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Katrin Lompscher (Die Linke), Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen in Berlin, und Matthias Kollatz (SPD), Berliner Finanzsenator, sitzen bei der Pressekonferenz des Berliner Senats über einen Aufbau von Grundstücksreserve für künftige Generationen.

© dpa

Bodenfonds verfügt über 250 Millionen Euro: Land Berlin will Land kaufen

Der Senat hat die Gründung des Bodenfonds beschlossen und will mit den 250 Millionen Euro auf Einkaufstour gehen. Ganz oben auf der Liste: Grundstücke der Bahn.

Berlin hat Geld genug. Seit Jahren übertreffen die Überschüsse aus sprudelnden Steuereinnahmen die Haushaltsausgaben. Milliarden sind in „Sondervermögen“ geparkt, um die Herausforderungen der wachsenden Stadt zu stemmen: Schulen und Verkehrswege bauen, Parks und Fahrradwege, neue Tramlinien, die öffentlichen Transportmittel für steigende Fahrgastzahlen ertüchtigen. Für vieles davon brauchte es Grundstücke – und die will Berlin gleich Paketweise kaufen.

Dazu beschloss der Senat am Dienstag die Gründung des „Bodenfonds“. Und zum „Startschuss“ , wie Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) sagte, füllt Berlin diesen mit 250 Millionen Euro. „Das kann sicherlich gesteigert werden“, sagte Kollatz. Aber da der Fonds zudem noch Kredite aufnehmen darf, sind mit diesem „Eigenkapital“ Kaufpreise von drei bis fünf Milliarden Euro zu stemmen.

Nun ist es nicht so, dass Berlin nicht schon seit Jahren kauft, „was nicht niet- und nagelfest“ ist, wie der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) kürzlich sagte. Die sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen haben tausende Mietwohnungen per Vorkaufsrecht oder im Paket von Spekulanten erworben.

Nutzung bei Ankauf nicht festgelegt

Das besondere an dem Bodenfonds ist, dass dieser „strategische Grundstücksreserven“ anlegt, wie Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) sagte – und „bei Ankauf die Nutzung nicht feststehen muss“.

Spekulative Deals nennen Immobilienhändler so etwas, weil es Geschäfte mit vielen Unbekannten sind. Auf das Land Berlin lässt sich das bedingt übertragen, weil Senat und Bezirke Grundstücke gleichsam nach Belieben „umwidmen“ und alles zu Bauland machen können: Acker, Straßen und Bahnflächen.

Als erstes Beispiel für Investments ihres neuen Fonds nannten die Senatorinnen ein Grundstücks-Paket der Bahn. Ein Paket voller mehr oder minder wertvoller Grundstücke, die der Schienenkonzern sicher nicht mehr braucht, die wohl aber für städtische Aufgaben nützlich sein könnten – etwa als „Fahrradwege“ oder „Grünflächen“.

Lompscher: Bodenfonds nicht für Wohnbauflächen

Dass der Senat mit dem Fonds auch dem Mangel an Wohnbauflächen begegnen will, den seine landeseigenen Gesellschaften sowie gemeinwohlorientierten Genossenschaften wiederholt beklagt haben, dementierte Lompscher. Die sechs Unternehmen hätten Grundstücke genug, sagte sie.

Finanzsenator Kollatz nannte als mögliches Beispiel eine Schule, die auf einer vom Fonds erworbenen Fläche entstehen könne. Diese müsse dann Miete zahlen an den Fonds, „zur Abfinanzierung des Grundstückskaufs“. Auch „Vermietungen an Dritte“ könne den Fonds „speisen“.

Das Beispiel zeigt, dass nach den Investitionen des Fonds Einnahmen eher auf sich warten lassen dürften. Von „Bodenbevorratung“ spricht Kollatz deshalb, vom „Aufbau einer strategischen Reserve für künftige Generationen“ und „Grundstücksvorsorge“.

Gutachter: Ankäufe zu falschem Zeitpunkt

Notwendig ist das, weil der Senat eigene Fehler der Vergangenheit ausbügeln muss: SPD und Linke hatten vor rund 15 Jahren systematisch landeseigenen Grundbesitz zu Geld gemacht und dazu sogar eigens eine Firma gegründet, den „Liegenschaftsfonds“. Inzwischen kauft Berlin die damals verkauften Immobilien zu einem Vielfachen von Privatfirmen zurück.

Die Ankaufspolitik kommt spät, ein Gutachter des „Zentralen Immobilien Ausschusses“ hatte vor einer Woche gewarnt und höhnte wegen der völlig überzogenen Grundstückspreise: „Wer kauft heute noch Boden in Berlin?“ Ausländische Investoren würden sich zurückziehen aus dem überhitzten Grundstücksmarkt.

Kollatz sagte dazu, der Fonds werde nicht zu jedem Preis kaufen. Und dass es „Verkehrswerte“ gebe zur Orientierung. Einige Hoffnung des Senats liegt wohl auch darauf, dass die Bahn mit ihrem staatlichen Eigentümer und der Bund bei Paketverkäufen nicht immer den Höchstpreis verlangen. Die neue Baupolitik des Bundes sieht Rabatte vor bei Grundstücksverkäufen an Kommunen.

Mehrere Käufe wären in der Vergangenheit möglich gewesen

Noch hat der Bodenfonds keinen Quadratmeter gekauft. Hätte es ihn aber schon vor Jahren gegeben, wäre er beim Ankauf mehrerer Grundstücke zum Einsatz gekommen, etwa beim Kauf des Flugfeldes Tegel vom Bund. Berlin musste dem Bund dort Flächen abkaufen, um auf dem Areal einen Produktionsstandort und Wohnungen bauen zu können.

Auch das leer stehende Ensemble um das Haus der Statistik nannte der Finanzsenator als Beispiel für einen Ankauf, den der Bodenfonds hätte durchführen können. Eigentümer war auch hier der Bund. Das Quartier um den Altbau wird nun für den Bezirk, für landeseigene Wohnungsfirmen und Kreative entwickelt.

Ebenso das Dragoner-Areal: Wäre das Quartier am Mehringdamm nicht bereits verkauft worden, wäre auch das ein möglicher Deal für den Bodenfonds geworden. Mit Anwohnern, Gewerbetreibenden und dem Bezirk soll hier ein offenes Quartier entstehen, erschwinglich auch für die Kreuzberger Mischung.

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