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Stephan E. ist Tatverdächtiger im Fall des ermordeten Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke.

© dpa/Uli Deck

Bilanz des Generalbundesanwalts für 2019: Deutlich weniger Terrorverfahren als im Vorjahr

Bei der Bundesanwaltschaft sinkt die Zahl der neuen Ermittlungsverfahren gegen Islamisten, Neonazis und andere Verdächtige. Entwarnung ist das keine.

Von Frank Jansen

Bei der Bundesanwaltschaft sinkt die Zahl der Terrorverfahren deutlich. 2019 wurden in nur noch 663 Fällen Ermittlungen gegen Islamisten, Neonazis und andere Verdächtige eingeleitet. Das teilte Generalbundesanwalt Peter Frank am Montag beim „Jahrespresseempfang“ seiner Behörde in Karlsruhe mit. 2018 waren es noch mehr als 1200.

Auch die Zahl der „Prüf- und Beobachtungsvorgänge“ wegen Terrorverdachts sank. 2019 wurde 1258 neue Vorgänge angelegt, im Jahr zuvor waren es 1677. Die aktuellen Zahlen sind allerdings immer noch hoch. Im Jahr 2016 hatte die Bundesanwaltschaft nur 250 Ermittlungsverfahren wegen Terrorverdachts eingeleitet.

Wesentlicher Grund für den Rückgang 2019 ist die Abnahme bei Verfahren zu islamistischem Terror. Die Bundesanwaltschaft leitete rund 400 Ermittlungsverfahren ein, 2018 waren es über 860. Damals wurden zwölf Anklagen erhoben, 2019 dann elf. Im vergangenen Jahr kamen zudem eine Anklage wegen Rechtsterrorismus hinzu, gegen Mitglieder der Gruppierung „Revolution Chemnitz“, und eine gegen tamilische Separatisten aus Sri Lanka.

Spektakuläre Verfahren gegen Rechtsextremisten

Die Bundesanwaltschaft stieg 2019 mehrmals in spektakuläre Verfahren ein. Die Behörde übernahm im Juni zwei Wochen nach dem Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke die Ermittlungen gegen den mutmaßlichen Täter Stephan Ernst. Die Anklage gegen den Rechtsextremen und zwei mögliche Komplizen dürfte noch im ersten Quartal 2020 kommen. Der Bundesgerichtshof (BGH) sieht allerdings beim mutmaßlichen Komplizen Elmar J. keinen dringenden Tatverdacht mehr auf Beihilfe zum Mord. Elmar J. soll Ernst die Tatwaffe verkauft haben, aber schon 2016. Vor zwei Wochen kam J. aus der U-Haft frei.

Im Fall des Angriffs auf die Synagoge in Halle schaltete sich die Bundesanwaltschaft noch am Tag der Tat, dem 9. Oktober, ein. Der Antisemit Stephan Balliert muss sich wegen zweifachen Mordes und mehrfachen versuchten Mordes verantworten. Balliet hatte es nicht geschafft, die Tür zur vollbesetzten Synagoge aufzuschießen und tötete dann in seiner Wut zwei Passanten. Auch Balliet wird vermutlich im ersten Quartal angeklagt.

Doch Terrorprozess in Frankfurt gegen Bundeswehroffizier Franco A.

Einen Erfolg konnte die Bundesanwaltschaft 2019 im aufsehenerregenden Fall des rechtsextremen Bundeswehroffiziers Franco A. verbuchen. Der BGH ließ im November die Anklage wegen Terrorverdachts am Frankfurter Oberlandesgericht zu. Die Richter dort hatten im Juni 2018 bei A. nur den Verdacht auf weniger gravierende Delikte gesehen und das Verfahren ans Landgericht Darmstadt weitergereicht. Der Generalbundesanwalt legte Beschwerde ein, der BGH gab ihm recht.

Franco A. hatte sich als syrischer Flüchtling registrieren lassen und soll Anschläge auf Politiker wie Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) geplant haben - vermeintlich als Islamist, um in der Bevölkerung Stimmungen gegen Asylbewerber anzuheizen. Wann der Prozess beginnt, ist offen.

Im Dezember übernahm die Bundesanwaltschaft das politisch brisante Verfahren zum mutmaßlich vom Putin-Regime initiierten Mord an dem tschetschenischen Georgier Zelimkhan Khangoshvili in Berlin. Der Russe Vadim Krasikov hatte Khangoshvili am 23. August im Stadtteil Moabit erschossen. Der am Tag der Tat festgenommene Krasikov schweigt, ein Prozess ist nicht in Sicht.

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