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Die Lobby des KPM Hotel & Residences in Berlin-Tiergarten. Man sollte sich nicht zu lässig an eine Wand oder den Tresen lehnen - überall stehen Skulpturen aus Porzellan.

© Mike Wolff

„Bitte nicht berühren“: Besuch im ersten Hotel der Königlichen Porzellan-Manufaktur

KPM fertigt seit mehr als 250 Jahren Porzellan. Jetzt wagt die Berliner Manufaktur einen Ausflug ins Hotelgewerbe. Zum Glück ist dort nicht alles zerbrechlich

Niemand entgeht hier dem Thema Porzellan. Sogar im Fahrstuhl ist das bekannte KPM-Zepter zu sehen, wenn auch nur ganz klein neben den Tasten, die den Weg zu den noch nicht fertigen Etagen freigeben. Andererseits: Warum auch nicht, wenn sich die Porzellanmanufaktur, einer der wenigen weltberühmten Berliner Markennamen, ein eigenes Hotel zulegt? Derzeit läuft das „Soft Opening“ in der Englischen Straße in Tiergarten, aber alle 117 Zimmer im „KPM Hotel & Residences“ sind bereits verfügbar und gut gebucht.

Zunächst war da nur ein Eckgrundstück, unmittelbar angrenzend an die Ofenhalle, das für den Geschäftsbetrieb nicht gebraucht wurde. KPM-Inhaber Jörg Woltmann rechnete sich Chancen aus für ein Hotel in der damaligen Einöde zwischen Manufaktur und Mercedes-Welt – heute ist die Ecke bis an die Spree schon fast komplett bebaut, und es bleibt rätselhaft, warum dieses versteckte Filetstück der West-City so lange brachlag.

Die Schlüsselfrage der Hotelentwicklung lautete: Wie lässt sich das Image der KPM als Spitzenproduzent stimmig auf ein Hotel übertragen, das nicht für eine Fünf-Sterne-Klassifikation konzipiert wurde?

Tobias Berghäuser, der erst als Berater hinzugezogen wurde und nun als geschäftsführender Direktor einfach geblieben ist, erläutert es an den Details, die das Haus von einem normalen Kettenhotel gehobener Qualität abheben sollen: Die edle Bettwäsche, die Tablets in jedem Zimmer, die KPM-Tassen in den kleinen Küchen, die besonders hochwertig ausgeführte Möblierung und die Tatsache, dass praktisch kein Zimmer dem anderen im Grundriss gleicht – das ist das Ergebnis des ungewöhnlichen Entwurfs der Potsdamer Architekten Annette Axthelm und Henner Rovien, der auf gestapelten und verschachtelten Kuben beruht.

Das Büro hat übrigens auch aus der ehemaligen dänischen Gesandtschaft in Tiergarten das für seine Gestaltung mit viel Beifall bedachte Hotel „Das Stue“ gemacht.

Türklinken und Nachttischlampen sind nicht aus der Manufaktur

Im Inneren dominieren die Farben Schwarz und Weiß, deren Vorherrschaft durch Lichtakzente und behutsamen punktuellen Einsatz anderer Farben aufgebrochen wird. Viel Helligkeit gibt es über die bodentiefen Fenster, und in vielen Zimmern schaffen verspiegelte Decken über den Betten die Illusion eines viel höheren Raums.

Aber was ist mit dem Porzellan? Es ist, wie erwähnt, präsent, ohne sich aber vorzudrängen, es gibt weder Türklinken noch Nachttischlampen aus der Manufaktur nebenan – nur die großen Fernseher zeigen statt der üblichen Schwärze ein Foto aus der Produktion.

Tobias Berghäuser, der Geschäftsführende Direktor des KPM Hotel & Residences in Berlin-Tiergarten.
Tobias Berghäuser, der Geschäftsführende Direktor des KPM Hotel & Residences in Berlin-Tiergarten.

© Mike Wolff

Und das radikal moderne Gesamtbild knüpft eher an die aktuellen weißen Gebrauchsprodukte an als an die traditionellen historischen KPM-Entwürfe – insofern dient das Hotel auch dem Zweck, den Imagewandel der ganzen Manufaktur zu unterstützen. Auch Stücke historischen Stils gibt es zu sehen, aber sorgsam eingehegt und ausgeleuchtet in Vitrinen oder an den Wänden.

