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Ein Stromausfall in der gesamten Stadt wäre für die Hilfskräfte kaum zu bewältigen, sagen Experten.

© imago/Matthias Koch

Stromausfall in Köpenick: Blackout offenbart Mängel beim Katastrophenschutz

Eine Bilanz des Stromausfalls in Köpenick: Der Feuerwehr fehlen Fahrzeuge und Notstromaggregate, das DRK fordert ein zentrales Lager für Hilfsgüter.

Der Stromausfall in Köpenick hat aus Sicht der Berliner Freiwilligen Feuerwehr eklatante Mängel im Katastrophenschutz offenbart. Die Kameraden auf den Wachen in Schmöckwitz und Müggelheim, die eigentlich für Hilfeleistungen bereitstehen sollen, hätten genau wie die Bewohner stundenlang im Dunkeln und in der Kälte gesessen, sagt Wehrleiter Christian Rößler. Auf den Wachen gibt es keine eigenen Notstromaggregate. Erst im Laufe der Nacht zu Mittwoch seien mobile Notstromaggregate aus Wachen im Westteil der Stadt eingetroffen.

Weil die Feuerwehrgebäude aber völlig veraltet sind, können sie auch mit Notstrom nur unzureichend versorgt werden. Neubauten sind schon beschlossen, doch die Planungen verzögern sich. Vor einer Woche hatten die Wehrleiter per Brandbrief angekündigt, den Katastrophenschutz ab 7. März einzustellen, sollte sich beim Neubau nichts bewegen. Die Berufsfeuerwehr ist noch dabei, den Einsatz in Köpenick auszuwerten. Notstromaggregate für alle Wehren in der Stadt vorzuhalten, sei derzeit kaum möglich, sagte ein Sprecher. Man gehe davon aus, dass solche Schadensereignisse nie gleichzeitig das gesamte Stadtgebiet betreffen. Aus Sicht des Senats war der Blackout in Köpenick auch gar kein kein Katastrophenfall.

Katastrophenschutz wurde "seit Jahren kaputtgespart"

„Wir können von Glück sagen, dass es nicht länger gedauert hat“, sagt der Katastrophenschutzbeauftragte des DRK, Hardy Häusler. Berlin habe den Katatstrophenschutz „seit vielen Jahren kaputtgespart“. Fahrzeuge seien veraltet. Es fehle auch an OP-Sälen und Betten-Kapazitäten in den Krankenhäusern sowie an Inventar zur Ausstattung von Notunterkünften. Dafür müsste eigentlich ein Logistikzentrum gebaut werden, nach dem Vorbild der ehemaligen Senatsreserve. Ähnliche Defizite hatte schon 2014 eine Studie aufgedeckt. Würde tagelang in der ganzen Stadt der Strom ausfallen, bräche die öffentliche Ordnung zusammen.

Das Aufladen von Handys an öffentlichen Strom-Zapfstellen sicherte nicht unbedingt eine bessere Kommunikation.
Das Aufladen von Handys an öffentlichen Strom-Zapfstellen sicherte nicht unbedingt eine bessere Kommunikation.

© imago/Matthias Koch

Nach den Vorgaben für den zivilen Katastrophenschutz müsste ein Prozent der Bevölkerung im Notfall versorgt werden können, das wären in Berlin rund 37.000 Menschen. „Wir können aber nur maximal 3500 Menschen mit Essen versorgen“, sagt Häusler. Beim Blackout in Köpenick hatten DRK und Bezirksamt zwei Notunterkünfte für insgesamt 500 Personen eingerichtet, die aber nicht mehr bezogen wurden, eine davon in einer leerstehenden Flüchtlingsunterkunft. Seit der Flüchtlingskrise 2015 habe die Stadt schon einige Kapazitäten neu aufgebaut, sagt Häusler. So überlegt die Sozialverwaltung, temporäre Containerdörfer für Flüchtlinge länger zu betreiben als geplant – allerdings nicht für den Katastrophenfall, sondern zur Unterbringung von Obdachlosen.

Wasserbetriebe sichern Versorgung auch ohne Strom

Die Wasserbetriebe sichern auch ohne Stromversorgung zu, dass alle Berliner mit Trinkwasser versorgt werden – bis zur Traufhöhe. Darüber sind die Hauseigentümer zuständig, die Pumpen per Notstromversorgung in Betrieb zu halten. Fehlt die, müssten die Mieter in den oberen Etagen sich eben auf die Nachbarschaftshilfe der unteren verlassen, sagt Stephan Natz von den Wasserbetrieben. Offenbar waren Pumpen im Köpenicker Allendeviertel ausgefallen, dort stehen elfstöckige Hochhäuser.

Notfalls könnten die Wasserbetriebe Trinkwasser in Schlauchtüten abfüllen und vor Ort verteilen, damit habe man in Köpenick auch schon angefangen, so Natz. Schwieriger ist es, das Abwasser wegzuschaffen. Kleinere Pumpwerke fallen ohne Strom einfach aus. Dann behilft man sich mit Tankwagen, die die Kanäle absaugen, das habe in Köpenick gut funktioniert.

Informationen kamen nicht überall an

Aus Sicht des Bezirksamtes ist das Notfallmanagement "insgesamt gut gelaufen", sagt Bezirksbürgermeister Oliver Igel (SPD). Im Rathaus Treptow wurde ein Krisenstab eingerichtet, der mit Polizei, Feuerwehr und Hilfsorganisationen in Kontakt stand. Als "schwierig" erwies sich vor allem die Weitergabe von Informationen. Neben einem Bürgertelefon, das extra eingerichtet wurde, informierte das Bezirksamt per Radiodurchsagen, Twitter und Facebook über Wärmestuben und geschlossene Schulen.

Dennoch kamen diese Informationen nicht überall an, weil das Mobilfunknetz teilweise ausgefallen war. "Die Hoffnung war, dass sich das herumspricht." Die Polizei sei mit Lautsprecherwagen unterwegs gewesen, erklärte ein Sprecher der Innenverwaltung, aber auch das offenbar nicht flächendeckend. Viele Mitarbeiter von den Ämtern, Feuerwehr und Polizei seien auf den Straßen ansprechbar gewesen, sagt Igel. Hätte der Blackout noch länger gedauert, wären auch Aushänge an Laternen und Gebäuden eine Option gewesen. "Information ist der Schlüssel", sagt Igel.

Man lerne aus dem Stromausfall, etwa, dass man eine öffentliche Essensversorgung sehr frühzeitig anschieben müsse, dafür brauche das DRK mindestens einen halben Tag an Vorbereitung.

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