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Kleines Finale: Linksautonome zünden auf einem Balkon eines Hauses in der Rigaer Straße bengalische Feuer.

© Paul Zinken/dpa

Update

Bilanz der Walpurgisnacht in Berlin: 1000 Polizisten, ein kleines Feuerwerk – aber nicht alles infektionssicher

Die Walpurgisnacht sollte der Auftakt zu dezentralen linken Aktionen sein, doch sie blieb ruhig. Klar ist: Abstand halten fällt beim Mai-Protest schwer.

Es ist das traditionelle Warmlaufen der linken Szene für den ersten Mai: die Walpurgisnacht. 1000 Polizisten waren deshalb am Donnerstag im Einsatz. Proteste in Wedding und Friedrichshain waren angekündigt, dezentral sollten sie sein und angeblich "infektionssicher". Die großen Überraschungen blieben dies Jahr aus: Die Walpurgisnacht verlief weitgehend friedlich.

Statt der angekündigten kleinen kreativen Aktionen kamen am Donnerstagabend dann doch vor den üblichen Hot-Spots der linken Szene - am Boxhagener Platz und in der Rigaer Straße - größere Gruppen zusammen, eine echte Demo gab es allerdings nicht [alle aktuellen Entwicklungen lesen Sie in unserem Newsblog].

Die Polizei schritt, wie von Innensenator Andreas Geisel (SPD) angekündigt, schnell und strikt gegen größere Versammlungen ein. Von einer mittleren zweistelligen Zahl von Menschen wurden Personalien festgestellt, mehrere Personen wurden vorläufig festgenommen. Dabei ging es vor allem um Verstöße gegen die Corona-Regeln oder den Vorwurf des Landfriedensbruchs.

Das kleine Finale gab es am Donnerstagabend wie so oft im Friedrichshainer Nordkiez, dem Zentrum der Berliner Autonomen: Nach Einbruch der Dunkelheit wurde auf zwei Balkonen des seit 30 Jahren besetzten Hauses in der Liebigstraße 34, verwaltet von einer "anarcha-queer-feministischen" Initiative, Feuerwerk gezündet, aus einem Lautsprecher hallten Ansprachen durch den Kiez.

Unten vor der Tür waren an der Ecke zur Rigaer Straße Demonstranten zusammengekommen, behelmte Einsatzkräfte gingen entschlossen dazwischen und lösten die nicht genehmigte Ansammlung der Autonomen nach wenigen Minuten auf.

Wie die Polizei am Freitag mitteilte, kam es am Abend und in der Nacht zum 1. Mai auch zu wiederholten Farbbeutelwürfen auf Einsatzfahrzeuge und Polizeibeamte, wobei letztere den Angaben zufolge jedoch verfehlt wurden. Unbekannte warfen die Beutel von Hausdächern und einem Balkon in der Liebigstraße und in der Rigaer Straße. Verletzt wurde durch die Farbbeutelattacken niemand, ein Einsatzfahrzeug wurde beschädigt. Der Polizeiliche Staatsschutz beim Landeskriminalamt ermittelt.

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Eigentlich sollte der Schwerpunkt der Aktionen nicht im Norden Friedrichshains liegen, sondern im Südkiez. Ein Twitter-Account zum sogenannten Revolutionären 1. Mai verbreitete, in der Walpurgisnacht wolle man den „Belagerungszustand“ durch die Polizei in Friedrichshain brechen.

„Kommt deshalb zahlreich am 30. April in den Friedrichshainer Südkiez (...) damit wir uns die Straßen zurückholen, die der Senat mit seinen hässlichen Wannen verstopft“, hieß es in einem Aufruf im Internet.

Mini-Protest in Wedding gegen "Mietenwahnsinn"

Traditionell starteten die Proteste aber in Wedding: Am Leopoldplatz gab es am frühen Abend einen genehmigten Mini-Protest gegen hohe Mieten. Einer der Teilnehmer trug bei der Versammlung eine Atemschutzmaske mit dem Aufkleber „Gegen Verdrängung und #Mietenwahnsinn“.

Genehmigt: Die Mieten-Demo in Wedding.
Genehmigt: Die Mieten-Demo in Wedding.

© Britta Pedersen/dpa

Die Polizei twitterte: „Danke an alle Teilnehmenden für die Einhaltung der Covid19 Regelungen“. Linke beschwerten sich über das rigorose Einschreiten der Polizei, die die 20 angemeldeten Demo-Teilnehmer abschirmte, damit die Menge nicht größer wurde.

Mehr als 100 Leute am Boxhagener Platz - auch Familien mit Kindern

Denn wie schwierig es sein würde, beim Demonstrieren den Infektionsschutz zu gewährleisten und Abstandregeln einzuhalten sind, zeigte sich wenig später: Am Boxhagener Platz wurde vor einem Hausprojekt der linken Szene Musik gespielt, Menschen tanzten, sofort bildete sich eine größere Gruppe von Menschen. Die Polizei sprach von 150, zwischenzeitlich sogar 500 Personen.

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Viele der Menschen trugen keinen Mundschutz, teilten sich Bierflaschen, Abstandregeln wurden von vielen komplett ignoriert. Ringsum sammelten sich Anwohner, Familien mit Kindern und Schaulustige. Die Ansammlung wurde immer größer, die Polizei verstärkte ihre Kräfte minütlich.

Ein Teufelskreis: Binnen weniger Minuten waren so Hunderte Menschen auf dem Boxhagener Platz versammelt, die Polizei war mit mehreren Kommunikationsteams unterwegs. Deren Infektionsschutz-Schulung schien jedoch schon eine Weile her zu sein: Kaum einer trug Mund-Nasen-Schutz, Abstände wurden weitgehend ignoriert.

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Als es zu dämmern begann, löste sich die Versammlung schließlich auf. Per Lautsprecher riefen die Autonomen dazu auf, das "Kulturprogramm" im Nordkiez zu unterstützen. Ein Regenguss vertrieb auch die letzten Demonstranten vom Boxhagener Platz. Der harte Kern, dunkle Kapuzen, Schals und Sonnenbrillen, traf sich später in der Rigaer Straße.

Infektionssicher war der Protest längst nicht immer

Die Walpurgisnacht zeigte, vor welchen Problemen Polizei und Demonstranten an diesem ersten Mai stehen werden. Wegen der Corona-Pandemie sind nur Kundgebungen mit maximal 20 Personen an festen Orten erlaubt, sie mussten genehmigt werden.

Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatte ein konsequentes und schnelles Vorgehen der Polizei gegen nicht genehmigte Demonstrationen angekündigt - die Polizei zeigte am Donnerstagabend, dass sie in der Lage ist, das umzusetzen. 5000 Polizisten sind dafür um den 1. Mai insgesamt in Berlin im Einsatz.

Allerdings wurde auch klar, dass der von beiden Seiten angestrebte infektionssichere Protest in der Praxis nur eingeschränkt umzusetzen sein wird. Viele Polizisten tragen keinen Mundschutz, viele Demonstranten ebenso wenig. Je später der Abend wurde, desto betrunkener wurden die Menschen, desto aggressiver die Stimmung.

Für den ersten Mai sind dutzende Demonstrationen in Berlin angemeldet, die Hauptdemonstration soll ab 18 Uhr in der Kreuzberger Oranienstraße stattfinden, in der linken Szene hofft man auf eine "vierstellige Zahl" an Teilnehmern - wieder mit der Absicht, Abstand zu halten. Eine mindestens ebenso große Zahl von Polizisten wird in Kreuzberg sein. Ihr Ziel in diesem Jahr: das "Ischgl von Berlin" verhindern. (Tsp, dpa)

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