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BVG-Mitarbeiter sorgen sich um die U-Bahn.

© picture alliance / Jörg Carstens

Brandbrief zum Berliner Nahverkehr: BVG-Mitarbeiter beklagen „prekäre Situation“ bei der U-Bahn

Der Personalrat der U-Bahner berichtet in einem Brandbrief an den BVG-Vorstand über Ausfälle, Verschleiß und Stress. Die Chefetage widerspricht.

Jetzt also die U-Bahn. Nachdem Anfang Juli Mitarbeiter der Straßenbahn in einem Brandbrief an den BVG-Vorstand katastrophale Zustände in ihrem Bereich beklagt haben, meldet sich jetzt der Personalrat der U-Bahn mit einem ähnlichen Schreiben zu Wort – als Offener Brief an den Vorstand und die Bereichsleiterin adressiert. Darin ist von „einer sehr prekären Situation insbesondere beim Fahrpersonal, aber auch in vielen anderen Berufsgruppen der U-Bahn“ die Rede. Die Lage sei dramatisch und „die schwierigste seit über 60 Jahren“.

In der dann folgenden Problemliste heißt es, dass im Schnitt 20 Dienste pro Tag mangels Personal nicht besetzt werden können. Die Arbeit sei geprägt von zunehmendem Stress und Druck durch fehlende und zunehmend störanfällige Fahrzeuge, Langsamfahrstellen und Baustellen und demotivierende Schichtpläne. Im Kleinprofil, also auf den von schmaleren Zügen befahrenen Linien U1 bis U4, sei die Lage besonders schlimm. Da obendrein Andrang und Kilometerleistung massiv wachsen, sei nur dank dem Engagement der Beschäftigten „überhaupt noch ein einigermaßen geregelter U-Bahn-Betrieb zu gewährleisten“. Und neues qualifiziertes Personal sei unter den aktuellen Bedingungen nur schwer zu gewinnen.

Ein gesperrter Tunnel macht große Probleme

In der Pressestelle der BVG heißt es zunächst nur: „Selbstverständlich bekommen die Mitarbeiter eine Antwort und wir werden mit ihnen reden.“ Aus der Chefetage ist allerdings zu hören, dass man die Klage für übertrieben halte: Die U-Bahn erfülle die im Verkehrsvertrag mit dem Land vereinbarten Qualitätskriterien. Die Langsamfahrstellen im Netz – 15 sollen es aktuell sein – seien keine Folge von Verschleiß, sondern dienten der Sicherheit an Baustellen. Die seien allesamt im Zeitplan. Behauptete Wassereinbrüche in die Tunnel gebe es nicht, die Überalterung des Fuhrparks sei allgemein bekannt und es gebe mehr Fahrpersonal, als rechnerisch gebraucht würde.

BVG-Sprecherin Petra Reetz bestätigt allerdings, dass die Werkstatt in Britz in der Tat stark belastet sei, weil der sogenannte Waisentunnel nahe dem Alexanderplatz nicht genutzt werden könne. Dadurch können viele Züge die Werkstatt in Friedrichsfelde nicht mehr ansteuern. Gutachten, wie der Tunnel saniert werden kann, seien beauftragt.

Der Fahrgastverband verlangt, dass der Senat reagiert

Jens Wieseke vom Fahrgastverband Igeb bestätigt den Befund, dass auch bei der U-Bahn buchstäblich gespart wurde, bis es quietscht. „Jetzt müssen zuerst Frau Pop und Frau Günther ihre Arbeit machen“: Die Aufsichtsratsvorsitzende und die Verkehrssenatorin müssten sich dringender um die vorhandene Infrastruktur kümmern, statt über langwierige Netzerweiterungen nachzudenken.

Mit den Straßenbahnern, die im Juli auf ihre prekäre Situation aufmerksam gemacht hätten, ist nach Auskunft von Reetz gesprochen worden. Konkrete Konsequenzen hätten sich allerdings nicht ergeben. Ein Punkt aus dem Brief dürfte die BVG spätestens im Winter wieder beschäftigen: Obdachlose, die sich teils betrunken zum Schlafen unter die überstehenden Bahnsteigkanten zurückziehen – und dort in höchster Lebensgefahr sind, sobald ein Zug kommt.

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