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Blaumann statt Brünnhilde: Wie eine Berliner Opernsängerin im Lockdown zur Handwerkerin wird

Opernsängerin Nadja Michael muss während der Pandemie auf die große Bühne verzichten und baut jetzt Dachgeschosse aus. Ein Protokoll der Serie Isolation Berlin.

Das geht ja nun schon fast ein Jahr. Alle großen Projekte sind abgesagt worden. Ich arbeite normalerweise viel in Amerika. Im letzten Sommer hätte ich im Opernhaus in San Francisco als Brünnhilde auf der Bühne stehen sollen.

Dass das ins Wasser gefallen ist, hat mir schon Herzschmerzen bereitet. Nun stellen die Amerikaner bereits die Saison 2021/22 infrage.

Trotzdem war ich in den ersten Monaten gar nicht so unzufrieden, weil ich endlich mal zur Ruhe gekommen bin. Mit 52 Jahren blicke ich auf ein rastloses Leben zurück.

Die Töchter im Alter von 18 und 19 Jahren sind jetzt aus dem Haus. Nachdem ich 28 Jahre auf der Bühne gestanden habe, bin ich existenziell natürlich privilegiert gegenüber den jüngeren Kollegen. Ich fürchte, da verlieren wir eine Generation.

Aber für mich gilt: Aufgeben gibt’s nicht. Ich komme aus einem kleinen Dorf in der Nähe von Leipzig und habe nach dem Fall der Mauer schon große gesellschaftliche Umbrüche erlebt. Man muss Projekte finden, mit denen man hörbar und sichtbar bleibt.

Zukunftsmusik als Training

Das ist nicht trivial, wenn man nicht mehr probt. Es ist ähnlich wie bei einem Hochleistungssportler, der aufhört zu trainieren. Deshalb versuche ich weiter, künstlerische Projekte zu machen. „Zukunftsmusik“ heißt eines dieser Projekte, das ich zusammen mit einer Fotografin plane.

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Mit meinem Verein „Stimme für die Menschlichkeit“ bringe ich russische und deutsche Künstler aus unterschiedlichen Richtungen zusammen. Außerdem bereite ich einen Liederabend vor, der im Sommer aus dem Gewandhaus in Leipzig gestreamt werden soll. Hoffentlich gibt es da auch wieder Live-Publikum.

Ich habe aber noch ein neues Projekt gefunden. Meine Wohnung habe ich mir nach eigenen Vorstellungen ausgebaut. Jetzt habe ich die Bauleitung für zwei Dachgeschosse übernommen. Das macht mir großen Spaß. Vielleicht liegt es ein bisschen in der Familie, mein Vater und mein Bruder sind vom Fach. Die praktische Arbeit ist völlig anders als die künstlerische. Sie gibt mir aber auch viel.

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