Witziges Detail: Der Berliner Künstler Michael Felix Langer hat nicht nur ein paar schlichte Porzellanskulpturen geschaffen, sondern sich auch ein paar einfache KPM-Produkte aus dem Regal geholt und an den Wänden im Erdgeschoss installiert. So ergeben fünf Currywurst-Teller aus Porzellan eine Art Logo am Eingang, und im Restaurant bedecken weiße Kaffeefilter eine ganze Wand.

An vielen Ecken des Hauses - wie hier auf einem Flur - findet man KPM Porzellan ausgestellt als Deko-Artikel, nicht aus Gebrauchsgegenstand.
An vielen Ecken des Hauses - wie hier auf einem Flur - findet man KPM Porzellan ausgestellt als Deko-Artikel, nicht aus Gebrauchsgegenstand.

© Mike Wolff

Berghäuser hat eine ganze Reihe neuer Ideen mitgebracht und umgesetzt. So ist jedes Zimmer mit einer kleinen Küche nebst Spüle und Geschirr ausgestattet, die normalerweise verschlossen bleibt; wer sie benötigt, zahlt 15 Euro drauf. Mittendrin im vierten Stock liegt ein „Playroom“ mit Kicker und Tischtennisplatte, dazu ein winziges Kino mit zehn Plätzen und Beamer.

Und eins drüber gibt es einen Raum mit Küche und zwölf Sitzplätzen als Angebot vor allem für Dauergäste der – noch nicht fertigen – 58 „Serviced Apartments“ in den oberen Geschossen, die die Möglichkeit haben sollen, dort private Gäste zu empfangen und zu beköstigen.

Man versteht sich als Vier-Sterne-Haus

Für den Direktor ging es von Anfang an darum, ein individuelles Hotel zu erschaffen, das dem Ruf der KPM Ehre macht, ohne direkt mit den großen Luxushotels der Stadt zu konkurrieren; falls eine Klassifikation kommt, wird sie auf vier Sterne hinauslaufen.

Deshalb hat er auch die kostengünstige Lösung gewählt, die komplette Gastronomie vom Frühstück bis Dinner an einen Pächter auszulagern. Das Ergebnis ist das vietnamesische Restaurant „Dong A“, das ein Teil der offen gestalteten Eingangshalle ist, aber von den Betreibern auf eigene Rechnung geführt wird; serviert wird aber selbstredend auf KPM-Tellern.

Das KPM Hotel & Residences in Berlin-Tiergarten in direkter Nachbarschaft der traditionsreichen Manufaktur.
Das KPM Hotel & Residences in Berlin-Tiergarten in direkter Nachbarschaft der traditionsreichen Manufaktur.

© Mike Wolff

Wer lieber auf dem Zimmer essen und womöglich selbst kochen will, der muss auf Service nicht verzichten – allerdings handelt es sich um den Rewe-Lieferservice, dessen App auf dem hoteleigenen Tablet installiert ist.

Zum Programm gehört natürlich auch, dass die Synergien mit der Manufaktur nebenan genutzt werden; die ist zwar aus vielen Zimmer sichtbar, aber es werden auch Führungen organisiert, und ein Einkaufsgutschein gehört zum Check-out.

Zum Glück ist nicht jeder Gegenstand aus dem zerbrechlichen Werkstoff gefertigt. Besucher finden auch viel Holz und bequeme Sofas interessantem Design.
Zum Glück ist nicht jeder Gegenstand aus dem zerbrechlichen Werkstoff gefertigt. Besucher finden auch viel Holz und bequeme Sofas interessantem Design.

© Mike Wolff

Interessant ist aber auch die Lage des Hotels in Tiergarten generell, denn die einstige Einöde hinter der Manufaktur hat nicht nur durch die vielfältige Bebauung gewonnen, sondern stellt sich bei näherer Betrachtung auch als ausgesprochen verkehrsgünstig heraus, und das bei bislang minimalem Verkehrslärm und vielen Pkw-Stellplätzen.

Mit zunehmender Belebung des Areals soll die Hotelhalle nach Berghäusers Vorstellungen auch zum Treff- und Kommunikationspunkt werden. Schon jetzt, so betont er, sei der günstige Business-Lunch auf asiatische Art sehr gut gebucht, und das Abendgeschäft sei auf bestem Weg. Der Schlüssel ist vermutlich die Erschließung des Spreeufers gleich nördlich, wo gegenwärtig noch eine große Baugrube klafft. Aber auch der Tiergarten ist ja nicht weit.

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