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Hat offenbar keinen Plan, die fehlenden Schulplätze zu schaffen: Sandra Scheeres (SPD), Senatorin für Bildung, Jugend und Familie.

© Gregor Fischer/dpa

Bildung, Wohnen und Verkehr: Rot-Rot-Grün ist in Berlin kaum noch handlungsfähig

Der Koalitionsausschuss bleibt bei den großen Themen ohne Ergebnis. Vor allem um Schulsenatorin Scheeres gibt es Ärger.

Von Sabine Beikler

Die rot-rot-grüne Koalition kommt im Streit um die zentralen Probleme der Stadt nicht auf einen Nenner. Bei der ersten Sitzung des Koalitionsausschusses nach den Schulferien am Mittwoch gab es wieder keine Einigung beim Stadtentwicklungsplan Wohnen, mit dem die Landesregierung unter anderem der Wohnungsnot begegnen will. Das Thema Bildung wurde vertagt – auf die nächste Senatssitzung. Dass im Jahr 2021 bis zu 26 000 Schulplätze fehlen könnten, sei ein „Desaster mit Ansage“, hieß es in Koalitionskreisen. Ob das Bündnis überhaupt die Kraft für eine Lösung der Misere aufbringen kann, wird auch von Beteiligten bezweifelt.
Die Zahlen fehlender Schulplätze seien in Koalitionskreisen schon länger bekannt gewesen, hieß es. Dass die Grünen sie jetzt in Umlauf gebracht haben, wertete die SPD-Seite als „grobes Foulspiel“. Die Atmosphäre im Koalitionsausschuss wird als „durchwachsen“ gekennzeichnet. Die Unzufriedenheit über die Bildungspolitik ist in der Koalition immens. Es sei ja „kein Hexenwerk“, die Kitakinder und prognostizierte Zuzüge zu zählen und die zu erwartende Schülerzahl in den kommenden Jahren mit der Zahl der Schulplätze abzugleichen, hieß es nach dem Koalitionsausschuss.

Warum die Bildungsverwaltung von Senatorin Sandra Scheeres (SPD) auf die sich abzeichnende Lücke nicht reagiert hat, können auch SPD-Politiker nicht verstehen und sind verärgert.
Der Druck auf Scheeres steigt: Sie muss am Dienstag im Senat valide Zahlen vorlegen und berichten, wie mit kurz- und mittelfristigen Maßnahmen das drohende Desaster abgewehrt werden kann. Weil allein mehr als 11.000 Schulplätze in Berliner Grundschulen fehlen könnten, forderte Scheeres die Bezirke auf, sicherzustellen, dass die Klassenfrequenz „ausgeschöpft“ wird.

Nicht den ersten Stein werfen

Größere Klassen sind offiziell noch kein Thema. Grüne und Linke warnten davor und betonten am Montag, dass sie das auch nicht mittragen würden. „Ich werde bei jedem Vorstoß, das Wohl der Kinder einzuschränken, ein Veto einlegen“, machte Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek klar. „Wir wollen die Qualität der Bildung nicht noch verschlechtern“, sagte Links-Parteichefin Katina Schubert. Die Koalitionsfraktionen sollen nun ihre Fragenkataloge an die Verwaltung senden. Am kommenden Montag erwartet die koalitionsinterne Arbeitsgruppe Schulbau eine Vorlage der Bildungsverwaltung. Linke und Grüne waren am Montag sichtlich bemüht, keine Schuldzuweisungen in Richtung SPD zu machen und „nicht den ersten Stein zu werfen“, wie es hieß. Denn die von Grünen verantwortete Mobilitätspolitik verharrt ebenfalls im Stillstand. Und die Wohnungsbaupolitik, für die Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) zuständig ist, verfehlt die Zielzahlen um Längen. Seit Jahren wird die Marke von jährlich 20 000 neuen Wohnungen nicht erreicht. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) erwartet von Stadtentwicklungssenatorin Lompscher, dass der Stadtentwicklungsplan Vorschläge enthält, wie der Neubau beschleunigt und auf welchen potenziellen Flächen weitere Wohnungen gebaut werden können. Die Linke verwies am Montag darauf, dass schon vor einem Jahr das Beschleunigungsprogramm für den Wohnungsbau verabschiedet wurde und der aktuell vorliegende Plan von allen Verwaltungen mitgezeichnet worden war. „Wir schreiben doch keine zusätzlichen Baupotenziale rein in dem Wissen, dass es dafür weder Bau- noch Planungskapazitäten gibt“, sagte Linksparteichefin Schubert. „Wir machen keine Ankündigungspolitik.“ Dann werde der Stadtentwicklungsplan eben nicht beschlossen, hieß es. Die SPD glaube, besser zu werden, wenn sie anderen schade und blockiere. „Das wird nicht funktionieren. Sie wird mitverlieren“, sagte ein Spitzenpolitiker der Linken.

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