heißt es im Görke-Konzept für die Linkspartei. „Auch ist nur eine sehr verhaltene Nachfrage durch Investoren nach Förderung zu verzeichnen.“ So sind 2013 bis 2017 landesweit nur 985 Sozialwohnungen gebaut worden, 2018 waren es 357 Wohnungen. Dabei stand genügend Geld zur Wohnraumförderung bereit; 2017 immerhin 159,5 Millionen Euro, von denen aber nur 84,5 Millionen abflossen. „Offensichtlich sind die Renditeaussichten bei der Schaffung von sozialem Wohnraum nicht hoch genug“, heißt es im Konzept. „Auch die mehr als 70 kommunalen Wohnungsbaugesellschaften verhalten sich beim sozialen Wohnungsbau bis auf einige wenige Ausnahmen, wie z.B. Potsdam, sehr zurückhaltend.“

Hinzu kommt, dass jedes Jahr für einige 1000 Sozialwohnungen – sie waren im Gegenzug für entsprechende Mietpreisbindungen mit großzügiger Förderung des Landes nach 1990 errichtet oder saniert worden – jetzt nun die Bindungen auslaufen, sodass diese Wohnungen in den freien Markt übergehen. Hatte Brandenburg 2004 noch 113 013 mietpreisgebundene Wohnungen, fiel die Zahl bis 2017 laut dem Papier auf 40 897 „und wird nach heutigen Erkenntnissen im Jahr 2021 weniger als 20 000 Wohnungen betragen“. Als Antwort auf das Marktversagen müsse der Staat tätig werden, meint Görke.

Zugleich geht er in seinem konkreten Modellvorschlag auf mögliche Bedenken ein – etwa die, dass eine neue Landesfirma eine Konkurrenz für kommunale Wohnungsgesellschaften werden könnte. Deshalb sollen Adressaten des Angebotes „vorrangig die Gemeinden sein, die über keine eigene Wohnungsbaugesellschaft verfügen“. In Werneuchen und Elstal habe sich gezeigt, dass der Aufwand für eigene Neugründungen Kommunen vor „teilweise zu große finanzielle und organisatorische Herausforderungen“ stelle. Es sei effizienter, wenn das Land eine solche Gesellschaft schaffe. „Jede Kommune kann Anteile erwerben...“, so der Vorschlag. Damit stehe die staatliche Firma nicht in Konkurrenz zu kommunalen Gesellschaften und Genossenschaften. Und: „Weiterhin ist zu prüfen, ob das Land Berlin oder eine seiner landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften als Gesellschafter einer solchen Wohnungsbaugesellschaft zu gewinnen ist.“ Berlin habe „großes Interesse, seinen überhitzten Wohnungsmarkt zu entlasten, aber innerstädtisch nur wenig geeignete Flächen.“

Allerdings gibt es eine Erblast aus den Anfangsjahren nach 1990. Brandenburg hatte damals schon einmal eine eigene Landesentwicklungsgesellschaft (LEG), sie war auch im sozialen Wohnungsbau tätig. Sie habe „wahre Wunderdinge“ erbringen sollen, sich aber an Problem-Liegenschaften finanziell überhoben, so Görke. „Die Lehren aus der LEG-Pleite sind gezogen.“ Die CDU-Opposition hingegen hält nichts von einer neuen Firma. Es sei eine „überflüssige Arbeitsbeschaffungsmaßnahme“, sagte der Abgeordnete Rainer Genilke.

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